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Liz Danvers (Jodie Foster) und Evangeline Navarro (Kali Reis) ermitteln in einem mysteriösen Mordfall, der in ihre gemeinsame Vergangenheit zurückreicht.

© HBO

„True Detective“ mit Jodie Foster : Der Tod lauert im ewigen Eis

Die lang erwartete vierte Staffel von „True Detective“ hält sich an die bewährte Formel aus Crime und Mystery, stellt das Konzept aber auf den Kopf. Das hat nicht zuletzt mit Jodie Foster zu tun.

Von Andreas Busche

Die zwei Monate anhaltenden Nächte am nördlichen Polarkreis bieten ein gutes Versteck für Vampire, Serienmörder und die Seelen der indigenen Bewohner, die im ewigen Eis hausen. Wenn die Nacht über Alaska hereinbricht, fällt das fiktive Örtchen Ennis in einen Winterschlaf; und für die Polizeichefin Liz Danvers (Jodie Foster) beginnt die ruhigste und längste Schicht des Jahres.

Das Eis bringt den Tod, aber es konserviert auch alles Organische; möglicherweise liegt unter dem Permafrost sogar der Schlüssel zum Ursprung allen Lebens verborgen. Daran forscht in der arktischen Tsalal Station eine Gruppe von acht Wissenschaftlern, die kurz vor dem Sonnenuntergang spurlos verschwinden. Der einzige Hinweis auf ein Verbrechen, den Danvers und ihr junger Deputy Peter Prior (Finn Bennett) am Ort des Geschehens finden, ist eine menschliche Zunge, die mit einem Cold Case in Verbindung steht.  

Die Regel, dass man Rezepte, die funktionieren, am besten nicht verändern sollte, traf eine Weile auch auf die HBO-Anthologieserie „True Detective“ zu. Showrunner Nic Pizzolatto hatte mit der ersten Staffel eine Formel gefunden – etwas Crime, etwas Mystery, ein wenig Buddy-Movie mit zeitlichen Verschachtelungen –, die so überzeugend war, dass nach dem Dreamteam Matthew McConaughey und Woody Harrelson die Stars fast hinter das Konzept zurücktraten.

Serienfernsehen ohne brütende Männer

Fünf Jahre liegt die letzte Staffel inzwischen zurück, die den bisherigen Höhepunkt darstellte – allerdings auch langsam die Grenzen des Erzählprinzips von „True Detective“ aufzeigte. Die vierte Staffel ist nun die erste ohne Pizzolatto, ein überfälliger Schritt, denn das Serienfernsehen ist heute weiter, als brütenden Männern auf langen Autofahrten beim Philosophieren zuzusehen.

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In „True Detective: Night Country“ ist der Star erstmals größer als das Konzept. Jodie Foster – in ihrer ersten Fernsehrolle seit vierzig Jahren – hat mit der ehemaligen Profiboxerin Kali Reis allerdings eine ebenbürtige Partnerin an ihrer Seite, die in ihrer zweiten großen Rolle überhaupt eine natürliche Autorität ausstrahlt.

Sie spielt State Trooper Evangeline Navarro, eine Polizistin mit Iñupiat-Stammbaum, die eine komplizierte Vergangenheit mit ihrer ehemaligen Partnerin Danvers teilt. Die abgeschnittene Zunge führt die gegensätzlichen Ermittlerinnen wieder zusammen. Sie gehörte einer jungen indigenen Umweltaktivistin, die Jahre zuvor auf grausame Weise ermordet worden war.

Als in der fortschreitenden Nacht die Leichen von sieben der acht Wissenschaftler – nackt, arrangiert zu einer Eisskulptur mit herausgerissenen Augäpfeln und panischen Gesichtern – auf einem zugefrorenen See gefunden werden, ziehen die Ermittlungen plötzlich weite Kreise. Danvers’ Vorgesetzter Corsaro (Christopher Eccleston) schaltet sich aus Anchorage ein.

Die Lösung dieses Rätsels liegt irgendwo in den Tiefen des Night Country verborgen, dessen Geheimnisse von den Geistern der eingeborenen Bevölkerung gehütet werden; vielleicht aber auch nur von dem skrupellosen Minenkonzern Silver Sky Mining, der das Trinkwasser der Bewohner von Ennis verseucht.

Liz Danvers ist Jodie Fosters erste Fernsehrolle seit fast vierzig Jahren.
Liz Danvers ist Jodie Fosters erste Fernsehrolle seit fast vierzig Jahren.

