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Christian Lindner, Bundesminister der Finanzen, zeigte sich offen für mögliche Nachbesserungen bei der Gasumlage.

© Foto: Imago/photothek

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Lindner und Habeck erwägen Änderungen: „Scheuen uns nicht vor Korrekturen bei Gasumlage“

SPD und FDP fordern, dass nur bedrohte Unternehmen profitieren dürfen. Auch Grünen-Politiker verlangen Änderungen vom eigenen Wirtschaftsminister.

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Angesichts der Kritik an der Gasumlage hat sich Bundesfinanzminister Christian Lindner offen für mögliche Nachbesserungen gezeigt. „Eine Maßnahme der Solidarität kann nicht dazu dienen, dass einzelne Unternehmen ihre Rendite pflegen und Gewinne darauf machen“, sagte der FDP-Chef am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“.

Das müsse man sich genau ansehen - er kenne die Fakten nicht, das kenne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) viel besser. „Aber wenn es eine Notwendigkeit gibt, etwas zu verändern, um dieses Instrument zielgenauer zu machen, damit die Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren, dann scheuen wir uns nicht vor Korrekturen.“

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Habeck selbst kündigte einem Medienbericht zufolge eine Überprüfung der Gasumlage an. Der Kreis der berechtigten Unternehmen solle möglichst verkleinert werden, sagte er nach Informationen der „Welt“ beim Westfälischen Unternehmertag in Münster.

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Grundsätzlich bestehe der Anspruch auch für Unternehmen, die nicht in existenzieller Not seien. „Trotzdem haben wir natürlich ein politisches Problem, das hat mir die letzten 48 Stunden den Tag ganz schön versauert“, wurde Habeck zitiert. Es gebe vielleicht einen juristisch berechtigten Anspruch. Das würde man jetzt noch mal genau angucken, ob es nicht doch einen Weg gebe, diesen berechtigten Anspruch abzuwehren. Beim Wirtschaftsministerium war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Innerhalb der Ampel-Regierung war zuvor der Druck auf Habeck gestiegen, Änderungen an der umstrittenen Gasumlage vorzunehmen. Vertreter von SPD und FDP protestieren gegen die Regelung, wonach Gasfirmen von der Umlage profitieren können, die Gewinne machen und nicht von Insolvenz bedroht sind. Innerhalb der Grünen gibt es sowohl Kritiker wie auch Verteidiger der Regelung aus dem Bundeswirtschaftsministerium.

SPD-Chefin Saskia Esken hat am Donnerstagabend nun mit einer Blockade im Bundestag gedroht. „Am Ende hat das Parlament auch ein Eingriffsrecht“, warnt Esken im Fernsehsender „Welt“. „Und davon wird das Parlament auch Gebrauch machen.“ Um ein Scheitern der Umlage zu verhindern, müsse Wirtschaftsminister Robert Habeck dringend dafür sorgen, dass keine Profiteure der Energiekrise an der Gasumlage verdienen.

Hat im Moment viel zu erklären: Robert Habeck, Wirtschaftsminister und Vizekanzler der Grünen, vor dem Bundeskanzleramt. 

© Florian Gaertner/IMAGO/photothek

„Unabhängig davon, dass von Unternehmen, die Milliardengewinne machen, erwartet werden kann, dass solche Anträge gar nicht erst eingereicht werden, müssen wir gesetzlich sicherstellen, dass die Anträge keinen Erfolg haben und von den Übergewinnen der Krise alle profitieren“, sagte der Vizechef der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias Miersch, dem Tagesspiegel.

Indirekt kritisierte er den Kurs des Vizekanzlers: „Diese Krise werden wir nur meistern, wenn wir für Zusammenhalt sorgen. Wenn aber der normale Gaskunde dem großen Energiekonzern den Gewinn sichert, dann stört das das Gerechtigkeitsempfinden.“ In der SPD gibt es Befürchtungen, wonach der Ärger vieler Bürgerinnen und Bürger über die als ungerecht empfundene Regelung bei der eigenen Partei abgeladen werden könnte.

Die FDP stellt sich ebenfalls gegen Habecks Vorschlag

Auch aus den Reihen der Liberalen kam Kritik an der Gasumlage: „Als Freie Demokraten setzen wir uns dafür ein, dass mit der Gasumlage ausschließlich Unternehmen unterstützt werden, die sich in einer marktgefährdenden Schieflage befinden“, sagte Michael Kruse, der energiepolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur.

Julia Verlinden, Vizefraktionschefin der Grünen im Bundestag, verteidigte die Ankündigung des Wirtschaftsministers. „Ursache der fatalen Abhängigkeit von teuren Gas-Importen ist die Energiepolitik der letzten Jahre. Wir tun gerade alles, um die Energiewende zu beschleunigen und Erdgas durch Erneuerbare und Energieeffizienz zu ersetzen“, sagte sie dem Tagesspiegel.

Ein weiterer Energieträger, der im Winter knapp werden könnte: Neue Kohlelager im Süden der Republik können womöglich nicht gefüllt werden, warnt das Wirtschaftsministerium.

© Bernd Thissen/dpa

Angesichts der massiven Preisausschläge auf dem Gasmarkt und dem Ausfall von russischen Gaslieferungen habe die Bundesregierung „angemessen und vorausschauend und mit der Unterstützung der Ampelfraktionen die in Schieflage geratenen Unternehmen Uniper und der ehemaligen Gazprom Germania stabilisiert und damit den Gasmarkt in Deutschland vor dem Zusammenbruch bewahrt“.

Die Grünen sind uneinig, ob der Wirtschaftsminister nachbessern soll

Zur schnellen und wirksamen Sicherung des funktionierenden Gasmarktes seien sowohl direkte Stabilisierungsmaßnahmen als auch die Gasumlage nötig. Ihr Aufkommen werde „zu allergrößtem Teil auch für genau die systemkritischen Unternehmen verwendet“. Die Umlage sei zeitlich so begrenzt worden, dass die Unternehmen möglichst viel der Zusatzkosten noch selbst tragen. Verlinden sprach sich für weitere gezielte Entlastungen aus.

Dagegen sagte die Sprecherin der Grünen Jugend, Sarah-Lee Heinrich, dieser Zeitung: „Es ist ungerecht und noch dazu auch völlig unsinnig, dass Verluste von der Gesellschaft getragen werden, während viele Unternehmen während der Krise Übergewinne gemacht haben.“

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Zuvor hatte der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Dieter Janecek, eine Korrektur durch den Bundestag ins Spiel gebracht. Um Mitnahmeeffekte und Übergewinne zu vermeiden, müsse der Gesetzgeber „im Zweifelsfall auch bereit sein, die Kriterien für die Inanspruchnahme nachzuschärfen", sagte er dem Handelsblatt.

Habeck verwies am Mittwoch nach der Kabinettssitzung auf juristische Zwänge bei der Verordnung. Die Firmen müssten gleich behandelt werden, argumentierte er.

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Die Bundesregierung befürchtet zum Herbst und Winter Probleme mit der Kohle-Versorgung für Kraftwerke und der Öl-Versorgung in Ostdeutschland. „Aufgrund der sehr eingeschränkten Binnenschifffahrt, könnten sich die aufgebauten Kohlelager schnell reduzieren“, heißt es im „Lagebild Energieversorgung“ des Wirtschaftsministerium, das der Nachrichtenagentur Reuters vorlag.

Zusätzliche Lager in Süddeutschland könnten wegen des Niedrigwassers des Rheins und überlasteter Schienenwege „aller Voraussicht nach nicht bis zum Winter befüllt werden“. (mit dpa)

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