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Screenshot des Videos von „Zunge“.

© Till Lindemann/Youtube

Neuer Song „Zunge“ von Till Lindemann: Rock-Mittelmaß plus Ekel-Video

In seiner neuen Solo-Single singt Rammstein-Sänger Till Lindemann über ein gebrochenes Herz und seine Zunge, die sagt, was sie will.

Eine Kolumne von Nadine Lange

Verhalten dräuend geht es los, ein Klavier wiederholt vier Töne, Till Lindemann sprechsingt die erste Strophe: „Da ist ein Loch in dem Gesicht/ Das ist der Mund, mit dem man spricht/ Aus den Gedanken fällt ein Wort/ Die Zunge sorgt für Worttransport“. Nach etwas mehr als einer Minute brechen die verzerrten E-Gitarren und das Schlagzeug herein und der Refrain beginnt. Alles in mittlerem Tempo, Rock-Standardware.

Hieße der Sänger nicht Till Lindemann, hätte dieses am Freitag veröffentlichte Stück mittelmäßiger Musik keine größere Aufmerksamkeit verdient, doch nach den Ereignissen der vergangenen Monate kommt man um „Zunge“ nicht herum. Die Einstellung der staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen den Rammstein-Sänger spielen ihm als unfreiwillige Gratis-PR in die Hände. Lindemann geht einfach zur Tagesordnung über, im November startet er in eine Solo-Tour. Wahrscheinlich bringt er vorher noch ein Album heraus, dessen erster Vorbote der neue Song sein dürfte.

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Anders als bei seinen ersten beiden Solo-Werken, die nur unter seinem Nachnamen erschienen, benutzt Till Lindemann nun seinen vollen Namen. Zudem ist er ohne seinen bisherigen musikalischen Partner, den Schweden Peter Tägtgren unterwegs. Lindemann pur. Das gilt auch für das ab 18 freigegebene Ekel-Video, bei dem sich der Sänger zu Beginn den Mund zunähen lässt. Neben dem üblichen Blut,- und Feuerbrimborium ist das immerhin neu in seinem Repertoire der provokant-drastischen Bildproduktion.

Die Symbolik scheint zunächst im Widerspruch zum Refrainbeginn zu stehen, in dem es heißt: „Meine Zunge hat keinen Knochen Und so sag‘ ich, was ich will“. Allerdings variiert Lindemann die Stelle im Songfinale und vermittelt ein qualvolles Bild: „Meine Zunge ist gefangen/ Und sie kann sich nicht befrei’n/ Deine Zähne weiße Zangen/ Kann nicht singen/ Nicht mal schrei’n“. Ein Zungenkuss, der in Aggression umgeschlagen ist? Vielleicht. Es erinnert jedenfalls an die für Lindemann typische Sado-Maso-Symbolik. Im Video beißt er allerdings einer jungen Frau einen Finger ab. Glas und ein Herz werden ebenfalls noch verspeist.

Für die Frauen, die teils schwere Vorwürfe der sexualisierten Gewalt gegen den Sänger erhoben haben, dürfte das Video nur schwer zu ertragen sein. Für die Fans, die schon diverse Großarenen ausverkauft haben, ist es hingegen genau die düstere Ware, nach der sie dürsten. Wenn bald weitere Songs folgen, wird der Skandal der letzten Monate weiter übertönt werden. Lindemann wird den Sturm überstanden haben – doch viele Menschen werden die Aussagen der Frauen nicht vergessen.

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