© Die Verwendung ist nur bei redaktioneller Berichterstattung im Rahmen einer Programmankündigung ab 2 Monate vor der ersten Ausstrahlung bis 1 Monat nach der letzten Ausstrahlung und während des Ausstrahlungszeitraums im Zusammenhang mit dieser Sendung und Nennung des Copyrights gestattet. Folgende Ausnahme gilt bei Select-Titeln: Bewerbung des Films 1 Monat vor Ausstrahlung und 1 Monat nach der letzten Ausstrahlung.Ferner muss auf die Gebührenfolge hingewiesen werden. In bzw. an jedes Filmbild muss daher ein konkreter Filmhinweis integriert werden. Mindestens Filmtitel, Ausstrahlungsmonat und Sender sollten im bzw. am Bild genannt werden. Bilder dürfen nicht in Collagen eingebaut und nicht beschnitten werden. Die Archivierung und Weitergabe an Dritte ist nicht gestattet. Spätere Veröffentlichungen sind nur nach Rücksprache und ausdrücklicher Genehmigung möglich. Der Lizenzgeber behält sich das Recht vor, alle Marketingaktivitäten zur Freigabe vorgelegt zu bekommen./Home Box Office

Die neue Showrunnerin Issa López, die zudem das Drehbuch geschrieben und bei allen sechs Folgen Regie geführt hat, verleiht dem abgehangenen Konzept eine neue Sensibilität. Sie selbst hat ihr Skript als Gegenentwurf zur schwülen ersten Staffel von Pizzolatto beschrieben: Alaska statt Louisiana, zwei wortkarge Ermittlerinnen anstelle grübelnder Männer. Billie Eilishs Gothstep-Hit „Bury a Friend“ setzt in der frostigen Titelsequenz schon mal den Ton. 

Das Übersinnliche ist keine Folklore

Die mexikanische Horror-Spezialistin legt einen anderen Fokus auf die vertrauten Serienmotive: nicht alles in Alaska lässt sich mit forensischen Methoden erklären. Aber das Übersinnliche ist in „Night Country“, anders als bei Pizzolatto, keine Genre-Folklore, sondern tief verankert in der lokalen Kultur und der verwundbaren indigenen Community.

Liz Danvers Stieftochter Leah (Isabella Star LeBlanc) schließt sich den Streiks gegen die Minengesellschaft an.
Liz Danvers Stieftochter Leah (Isabella Star LeBlanc) schließt sich den Streiks gegen die Minengesellschaft an.

© Die Verwendung ist nur bei redaktioneller Berichterstattung im Rahmen einer Programmankündigung ab 2 Monate vor der ersten Ausstrahlung bis 1 Monat nach der letzten Ausstrahlung und während des Ausstrahlungszeitraums im Zusammenhang mit dieser Sendung und Nennung des Copyrights gestattet. Folgende Ausnahme gilt bei Select-Titeln: Bewerbung des Films 1 Monat vor Ausstrahlung und 1 Monat nach der letzten Ausstrahlung.Ferner muss auf die Gebührenfolge hingewiesen werden. In bzw. an jedes Filmbild muss daher ein konkreter Filmhinweis integriert werden. Mindestens Filmtitel, Ausstrahlungsmonat und Sender sollten im bzw. am Bild genannt werden. Bilder dürfen nicht in Collagen eingebaut und nicht beschnitten werden. Die Archivierung und Weitergabe an Dritte ist nicht gestattet. Spätere Veröffentlichungen sind nur nach Rücksprache und ausdrücklicher Genehmigung möglich. Der Lizenzgeber behält sich das Recht vor, alle Marketingaktivitäten zur Freigabe vorgelegt zu bekommen./Home Box Office

Zudem geben Foster und Reis ein grandioses odd couple ab. Die sozial unverträgliche Danvers flucht, beleidigt ihre Partnerin wider Willen rassistisch und vögelt mit Corsaro, dem sie ihren Posten am Ende der Zivilisation zu verdanken hat. Navarro ist impulsiv und operiert auch mal am Rande der Legalität. Sie versteht sich vor allem als Ordnungshüterin für ihre Leute, die von ihrem angestammten Land verdrängt wurden – und nun als Putzkräfte arbeiten müssen.

Trotz dieser offensichtlichen talking points (Rassismus, Sexismus, Umweltverschmutzung) offenbart sich aber auch ein tieferer Familiensinn in dieser vierten Staffel, der weit über den Krimi-Plot hinausgeht. Sie verleihen den Verstrickungen der Figuren in die Mordfälle eine Tragik. Danvers’ hat keinen Draht zu ihrer indigenen Stieftochter Leah (Isabella Star LeBlanc), Peter Prior kann es seinem Vater (John Hawkes ), einem korrupten Cop, nicht recht machen. Und Navarros jüngere Schwester (Aka Niviâna), die unter Depressionen leidet, zieht es immer wieder hinaus aufs Eis, wo die Seelen ihrer Vorfahren ruhen.

Der wahre Schrecken in „True Detective: Night Country“ liegt weniger im Unheimlichen, das die Bilder von Kameramann Florian Hoffmeister („Tár”) imprägniert. Die Geister mögen rachsüchtig sein. Aber ihr Einfluss reicht auch weiter als der Arm des Gesetzes.

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