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Die Umfragen in Ostdeutschland ergeben hohe Werte für die AfD.

© Gestaltung: Tagespiegel/Imago / Bernd Elmenthaler

AfD auf dem Vormarsch: Wie lange hält die Brandmauer in Ostdeutschland?

Die Umfragewerte der AfD im Osten steigen. Noch regiert die Partei nicht mit. Doch könnte sich das bald ändern? Drei Experten geben eine Einschätzung.

Die Umfragewerte der AfD im Osten steigen weiter. Wie lange hält die Brandmauer gegen eine Regierungsbeteiligung in Ostdeutschland noch? Drei Experten antworten. Alle Folgen von „3 auf 1“ finden Sie hier.


Die Bundes-CDU bemüht sich um Abgrenzung

2018 hat der CDU-Bundesparteitag jegliche Form der Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen. Seitdem hat die Bundesparteiführung diese Position wiederholt bekräftigt. Diese Bemühungen um Abgrenzung sind nicht aufgesetzt, sondern aufrichtig. Nur: Sie stoßen an zwei demokratisch unauflösbare Grenzen. Praktisch kann die AfD immer von einer gemeinsamen Sache sprechen, wenn sie CDU-Anträgen zustimmt oder gar zur Mehrheit verhilft. Angesichts der parlamentarischen Präsenz der AfD ist diese Möglichkeit mehr und mehr gegeben. Und auch ein AfD-Abstimmungsverhalten, das taktisch auf nichts anderes zielt als die Bloßstellung der CDU, ist demokratisch zulässig.

Eine zweites Steuerungsdilemma besteht innerparteilich: Grundgesetzlich geschützt sind Parteien plurale, vielstimmige Gebilde. Friedrich Merz ist eben nicht die hierarchische Spitze einer zentralisierten Organisation. Sein Arm reicht nicht in jede Kreistagsfraktion. Falls deren Mitglieder eine Annäherung an die AfD forcieren, ist das nicht gleich ein Symptom für eine Führungskrise. Es bleibt aber eine große Herausforderung für den Zusammenhalt der Partei, insbesondere vor anstehenden Landtagswahlen in Ostdeutschland.


Minderheitsregierungen ohne die AfD sind sinnvoll

Die Brandmauer gegen eine Regierungsbeteiligung der AfD droht zu wackeln, sollte sie im Herbst des nächsten Jahres aus den Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen als stärkste Kraft hervorgehen. Um die AfD von der Regierung fernzuhalten, sind Minderheitsregierungen ein sinnvolles Mittel. Sie sind handlungsfähig, solange sich keine Landtagsmehrheit gegen sie bildet. Eingebettet sein müssen sie in einen Cordon sanitaire wie in Belgien. Dies ist eine Übereinkunft der pluralistischen Parteien, miteinander zu kooperieren, aber nicht mit der AfD. Den Preis, rechtspopulistische Kräfte fernzuhalten, gilt es zudem besser aufzuteilen.

Derzeit zahlt ihn in Thüringen vor allem die CDU, die eine Linken-geführte Regierung toleriert. Doch denkbar wäre auch eine umgekehrte Konstellation. Vielleicht bräuchte eine zukünftige Minderheitsregierung auch gar keinen festen Tolerierungspartner, sondern könnte sich themenbezogen auf wechselnde Mehrheiten stützen. Zentral ist der parteiübergreifende Konsens gegen den Rechtspopulismus. Dabei wird es vor allem auf die Standfestigkeit der CDU ankommen.“


Eine Kooperation würde die AfD weiter normalisieren

Rechtsaußenparteien wie die AfD sind mittlerweile fast überall in Europa vertreten. Dabei spielt das Mainstreaming und die Normalisierung ihrer Positionen eine zunehmende Rolle. Selbst in Ländern, in denen solche Parteien lange strikt ausgegrenzt wurden, bröckelte der cordon sanitaire häufig zuerst auf der kommunalen oder subnationalen Ebene. Diese Prozesse lassen sich auch gegenüber der AfD beobachten – nicht nur, aber vor allem seitens der CDU/CSU und FDP.

Vor allem in den ostdeutschen Ländern erschweren die Kräfteverhältnisse der Parteien die Ausgrenzung der AfD. Zugleich ist sie dort von Anfang an besonders radikal aufgetreten und hat diesen Kurs innerhalb ihrer Organisation weiter vorangetrieben.

Solange die Parteien eine Zusammenarbeit mit der AfD geschlossen ablehnen, bleibt ihr Einfluss begrenzt. Dagegen würde eine Kooperation ihre Normalisierung maßgeblich vorantreiben – ein Prozess, der kaum umkehrbar und mit Blick auf ihre inhaltliche Ausrichtung noch dazu brandgefährlich ist.

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