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Wer verbrennt wessen Geld?

© IMAGO/STAR-MEDIA

Testzentren, Tankrabatt, Gasumlage: Hastig erlassene Regelungen werden zu Bereicherungsmethoden

Den Anti-Krisen-Gesetzen fehlen Kontrollmechanismen. Es folgen Appelle an Unternehmer-Moral – und Verdruss bei den Bürgern. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan Haselberger

Neue Krise, altes Gefühl: Es ist dieser Anflug von Ohnmacht angesichts der Tatsache, dass es vielen Menschen im Land persönlich an die Existenz geht, während einige Unternehmen sich mit den Notgroschen der Bürger die Taschen vollstopfen dürfen, weil staatliche Regelungen die Gelegenheit bieten.

Sind Gaslieferanten, die von den gestiegenen Preisen profitieren, Kriegsgewinnler? – Womöglich. Verstörender jedoch ist, dass einige von ihnen bald auch noch zu Politik-Gewinnlern werden könnten. Denn das hätte man verhindern können.

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Doch ob damals GroKo oder heute Ampel: In der Krise und im Eifer des Gefechts hat eine Regierung nach der anderen unter Zeitdruck unabsichtlich Bereicherungsmethoden geschaffen, die geeignet waren, Geschäftsleute zu Geschäftemacher werden zu lassen.

Frühjahr 2021: Betreiber privater Corona-Testzentren haben landauf landab Summen, die in die Milliarden gehen könnten, ergaunert und Tests abgerechnet, die nie durchgeführt wurden, da Kontrolle seitens der Regierung nicht vorgesehen war. Jens Spahn, damals Gesundheitsminister und Architekt der Zentren, hatte sie in der Eile „vergessen“.

Beim Tankrabatt konnten sie nur hoffen, dass der die Kunden erreicht

Frühjahr 2022: Die Ampel entwirft einen Tankrabatt zur Entlastung für die Bevölkerung – und kann nach der Verabschiedung im Parlament nur bangend hoffen, dass die Mineralölfirmen ihn auch an die Kunden weitergeben.

Ölfirmen, die man durch die Konstruktion eines politischen Instruments über die Weitergabe des Tankrabatts entscheiden lässt, und jetzt noch profitable Gaslieferanten, die sich durch die geplante Gasumlage bald bei den Bürgern bedienen dürfen, können kaum anders als die Steuermilliarden, die die Politik für sie auf die Straße legt, auch mitzunehmen.

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Sie machen sich womöglich ihrerseits anfechtbar gegenüber Anteilseignern, wenn sie wissentlich Wirtschaftlichkeit nicht an erste Stelle setzen. Man kann ihnen das schlecht vorwerfen, das ist nicht böse Absicht oder Verwerflichkeit – das ist ihre systemlogische Bauart. Man sollte meinen, dass die Politik von dieser Bauart Kenntnis hat.

Doch wurde der mögliche Schaden je erst im Nachhinein offenbar, und als Reaktion flüchten die Konstrukteure der mangelhaft justierten politischen Instrumente in das Feld der Moral. Jens Spahn sagte, als der massenhafte Betrug in den Testzentren offenbar wurde: Die Leute sollten sich schämen. Aber Scham ist keine Kategorie. Er hätte eine Kontrolle vorsehen müssen.

Lesen Sie auf Tagesspiegel Plus:

Robert Habeck sagte, als bei der Gasumlage die Mitnahmeeffekte für gesunde, profitable Unternehmen absehbar wurden: Zwar mögen diese nun einen Rechtsanspruch haben, aber moralisch sei es nicht in Ordnung, dass sich Unternehmen dafür bewerben.

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Wer keine verbindlichen, rechtssicheren Mechanismen einbaut, damit das Ziel einer Maßnahme auch erreicht wird, dem bleiben am Ende nur Appelle.

Wegelagerei statt Wertschöpfung

Die Unternehmen betreiben so dann keine Wertschöpfung mehr, sondern Wegelagerei. Und die Bürger? Die werden Mal um Mal Opfer der heißen Nadel, mit der die Krisenkonstrukte gestrickt sind.

Schon in der Corona-Krise wurde auf die Eile verwiesen, mit der Spahn die Testzentren aus dem Boden gestampft habe. In der Energie-Krise benannte Anton Hofreiter abermals die Hast, mit Habeck die windschiefe Gasumlage aufgesetzt hat. Zum Glück ist in diesem Fall für Korrekturen noch Zeit.

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