zum Hauptinhalt
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD,l).

© Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Update

CDU-Vize legt im Bürgergeld-Streit nach: Scholz und Esken werfen Union „Hochnäsigkeit“ und „Fake News“ vor

Die Sozialdemokraten finden harsche Worte für die CDU, nachdem die Hartz-IV-Reform im Bundesrat gescheitert ist. Dennoch bemühe man sich um einen Kompromiss.

| Update:

Nach deutlicher Kanzler-Kritik an der Union hat CDU-Vizechef Carsten Linnemann im Streit um das von der Ampel-Koalition geplante Bürgergeld nachgelegt und von der Bundesregierung eine grundlegende Änderung ihrer Pläne gefordert. „Es geht beim Bürgergeld um eine Richtungsentscheidung. Wenn sich die Richtung der Ampelkoalition nicht ändert, wird ein Kompromiss nicht gelingen“, sagte Linnemann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Montag. Das Prinzip Fördern und Fordern müsse auch beim Bürgergeld erhalten bleiben. Ansonsten werde es keine Einigung geben können.

In dem Konflikt hatte Kanzler Olaf Scholz (SPD) am Wochenende der Union und CDU-Chef Friedrich Merz Abgehobenheit in der Sozialpolitik vorgeworfen. So sei es „hochnäsig“, dass die Union bei der Abstimmung für einen höheren Mindestlohn im Bundestag nicht einmal „ein ganz klein wenig“ die Hand gehoben habe, sagte Scholz beim Parteitag der baden-württembergischen SPD in Friedrichshafen. „Das hat mit „Leistung muss sich lohnen“ überhaupt nichts zu tun.“

SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken warf CDU und CSU in Friedrichshafen Desinformation vor. Wenn die Union behaupte, bei einer Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze lohne sich Arbeit nicht mehr, sei das „Fake News“.

Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat soll am kommenden Mittwoch einen Kompromiss im Streit um die Sozialreform finden. Das Bürgergeld soll das heutige Hartz-IV-System ablösen. Der Gesetzentwurf zum Bürgergeld von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte im Bundesrat keine Mehrheit bekommen.

Aus Sicht von CDU und CSU wird Betroffenen ein zu großes Schonvermögen zugestanden. Zudem müssten sie zu wenige Sanktionen bei Pflichtverletzungen fürchten. Nach dem Willen der Bundesregierung soll der Bundesrat das Gesetz schon am kommenden Freitag (25.11.) beschließen.

Kompromiss doch noch in Sicht?

Trotz der Streitigkeiten haben die Spitzen von CDU und SPD im Bürgergeld-Streit mögliche Kompromisslinien aufgezeigt. „Wir müssen die Anreize setzen, schnell wieder in den Arbeitsmarkt zurückzukehren“, sagte CDU-Chef Friedrich Merz am Samstag beim Deutschlandtag der Jungen Union in Fulda. Denn in Deutschland würden alle verfügbaren Arbeitskräfte gebraucht. „Das kann auch, das muss auch mit Sanktionen begleitet werden“, sagte Merz. 

Friedrich Merz, Bundesvorsitzender der CDU, spricht auf dem Deutschlandtag der Junge Union (JU).
Friedrich Merz, Bundesvorsitzender der CDU, spricht auf dem Deutschlandtag der Junge Union (JU).

© dpa / Boris Roessler/dpa

So sagte SPD-Chefin Esken dem „Tagesspiegel“ zuvor im Interview: „Es wird im Vermittlungsausschuss einen guten Kompromiss geben.“ FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: „Ich bin zuversichtlich, dass eine rasche Einigung beim Bürgergeld gelingen kann, wenn sich die Union sachlich und ergebnisorientiert an der gemeinsamen Lösungsfindung beteiligt.“

Merz rief die Ampel-Koalition zu Zugeständnissen auf. „Wir erwarten von dieser Regierung, dass sie auch einen Schritt, und zwar einen großen Schritt auf uns zugeht, wenn wir eine gemeinsame Lösung für dieses sogenannte Bürgergeld in den nächsten Tagen und Wochen finden wollen.“

Kinderschutzbund und Linke mahnen Ende des Streits an

Der Kinderschutzbund und die Linke haben an die Ampelregierung und die Union appelliert, ihren Streit um das neue Bürgergeld beizulegen. Kinderschutzbund-Präsident Heinz Hilgers sagte dem RND, die „Spielchen“ müssten beendet werden. „Eine fehlende Einigung würde vor allem Familien und Kindern schaden“, meinte er.

Die Fraktionschefin der Linken im Bundestag, Amira Mohamed Ali, sagte der „Rheinischen Post“: „Dieses Schmierentheater muss endlich aufhören.“ Es sei ein Armutszeugnis, dass sich Ampelparteien und Union „nicht einmal bei diesen minimalen Verbesserungen für Hartz-IV-Betroffene“ einigen könnten.

Kinderschutzbund-Präsident Hilgers forderte ein generelles Verbot von Sanktionen für Familien mit Kindern. „Die Sanktionen treffen meistens nicht diejenigen, die morgens mit der Bierflasche am Bahnhof sitzen. Am meisten leiden Kinder unter den Sanktionen“, sagte er dem RND. „Es sollte generell verboten werden, dass Familien mit Kindern finanzielle Sanktionen erhalten.“

Er mahnte außerdem an, die Pläne der Ampelkoalition für eine Kindergrundsicherung zügig umzusetzen. Ohne diese blieben zwei bis drei Kinder etwa für eine Familie, in der der Vater Taxifahrer und die Mutter Friseurin sei, ein Armutsrisiko, sagte Hilgers. Diese Familien müssten aufstocken oder sich mit bürokratischen Anträgen für Wohngeld und Kinderzuschlag plagen. (dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false