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Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) wird an diesem Donnerstag zum Treffen mit seinen Amtskollegen aus den Ländern in Kiel erwartet.

© dpa/Sebastian Kahnert

Treffen der Agrarminister: Özdemir will parteiübergreifend artgerechte Tierhaltung voranbringen

Agrarminister Özdemir will den artgerechten Umbau von Ställen voranbringen. Aber beim Treffen mit seinen Kollegen aus den Ländern muss er sich auf deutliche Kritik einstellen.

Er will es möglichst vielen recht machen und eckt doch überall an – so könnte man die Position von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir beschreiben. An diesem Donnerstag traf er in Kiel bei der Herbsttagung mit seinen Amtskollegen aus den Bundesländern zusammen. Der Grünen-Politiker muss sich bei dem Treffen, das am Freitag zu Ende geht, auf Kritik einstellen.

Der Grund liegt im Wohl der Nutztiere – eines von Özdemirs Kernprojekten. „Wir wollen die Landwirte dabei unterstützen, die Nutztierhaltung in Deutschland artgerecht umzubauen“, heißt es im Koalitionsvertrag der Ampel.

Einen Anfang hat Özdemir beim Umbau der Ställe für Mastschweine gemacht. Schweinehalter in Deutschland haben schon seit Jahrzehnten einen schweren Stand. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sank die Zahl der Mastschweine in den vergangenen zehn Jahren von 12,2 auf 9,5 Millionen. Die Zahl verdeckt allerdings, dass es vor allem kleine Betriebe waren, die vom Markt verdrängt wurden.

Özdemir lässt keinen Zweifel daran, dass er mit einem Umsteuern in den Betrieben in Richtung Tierwohl – anders als seine Amtsvorgänger – Ernst machen will. Mit einer Milliarde Euro wird der Bund die Landwirte bis 2026 unter anderem beim tiergerechten Umbau der Ställe unterstützen. Es ist zunächst einmal eine Anschubfinanzierung.

Die Deutschen essen immer weniger Fleisch

Es sind aber keineswegs nur die Vertreter der großen Mastbetriebe, die mit den Plänen unzufrieden sind. Sie kritisieren die geplante Grenze – demnach kommt nur in den Genuss einer voll umfänglichen Förderung, wer nicht mehr als 6000 Mastschweine im Jahr verkauft. Auch die Biobauern beklagten Nachteile gegenüber der konventionellen Landwirtschaft bei den Förderkriterien.

Mehr Platz für weniger Tiere – eigentlich wären die Rahmenbedingungen für dieses Projekt gut, wenn man das Verbraucherverhalten in Deutschland in Betracht zieht. Im vergangenen Jahr wurden nur noch 52 Kilogramm Fleisch pro Person verzehrt, rund 4,2 Kilogramm weniger als 2021. Und jüngst gaben in einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Bundesverbands des Deutschen Lebensmittelhandels neun Prozent der Befragten an, sich vegetarisch zu ernähren

Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat dafür gesorgt, dass Özdemirs Budget für das kommende Jahr schrumpft.
Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat dafür gesorgt, dass Özdemirs Budget für das kommende Jahr schrumpft.

© dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Allerdings liegen mit dem Ukraine-Krieg die haushaltspolitischen Prioritäten von Finanzminister Christian Lindner (FDP) inzwischen weder beim Tierwohl im Speziellen noch der Landwirtschaft im Allgemeinen. Özdemirs finanzieller Spielraum schrumpft damit. Im Haushalt für 2024 kommen auf den Grünen-Politiker millionenschwere Kürzungen im Vergleich zum Vorjahr zu. Als Özdemir Anfang des Monats in der Haushaltsdebatte im Bundestag auftrat, sprach er von sehr schmerzhaften Einsparungen bei den Fördermitteln für den ländlichen Raum.

Der Kieler Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) fordert mehr Geld für den Umbau der Ställe.
Der Kieler Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) fordert mehr Geld für den Umbau der Ställe.

© dpa/Axel Heimken

In seinem Ministerium hält man sich immerhin zugute, dass an der eingeplanten Milliarde für den Stallumbau nicht mehr gerüttelt werden kann und dass neben den Schweinen demnächst noch weitere Tierarten hinzukommen sollen. Aber aus Sicht der Agrarminister der Länder sind die vorgesehenen Bundesmittel viel zu knapp bemessen. „Die vom Bund angekündigte Stall-Milliarde wird nicht ausreichen“, sagte Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Werner Schwarz dem Tagesspiegel.

„Die Hände in den Schoß gelegt“

Nach den Worten von Schwarz, der den Vorsitz der Kieler Agrarminister-Konferenz führt, benötigten die Landwirte „ein Gesamtkonzept aus Tierhaltungskennzeichnung, das auf alle Tierarten und auf die gesamte Warenkette ausgerichtet ist, eine langfristige Finanzierung sowie Anpassung von Naturschutz-, Immissionsschutz- und Baurecht“. Andernfalls drohe eine Verlagerung der Erzeugung und Verarbeitung von tierischen Lebensmitteln ins Ausland, warnte der CDU-Politiker.

Özdemir macht hingegen die Vorgängerregierung für den bisherigen Stillstand beim Tierwohl verantwortlich. „Trotz der Krise in der Tierhaltung hat die letzte unionsgeführte Bundesregierung die Hände in den Schoß gelegt“, sagte er dem Tagesspiegel. „Mit sprudelnden Steuereinnahmen und einer extrem niedrigen Inflationsrate wäre damals viel Unterstützung möglich gewesen“, gab er zu bedenken.

„Wir handeln jetzt. Das ist ein Kraftakt, der uns nur gemeinsam gelingen kann“, sagte der Agrarminister weiter. „Um die Tierhaltung in Deutschland zu stärken, lade ich deshalb alle ein, ihre Parteibrille endlich abzusetzen und mitzuarbeiten“, appellierte er an die Teilnehmer der Kieler Herbsttagung. „Unsere Landwirtinnen und Landwirte wollen Planungssicherheit, und sie benötigen unsere finanzielle Unterstützung“, so Özdemir.

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