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Eine Person raucht einen Joint. Die Ampel-Parteien wollen Cannabis in Deutschland legalisieren.

© dpa/Fabian Sommer

Brandbrief wegen Lauterbachs Gesetz: SPD-Innenpolitiker wollen Cannabis-Legalisierung stoppen

In dieser Woche soll das Cannabis-Gesetz im Bundestag verabschiedet werden. Die Ampelparteien hätten eine Mehrheit, doch in der SPD regt sich Widerstand gegen das Projekt ihres eigenen Ministers.

Die beiden SPD-Innenpolitiker Sebastian Hartmann und Sebastian Fiedler wollen das geplante Cannabis-Gesetz der Bundesregierung im letzten Moment stoppen.

Am Montagnachmittag wandten sich die Sozialdemokraten in einem Brandbrief an ihre Fraktion. Sie wollen diese davon überzeugen, den gesamten Prozess neu zu starten. Der Brief liegt dem Tagesspiegel vor.

In dem Brief fordern Fiedler und Hartmann ihre Fraktionskollegen auf, dem Gesetz von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nicht zuzustimmen. „Lasst uns stattdessen den Prozess noch einmal ordentlich starten, auf die Konzeption von Modellprojekten und -regionen setzen und die Bedenken der Länder ernstzunehmen“, schreiben die SPD-Politiker in ihrem Brief.

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Die Ampelparteien hatten sich das Vorhaben einer Liberalisierung von Cannabiskonsum im Koalitionsvertrag vorgenommen. Fast zweieinhalb Jahre später soll das Gesetz wohl an diesem Freitag im Bundestag verabschiedet werden. Doch die beiden Sozialdemokraten lehnen das Gesetzesvorhaben strikt ab.

Vorwurf: Gesetz verfehlt „Ziele einer modernen Drogenpolitik“

Die beiden SPD-Innenpolitiker Fiedler und Hartmann treten seit Langem als Kritiker des geplanten Gesetzes auf. Besonders stört sie, dass die Bedenken der Innenminister der Länder übergangen werden. Alle 16 Innenminister hatten vor wenigen Tagen in einem Brief vor verheerenden Auswirkungen der Legalisierung geplant.

Als weiteren Grund für ihre Ablehnung des Gesetzentwurfs nennen Hartmann und Fiedler, dass „wichtige Ziele einer modernen Drogenpolitik, wie zum Beispiel die Bekämpfung der organisierten Kriminalität, die Entlastung der Ordnungs-, Polizei- und Justizbehörden oder die Verbesserung des Jugendschutzes“ nicht erreicht würden. Stattdessen dürfe man in Deutschland die Droge bald kaufen, besitzen und öffentlich konsumieren.

Wenn man sich nicht auf Grundlegendes einigen kann, aber dann das Kiffen freigibt, kann ich mir die Schlagzeilen schon vorstellen.

Ein SPD-Abgeordneter zum geplanten Cannabis-Gesetz

Mit Besorgnis sehen die Innenpolitiker unter anderem Produktion und Besitz der Droge in Privatwohnungen. Hier mangele es an Kontrollmöglichkeiten. Das Ziel, organisierte Kriminalität zu bekämpfen, wird laut einer Einschätzung des Bundeskriminalamts verfehlt.

Kleindealer dürften künftig sogar bis zu 25 Gramm mitführen, sie könnten ihre Geschäfte mit den Endkunden leichter ausüben. Selbst in den Niederlanden bleibt lediglich eine Menge von fünf Gramm sanktionsfrei. 

Kritiker befürchten Überlastung der Justiz

Besonders in deutschen Großstädten habe die Polizei gerade wegen einer Welle der Droge Crack alle Hände voll zu tun. Auch die Justiz würde eher zusätzlich belastet, weil das neue Gesetz Auswirkungen auf tausende laufende Strafverfahren und bereits abgeschlossene Verfahren hätte, argumentieren die Kritiker des Gesetzes. Der Kinder- und Jugendschutz im Gesetz sei unzureichend, ebenso wie die Präventionspläne. In der Zukunft ist der Konsum im öffentlichen Raum grundsätzlich erlaubt. Obwohl es Verbotszonen um Spielplätze und Schulen gibt, sei es beinahe unmöglich diese zu kontrollieren.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) musste schon vor Weihnachten eingestehen, dass sich die von der Ampel geplante Cannabis-Legalisierung verzögert.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) musste schon vor Weihnachten eingestehen, dass sich die von der Ampel geplante Cannabis-Legalisierung verzögert.

© dpa/Felix Müschen

Aufgrund all dieser Bedenken hält ein nicht unwesentlicher Teil der SPD-Fraktion um die Verfasser des Brandbriefs das geplante Cannabisgesetz für einen „schlechten Kompromiss“. Die beiden Fachpolitiker sind unter den konservativeren Sozialdemokraten nicht die einzigen, die Kritik an der Legalisierung üben.

Andere SPD-Abgeordnete halten die Legalisierung auch einfach für „das falsche Zeichen“, wie sie dem Tagesspiegel sagten. „Wenn man sich nicht auf Grundlegendes einigen kann, aber dann das Kiffen freigibt, kann ich mir die Schlagzeilen schon vorstellen“, sagte ein Abgeordneter dem Tagesspiegel.

Die Union will mehrheitlich gegen die Cannabis-Legalisierung stimmen

Auch die Änderungsanträge für das Lauterbach-Gesetz, die am Wochenende die Runde machten, reichen nicht, um die Skeptikern in der SPD zu besänftigen. Um die Mehrheit für das Gesetz nicht zu gefährden, sind am Dienstagnachmittag Probeabstimmungen geplant, heißt es aus Fraktionskreisen. Erleichternd kommt für die Ampelkoalition dazu, dass zumindest mit der Zustimmung eines großen Teils der linken Gruppe im Bundestag zu rechnen ist.

Sollte das Gesetz wie geplant am Freitag im Bundestag zur Abstimmung kommen, will die CDU/CSU-Fraktion eine namentliche Abstimmung beantragen. Ihr Kalkül dabei: Wenn das Abstimmungsverhalten jedes Abgeordneten transparent einsehbar ist, werde deutlich, wie gering die Zustimmung bei SPD, Grünen und FDP tatsächlich sei.

Aus der Unionsfraktion wird dem Vernehmen nach mehr als 90 Prozent aller Abgeordneten gegen das Cannabis-Gesetz stimmen. Verhindern können CDU und CSU die Legalisierung damit allerdings nicht.

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