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Sahra Wagenknecht stellt klar: Der Begriff „links“ soll nicht Namensbestandteil ihrer neuen Partei werden.

© Imago/Photothek/Florian Gaertner

„Labels wie ,links’ werden nicht vorkommen“: Wagenknecht will mit Namen ihrer neuen Partei breites Spektrum ansprechen

Viele Menschen würden „links“ heute „mit elitären Debatten verbinden“, sagt Wagenknecht. Die größte Schwierigkeit für ihr Projekt sieht die Ex-Linke im Aufbau von Parteistrukturen.

Vor wenigen Tagen war sie aus der Linkspartei ausgetreten und hatte die Gründung einer neuen Partei zum Jahreswechsel angekündigt. Nun stellt Sahra Wagenknecht klar: Der Begriff „links“ soll nicht Namensbestandteil ihrer neuen Partei werden. „Es muss künftig ein Name werden, der unser breites Spektrum potenzieller Wähler anspricht“, sagte Wagenknecht dem „Focus“.

„Labels wie ,links’ werden darin nicht vorkommen, weil sie von vielen Menschen heute mit ganz anderen Inhalten verbunden werden“, sagte die 54-Jährige. Viele Menschen würden „links“ heute „mit elitären Debatten identifizieren, die mit ihren realen Problemen nichts zu haben“, sagte Wagenknecht dem Bericht zufolge.

Wagenknecht hatte am vergangenen Montag angekündigt, im Januar eine neue Partei zu gründen. Gemeinsam mit neun weiteren Abgeordneten erklärte sie dabei bereits den Austritt aus der Linkspartei. Ihre Bundestagsmandate wollen die Abgeordneten aber nicht zurückgeben, zudem planen sie, vorerst weiter der Links-Fraktion anzugehören.

Inhaltlich sind wir jetzt schon gut aufgestellt und werden Expertenräte einrichten zu einzelnen Fachthemen.

Sahra Wagenknecht

Die größte Hürde für den Erfolg ihrer Partei sieht Wagenknecht dem Bericht zufolge im Aufbau einer Parteistruktur. „Inhaltlich sind wir jetzt schon gut aufgestellt und werden Expertenräte einrichten zu einzelnen Fachthemen.Aber mit der Organisation von Zehntausenden von Menschen „steht und fällt das ganze Projekt“.

Wagenknecht betonte dem Bericht zufolge, sie und ihre Mitstreiter würden „auf jeden Fall alles dafür tun, zu verhindern, dass Spinner oder Extremisten unsere Basis unterwandern“. Es werde sehr sorgfältig entschieden, wer Vollmitglied werden könne. „Da werden wir eher langsam wachsen“, sagte sie dem Magazin.

Sie verwies auf die Erfahrungen beim Scheitern ihrer Sammelbewegung „Aufstehen“. Dort habe es viele Unterstützer gegeben, „aber null Strukturen“. Wagenknecht fügte hinzu: „Es setzen sich dann leider vor Ort oft nicht die Besten durch, sondern die verhaltensauffälligsten.“

Ihr neues „Bündnis Sahra Wagenknecht“ solle sich möglichst bald Wahlen stellen. „Wir streben einen Wahlantritt an, weil die Menschen das von uns erwarten.“ Es könne „ja durchaus passieren, dass uns im einen oder anderen Bundesland sogar recht schnell von unseren Wählern eine Regierungsbeteiligung zugetraut wird“, fügte sie hinzu. 2024 stehen im September Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg an.

Forsa-Chef Manfred Güllner hatte Mitte der Woche gesagt, er sehe die geplante neue Partei derzeit „deutlich“ unterhalb der Fünf-Prozent-Hürde. Umfragen, die ihr bereits nach ihrem Auftritt am Montag einen zweistelligen Wert bescheinigten, halte er für „absolut abenteuerlich“, sagte Güllner den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland.

Forsa-Chef traut Wagenknecht-Partei nicht viel zu

Der Forsa-Chef schätzt das Potenzial einer neuen Partei, Wählerinnen und Wähler von AfD und CDU zu gewinnen, als nicht allzu groß ein. „Nach unseren Erkenntnissen könnte Wagenknecht einen geringen Teil der bisherigen Linken-Wähler anziehen und auch nur wenige Stimmen von der AfD holen.“

Es müsse berücksichtigt werden, dass die AfD zu einem großen Teil das rechtsradikale Potenzial binde, das es in Deutschland immer gegeben habe.

Die geplante Parteigründung hat auch Diskussionen in der CDU über den Umgang mit dem Bündnis ausgelöst. „Antiamerikanismus, Putin-Nähe und Sozialismus sind völlig unvereinbar mit unserer Haltung“, sagte der stellvertretende Parteichef Andreas Jung der „Welt“. Der Brandenburger CDU-Fraktionsvorsitzende Jan Redmann sagte dagegen, es gelte, die nächsten Entwicklungen abzuwarten.

Jung sagte weiter, dass die CDU mit Blick auf die Parteineugründung keine vorauseilenden Beschlüsse fasse. „Wenn Sahra Wagenknecht eine Partei gründet und zu Wahlen antritt, wird sie nicht umhinkommen, klare Antworten auf Herausforderungen zu geben – konkrete Lösungen statt nur Problembeschreibung und Protest.“ Erst dann werde man überhaupt Prognosen über das Potenzial einer solchen Partei treffen können.

Wagenknecht hatte bezogen auf eine mögliche Zusammenarbeit mit der CDU nach der Wahl in Sachsen gesagt: „Im Zweifel ist das vielleicht besser, als wenn (Ministerpräsident Michael) Kretschmer mit der AfD regiert.“ Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck prognostizierte am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“: „Die neue Partei wird überall im Osten kräftig absahnen.“ (lem)

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