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Eine gute gelaunte Innenministerin: Nancy Faeser bei der Vorstellung des Gesetzentwurfs.

© Geisler-Fotopress/Frederic Kern/Geisler-Fotopress

„Bekenntnis zum modernen Deutschland“: Wer künftig schneller einen deutschen Pass bekommt

Deutschland ist nicht bekannt für seine Offenheit gegenüber Einwanderern. Nun will das Land es Menschen einfacher machen, Staatsbürger zu werden. 

Für Nancy Faeser kommt die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts gelegen. Am 8. Oktober will die Bundesinnenministerin hessische Ministerpräsidentin werden, und statt in der Bundespressekonferenz über Extremisten oder Gewalt zu referieren, wie es ihr Amt sonst erfordert, kann die SPD-Politikerin sich mit der Einbürgerungsreform befassen.

Dementsprechend gut gelaunt war sie bei der Vorstellung. „Die Reform ist ein Bekenntnis zum modernen Deutschland“, sagte sie und fügt dann hinzu: „endlich“. Jahrzehntelang wurde in der Bundesrepublik darüber gestritten, wer wann Deutscher oder Deutsche werden darf.

Kinder und Gastarbeiter profitieren

Ausgerechnet in Hessen fuhr der damalige Ministerpräsidentenkandidat Roland Koch (CDU) eine Kampagne gegen den Doppelpass. Berichtet wurde von Menschen, die sich anstellten, um zu fragen, wo sie denn „gegen Ausländer“ unterschreiben könnten.

An diesem Mittwoch hat das Bundeskabinett nun einen Gesetzentwurf verabschiedet, der die Regeln zur Einbürgerung lockert. Bei besonderen Integrationsleistungen können Menschen künftig schon nach drei Jahren einen Antrag auf Staatsbürgerschaft stellen. Sie müssen ihre ursprüngliche Staatsbürgerschaft nicht länger abgeben.

29.000
Verfahren zur Einbürgerung sind allein in Berlin offen.

Kinder, deren Eltern zum Zeitpunkt ihrer Geburt seit fünf statt acht Jahren in Deutschland leben, sind künftig automatisch Deutsche. Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter müssen, weil es für sie keine Integrationsangebote gab, nur nachweisen, dass sie sich auf Deutsch verständigen können und keinen Einbürgerungstest mehr absolvieren.

Es gehe um ein Bekenntnis zu Deutschland, sagte Faeser, Menschen, die hier lebten, sollten mitgestalten dürfen. Doch die Wartezeit bis zur Einbürgerung ist lang, selbst wenn man alle Voraussetzungen erfüllt. In Berlin beträgt die Wartezeit derzeit bis zu zwei Jahre.

Im ersten Quartal dieses Jahres waren in Berlin nach Angaben der Verwaltung über 29.000 Verfahren in Staatsangehörigkeitsangelegenheiten offen. „Das ist ein Problem“, sagte Faeser und verwies auf die Zuständigkeit der Bundesländer. Man stehe miteinander im Austausch, konkrete Unterstützungsangebote machte Faeser aber nicht.

In Deutschland haben 14 Prozent der Bevölkerung keinen deutschen Pass, mehr als zwölf Millionen Menschen. Von ihnen leben laut Innenministerium rund 5,3 Millionen bereits „seit mindestens zehn Jahren in Deutschland“. Mit der Einführung des Doppelpasses möchte die Ampelkoalition diesen Menschen nun ein Angebot machen, künftig in Deutschland demokratisch mitbestimmen zu können.

Eine Entwertung der deutschen Staatsbürgerschaft wird es mit der FDP nicht geben.

Bijan Djir-Sarai, FDP-Generalsekretär

Faeser sagte, sie hätten Bestimmungen aber auch verschärft. So soll künftig nur eingebürgert werden können, wer seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie selbst bestreitet, also keine Sozialleistungen bezieht. Das kritisierte die Antidiskriminierungsbeauftragte der Bundesregierung, Ferda Ataman.

„Menschen mit Behinderung, Alleinerziehende und ältere Menschen, die existenzsichernde Leistungen beziehen, können die Anforderungen an einen gesicherten Lebensunterhalt allerdings oft nicht erfüllen“, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. Ähnlich äußerte sich Grünen-Vize-Fraktionschef Konstantin von Notz. Die Reform sei „in Teilen ungerecht“.

Während der Verhandlungen um die Reform der Staatsbürgerschaft hatte insbesondere die FDP Sorgen geäußert, Menschen könnten die Staatsangehörigkeit zu schnell erhalten. „Eine Entwertung der deutschen Staatsbürgerschaft wird es mit der FDP nicht geben“, hatte der Generalsekretär Bijan Djir-Sarai betont. Faeser berichtete aus dem Kabinett nun aber, dass alle Ampelpartner das Vorhaben begrüßt hätten.

Ein besonderes Augenmerk legte Faeser auf die Bedeutung der Reform für Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter, die in den Sechzigerjahren nach Deutschland gekommen sind. „Da haben wir überhaupt keine Integrationsangebote gemacht“, sagte Faeser, dabei hätten diese Menschen „jahrzehntelang die Republik aufgebaut“. Dass sie nun einfacher Deutsche werden könnten, sei ein „später Dank“. Da klingt sie schon mehr wie eine Landesmutter und weniger nach Innenministerin.

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