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Klassenraum einer Schule, Blick durch das Fenster.

© imago/CHROMORANGE/IMAGO/Karl-Heinz Spremberg

KI in der Schule: Eine zweite Chance nach dem Digitalisierungsdesaster

ChatGPT? In der Schule vor allem zum Schummeln da, meinen manche. Doch weit gefehlt: Künstliche Intelligenz kann das Lernen revolutionieren. Wir sollten sie nutzen.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Künstliche Intelligenz – der Begriff erschreckt. Viele, wie es scheint. Und viele mehr, wenn die Debatte sich wie bisher weiterentwickelt. Das muss nicht sein. Nicht, wenn die Gesellschaft sich dem Neuen öffnet, die Politik besonders. Denn es geht nicht zuletzt darum, der Jugend die nötigen Tools für den Umgang mit der neuen Technik an die Hand zu geben. So schnell es geht.

KI, wie das Kürzel lautet, das in aller Munde ist, verbreitet sich in Windeseile in allen Arbeits- und Lebensbereichen. Auch in den Schulen kommt es an – nicht nur, weil es, auf dem Umweg über das generative Sprachmodell ChatGPT, wohl zum Betrug mehrerer Schüler beim Abitur in Hamburg beigetragen hat. Aber sind Fälle wie dieser ein Grund, KI zu verteufeln?

Die Vorbehalte sind, neben aller Faszination, groß. Unbekanntes scheint nicht zu locken, sondern zu drohen. Dabei ist es im vorliegenden Fall auch so: Schummeln mit GPT ist eigentlich eine konsequente Weiterentwicklung der Schummel-Methoden, die seit Erfindung von Schulprüfungen existieren.

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Entsprechend unaufgeregt hat der Hamburger Schulsenator reagiert. Und in Bayern müssen schon seit Längerem alle Smarttools bei Prüfungen angegeben werden. Vielleicht wäre die Reaktion, Künstliche Intelligenz jetzt in den Unterricht zu integrieren, denn genutzt wird sie von den Schülern und Schülerinnen eh.

Das Thema ist zu groß, um es zu ignorieren

Der Deutsche Lehrerverband hat da sehr vernünftig reagiert: Er spricht sich für einen offenen Umgang mit KI-Textgeneratoren wie ChatGPT in den Schulen aus. Und warum? Aus der Erkenntnis heraus, dass es generell Aufgabe, ja Verpflichtung von Schulen ist, junge Menschen auf die Lebenswirklichkeit vorzubereiten. Die wird von KI ganz gewiss mitbestimmt werden.

Das Thema ist schlicht zu groß, wird noch größer werden, um es ignorieren zu können. Also sollte auch der Umgang damit gelehrt werden. KI-Programme und ihre Ergebnisse angemessen nutzen und prüfen zu können, gehört dann zu den nötigen Fertigkeiten.

Verbote werden nichts nützen, Regulierungen nur im Sinne von sinnreicher Steuerung. Neue Technologie ist nicht aus sich heraus schlecht, der Umgang damit kann es sein. Vor allem, wenn er ein nur abwehrender wäre.

Der Umgang mit dem Internet zeigt es. Es war zu lange Neuland, wie die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel einmal gesagt hat. Heute ist es nicht mehr wegzudenken; und es hat unser alle Denken beeinflusst.

Die Möglichkeiten, sich Wissen anzueignen und es anzuwenden, werden mit KI-Anwendungen dramatisch erweitert. Werden nun die Möglichkeiten in den Unterricht integriert, gilt: Je besser, desto besser können Lehrkräfte am Ende auch unterscheiden, wer die Leistung erbracht hat, Schüler oder Maschine. Die Aufgabe der Lehrer:innen wandelt sich damit. Sie sind wie Piloten auf dem gemeinsamen Flug in die nächste Dimension.

Schulbücher, Arbeitsblätter, KI, alles wird zusammenwirken. Digitale Medien können, wie jüngste Studien zeigen, Brücken schlagen: zu anderen Ländern, Institutionen, sozialen Klassen. Die Aufgaben für die Schüler können vielfältiger werden, spannender und individueller. Manche werden sagen: endlich.

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KI ist nämlich nicht theoretisch, sondern von praktischem Wert. Zum Beispiel können Tausende Prüfungsdaten KI-Instrumenten helfen, zu ermitteln, welche Schüler wie und warum erfolgreich sind. Die KI arbeitet dann Muster heraus, stellt fest, was einen guten von einem schlechten Lösungsweg unterscheidet.

Übungen und Prüfungen, auf jeden Schüler zugeschnitten

Aus alledem lässt sich ableiten, welche Lernenden zum Ziel kommen und welche Unterstützung benötigen, in welcher Form. Und wer wollte nicht Lernschwächen beheben?

Insofern ist es nur zu begrüßen, dass immerhin acht Schulminister noch vor der Sommerpause damit beginnen wollen, eine KI-gestützte „Lernwolke“ bereitzustellen. Erst allgemeine Leistungstests, danach auf die Einzelnen zugeschnittene Aufgaben – erste Versuche in der Praxis waren sehr ermutigend: Langsamere Schüler konnten ihre Lernergebnisse deutlich verbessern. Auch Schüler mit hoher Leistung steigerten sich noch einmal erheblich.

Eine Software, die dem Schüler je nach Wissensstand Übungen bereitstellt, ist zwar bei der Sprachschulung nicht ganz neu, aber wenn man ein System trainieren kann, aus der Schülerleistung das benötigte Aufgabenlevel abzuleiten – es wäre fahrlässig, das nicht zu tun.

Das Ziel der „Lernwolke“: „Jeder Schülerin und jedem Schüler individuell das Beste anzubieten“, wie es Bildungsminister Steffen Freiberg aus Brandenburg sagt. Wenn es doch nur dazu käme.

Eine weitere Herausforderung im Umgang mit KI in den Schulen wird eine für die menschliche Intelligenz sein: Was tun wir an den Schulen mit der so neu zu gewinnenden Zeit? Wie werden Schulstunden künftig am besten aufgebaut?

Bei der ersten Welle des Digitalen haben sich die Schulen verspätet, die Schüler brachten sich Digitalkompetenz selber bei. Das muss bei der KI anders werden. Bildungsminister aller Länder, übernehmen Sie!

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