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Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz warnt vor einer weiteren Radikalisierung.

© dpa/Christoph Soeder

„Neue Welle des Antisemitismus“: Verfassungsschutz befürchtet weitere gezielte Übergriffe auf Juden in Deutschland

Die Zahl antisemitischer Straftaten hat seit dem Beginn des Kriegs in Israel deutlich zugenommen. Thomas Haldenwang rechnet mit einer weiteren Eskalation.

Von Katrin Schulze

Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang geht davon aus, dass die Eskalation im Nahen Osten auch zu deutlich mehr antisemitischen Übergriffen in Deutschland führt. „Wir müssen damit rechnen, dass gezielt Gewalt gegen Jüdinnen und Juden verübt werden könnte“, sagte Haldenwang dem „Spiegel“.

Manche Wohnhäuser seien mit einem Davidstern „regelrecht markiert“ worden. „Ich befürchte, dass uns diese neue Welle des Antisemitismus noch länger beschäftigen wird.“ Nach Angaben des Bundesamts für Verfassungsschutz sind im Zusammenhang mit dem Hamas-Überfall auf Israel vor drei Wochen bereits 1800 Straftaten in Deutschland registriert worden.

Sollte sich der Krieg in Israel und im Gazastreifen weiter zuspitzen und es „zu aufwühlenden Bildern“ kommen, könne dies „zu einer weiteren Radikalisierung auch hier in Deutschland“ führen, sagte Haldenwang. Damit rechnet auch die Polizei in Berlin. Für den Fall einer israelischen Bodenoffensive im Gazastreifen laufen bereits Vorkehrungen.

1800
Straftaten soll es seit Kriegsbeginn schon in Deutschland gegeben haben.

Die Polizei bereite sich daher unter anderem einsatztaktisch auf solch eine Situation vor, sagte Polizeipräsidentin Barbara Slowik am Freitag im Rundfunk Berlin-Brandenburg. „Wir werden versuchen, auch präventiv hier die Lage zu beruhigen – vorab mit vielen Gesprächen, die wir führen.“ Dazu seien etwa Polizisten in Schulen oder in Moscheegemeinden unterwegs.

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Die Sicherheit in der Stadt sieht Slowik trotz der vielen Demonstrationen aber nicht gefährdet, auch die Unterstützung durch die Bundespolizei und andere Bundesländer sei ausreichend.

Vor dem Hintergrund des Kriegs zwischen der radikalislamischen Hamas und Israel gibt es in Berlin inzwischen seit mehreren Wochen Ausschreitungen und antisemitische Vorfälle im Zusammenhang mit propalästinensischen Veranstaltungen. Bis Freitag wurden im Kontext des Nahost-Konflikts nach Polizeiangaben insgesamt 862 Straftaten gemeldet. 343 Tatverdächtige konnten bislang ermittelt werden.

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Bundespolitiker wiesen vor dem Hintergrund der vermehrten Übergriffe auf die Bedeutung von Präventionsarbeit hin. Der Aspekt der Antisemitismus-Bekämpfung werde in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen, sagte Finanzminister Lindner (FDP) bei einem Besuch der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main.

Die Zuständigkeit sieht er beim Innenministerium und der Bundeszentrale für die politische Bildung. Gerade im August war jedoch bekannt geworden, dass Finanz- und -innenministerium die Mittel für die Zentrale im kommenden Jahr um knapp ein Fünftel oder 20 Millionen Euro kürzen wollen.

Die Direktorin der Anne-Frank-Bildungsstätte, Deborah Schnabel, sagte, derzeit gebe es „ein ganz großes Problem im digitalen Raum“. Auf Plattformen wie TikTok verbreite sich eine Welle an Falschinformationen und Judenhass, die dadurch auch in die Klassenzimmer kämen.

Sie mahnte Programme gegen Antisemitismus im Internet an. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) sagte: „Antisemitismus ist weiter verbreitet, als viele sich das vorgestellt haben. Judenfeindschaft sei zu bekämpfen, man müsse ihr aber auch vorbeugen.“

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