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Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin für Inneres und Heimat

© dpa/Bernd von Jutrczenka

„Ein ganz normaler Vorgang“: Faeser erklärt sich im Innenausschuss zu Schönbohm-Affäre

Die Innenministerin rechtfertigt sich für ihr Verhalten im Fall Schönbohm. Faeser nennt die Versetzung des Ex-BSI-Chefs „unumgänglich“ – und Vorwürfe der Opposition „unverschämt“.

Innenministerin Nancy Faeser hat im Bundestag versucht, ihr Verhalten in der Affäre um die Abberufung des früheren Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, zu rechtfertigen. Wie mehrere Teilnehmer:innen einer Sitzung des Innenausschusses übereinstimmend berichteten, stellte sie die Personalentscheidung als ganz normalen Vorgang dar.

Die CDU/CSU-Fraktion wirft Faeser vor, sie habe Schönbohm nach einer kritischen Fernsehsendung 2022 vorschnell abserviert und womöglich sogar den Verfassungsschutz instrumentalisiert, um ihm im Nachhinein Fehlverhalten nachzuweisen. Abgeordnete der Koalitionspartner Grüne und FDP kritisieren, dass die SPD-Politikerin dem Ausschuss erst jetzt Auskunft zu den von der Union erhobenen Vorwürfen gibt.

Als „unverschämt“ kritisierte Faeser nach der dreistündigen Befragung den Vorwurf der Opposition, sie habe den Verfassungsschutz instrumentalisiert, um Erkundungen über Schönbohm anstellen lassen. Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang stützte die Darstellung der Ministerin, dass es keinen Versuch der Instrumentalisierung seiner Behörde gegeben habe.

„Ich halte es für unverantwortlich, dass dieser infame Vorwurf einer angeblichen Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes wider besseren Wissens weiterhin wiederholt wird“, sagte Faeser nach der Ausschusssitzung. Zu keiner Zeit sei versucht worden, mit nachrichtendienstlichen Mitteln Erkenntnisse über Schönbohm, den damaligen Chef des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik, einzuholen.

Faeser sagte weiter, im Zuge der von Schönbohm selbst angeregten disziplinarrechtlichen Vorermittlungen sei im Oktober 2022 beim Bundesamt für Verfassungsschutz eine Anfrage gestellt worden, ob dort Erkenntnisse gegen Schönbohm vorlägen. Sie betonte: „Dies war die einzige Anfrage beim Bundesamt für Verfassungsschutz, und es gab auch keine Anweisung von mir, eine zweite durchzuführen.“

Verfassungsschutzchef bestätigt Faesers Aussagen

„Eine solche Anfrage wäre rechtswidrig gewesen, und sie wäre nicht befolgt worden“, sagte dazu Verfassungsschutzchef Haldenwang nach seiner Anhörung im Ausschuss. Er habe „auch nicht den Eindruck, dass das in irgendeiner Weise zur Debatte stand“. Es habe - wie von Faeser dargelegt - nur eine einzige Anfrage des Bundesinnenministeriums gegeben, ob zu Schönbohm Erkenntnisse vorlägen, sagte Haldenwang. Dies sei verneint worden.

Auf die Frage, ob Erkenntnisse über Schönbohm womöglich als „Beifang“ bei der Überwachung anderer Personen aufgetaucht seien, antwortete er: „Es gibt bei uns nur „gespeichert“ oder „nicht gespeichert“.“ Schönbohm sei „nicht gespeichert“ gewesen.

Nun zeigten sich die Abgeordneten der Opposition auch nach Faesers Erklärungen nicht zufrieden. Fragen werfe nach wie vor der Vermerk eines hochrangigen Mitarbeiters des Bundesinnenministeriums auf, sagte der CDU-Abgeordnete Christoph de Vries.

Aus dem internen Vermerk geht hervor, dass die Ministerin mit dem, was die zuständige Abteilung ihres Hauses bei den disziplinarrechtlichen Vorermittlungen über Schönbohm damals zusammengetragen hatte, wohl unzufrieden war, und angeregt hatte, noch einmal gründlicher zu suchen.

Faeser: Kritik auch von Koalitionspartnern

Faesers Erklärungen kämen leider „zu spät“, sagte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende, Konstantin Kuhle. Die von der Union erhobenen Vorwürfe nannte er dennoch „ungeheuerlich“. Es sei nicht glücklich gewesen, dass die Innenministerin nicht schon früher im Innenausschuss gewesen sei, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Irene Mihalic. Sie hätte die Vorwürfe schon früher ausräumen können.

In einem Schreiben an den damaligen BSI-Präsidenten Arne Schönbohm war explizit Bezug auf Vorwürfe genommen worden, die nach der Ausstrahlung der ZDF-Sendung „Magazin Royale“ im Oktober 2022 verbreitet wurden. Dann heißt es in dem Schreiben aber weiter: „Hinzu kommt eine Vielzahl von Vorkommnissen in Zusammenhang mit der fachlichen sowie der personellen Führung des Amtes, die auch das Vertrauen von Frau Ministerin in Ihre Amtsführung irreparabel gestört haben.“

Die Entscheidung für die Versetzung war unumgänglich.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser

Das Ministerium verweist auch „auf Vorwürfe hinsichtlich zu enger Kontakte zu russischen Kreisen und Firmen“, die in der Fernsehsendung und im Nachgang in diversen Medienberichten laut wurden. „Unabhängig davon wie stichhaltig diese sind und ob diese sich im Ergebnis als zutreffend erweisen werden, ist in der öffentlichen Meinung ein Vertrauensverlust eingetreten, der eine weitere Amtsführung unmöglich macht und die Aufgabenerfüllung des BSI in den Augen der Öffentlichkeit erheblich beeinträchtigt“, heißt es weiter.

Faeser sagte am Mittwoch, ihr Ministerium habe Schönbohm „mehrere Vorschläge für eine einvernehmliche Lösung gemacht, die er nicht angenommen hat“. „Daher war die Entscheidung für die Versetzung unumgänglich.“

Sie würde jederzeit wieder so handeln, fügte sie auf Nachfrage hinzu. Faeser war zwei vorangegangenen Sitzungen des Innenausschusses fern geblieben. Dafür habe sie sich nun entschuldigt, sagte die Ministerin. Sie begründete ihr Fernbleiben auch damit, dass sie sich „sehr geärgert“ habe über den Vorwurf, „dass der Verfassungsschutz instrumentalisiert wurde“.

Abermals warf Faeser ihren Kritikern vor, sie auch wegen ihrer Rolle als Spitzenkandidatin der Hessen-SPD bei der Landtagswahl anzugreifen. „Ich bin mir sicher dass diese Debatte nicht so geführt würde, wenn nicht am 8. Oktober in Hessen Landtagswahl wäre.“ (dpa, AFP)

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