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Gut betreut, aber bis wann? Kinder in ihrer Schule.

© Imago/Shotshop/Monkey Business 2

Ganztag und Startchancen: Im Bund ist man verärgert über die KMK-Präsidentin

Katharina Günther-Wünsch hat als Präsidentin der Kultusministerkonferenz im Tagesspiegel-Interview Vorstöße zu mehreren Themen gemacht. Das Echo aus dem Bund ist einhellig.

Bleibt es beim Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule ab 2026 – oder sollte das Gesetz geändert werden? Nach dem Vorstoß von Katharina Günter-Wünsch (CDU), Präsidentin der Kultusministerkonferenz, im Tagesspiegel-Interview diskutiert die Bildungspolitik. Das Echo aus dem Bund ist dabei wenig freundlich.

Von einem „Foulspiel“, das dem Bedarf der Eltern nicht gerecht werde, spricht Oliver Kaczmarek, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, hinsichtlich der Idee, den Ländern einen Übergangszeitraum zu gewähren.

Nicht alles, was wünschenswert ist, lässt sich auch sofort umsetzen.

Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds

In vielen Kommunen wird es absehbar große Probleme geben, rechtzeitig genügend Kapazitäten zu schaffen. Entsprechend ist man dort froh über Günther-Wünschs Vorschlag. „Eine zeitliche Flexibilisierung bis hin zu einer Verschiebung ist ein realistischer und richtiger Ansatz. Nicht alles, was wünschenswert ist, lässt sich auch sofort umsetzen“, sagt Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds.

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Auf Bundesebene ist sich die Ampelkoalition aber einig: Der Rechtsanspruch bleibt. „Die Länder hatten und haben mehrere Jahre Zeit, sich auf diese Aufgabe vorzubereiten, sie haben das sehr unterschiedlich stark vorangetrieben, und die, die da in der Vergangenheit keine Priorität draufgelegt haben, müssen jetzt umso schneller agieren“, sagt Nina Stahr, bildungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion.

„Der Rechtsanspruch ist beschlossene Sache“

„Es kann nicht sein, dass wir Eltern jetzt allein lassen, nur weil zum Beispiel Markus Söder findet, die Mütter könnten sich doch selbst um die Kinder kümmern, und den Ganztagsausbau in Bayern bewusst verschlafen hat. Der Rechtsanspruch ist beschlossene Sache und gilt – in ganz Deutschland.“

Auch Christiane Gotte, Vorsitzende des Bundeselternrats, plädiert für einen Rechtsanspruch ab 2026 „ohne flexiblen Einstieg, ohne Wenn und Aber“. „Es bewegt sich nur etwas, wenn Druck aufgebaut wird, Ansprüche einklagbar sind“, sagt Gotte.

Ähnlich strittig ist das geplante Startchancen-Programm für Brennpunktschulen. Günter-Wünsch, die auch Bildungssenatorin in Berlin ist, hat deutlich gemacht, das Angebot der Länder zur umstrittenen Verteilung der Mittel sei das letzte Wort. Demnach sollen 95 Prozent des Geldes nach dem Königsteiner Schlüssel verteilt werden, also nach Steueraufkommen und Einwohnerzahl.

Derzeit auch KMK-Präsidentin: Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU).

© Christian Marquardt für den Tagesspiegel

Das sieht man im Bund anders. „Wenn der Bund einfach frisches Geld in ein dysfunktionales System wirft, gewinnt niemand. Das Startchancenprogramm muss einen anderen Ansatz wählen und das Gießkannenprinzip aufgeben. Alle Experten halten den Königsteiner Schlüssel für ungeeignet“, sagt Ria Schröder, bildungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion. „Diese Gretchenfrage kann Günther-Wünsch nicht einfach abräumen, sondern sie muss ihre Kollegen zurück an den Tisch holen. Die Länder müssen diese Diskussion führen, denn wir machen kein weiteres Programm, das nichts bringt.“

Sauer ist auch Gyde Jensen, stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion. „Es grenzt an Realitätsverweigerung, wenn KMK-Präsidentin Günther-Wünsch gerade beim Startchancenprogramm stoisch am Königsteiner Schlüssel festhalten will.“ Jensen sieht den Bildungsföderalismus als solchen kritisch: „Bildung ist Ländersache – leider, wenn Sie mich fragen. Aber genau deshalb müssen die Länder dafür sorgen, dass Schulen zu Lernorten werden, an denen junge Menschen gerne viel Zeit verbringen.“

Verärgerung im Bildungsministerium

Und auch im Haus von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) ist man verärgert. Die Äußerungen von Günther-Wünsch seien nicht mit der Verhandlungsgruppe der Länder abgestimmt und würden auch nicht den Verhandlungsstand wiedergeben, heißt es aus dem Ministerium. Man befinde sich in guten und konstruktiven Verhandlungen mit den Ländern. Es gebe den gemeinsamen Willen, dass das Startchancen-Programm pünktlich zum Schuljahr 2024/25 starten könne.

SPD-Bildungspolitiker Kaczmarek wirft Günther-Wünsch indirekt Parteilichkeit vor. „Statt in einem fairen Miteinander von Bund und Ländern zu arbeiten, wollen die CDU-geführten Kultusministerien ihre subjektiven Interessen gegenüber dem Bund durchsetzen. Das stört die Verhandlungen über gemeinsame Bund-Länder-Programme und gefährdet letztlich weiter die Akzeptanz des Bildungsföderalismus“, sagt Kaczmarek.

Spätestens im Oktober wird sich zeigen, wie die Kräfteverhältnisse aussehen. Dann tagt die Kultusministerkonferenz. Von einer „Stunde der Wahrheit“ spricht Thomas Jarzombek, bildungspolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Er könne die Ungeduld mit Ministerin Stark-Watzinger in den Ländern verstehen. „In der Bildungspolitik gab es viele Ankündigungen, die auf eine Umsetzung warten.“ Klar ist allen Beteiligten: Die Zeit für eine Einigung drängt.

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