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Person using cell phone

© Getty Images/We Are

Kunststudierende: Zwischen Memes und Selbstvermarktung

Die (Selbst-)Darstellung der Kunststudentin und des Kunststudenten auf Social Media reicht vom Reiche-Eltern-Klischee bis hin zur Alltagskunst via Insta-Reels.

Ein Kommentar von Teresa Rübel

Die Kunststudentin ist Gegenstand von Memes. Auf Instagram-Accounts wie aschenbecherverschmauser oder yhh_forever trinkt sie Club-Mate, raucht Pueblo Drehtabak und treibt die Mieten in die Höhe. Die Typologie ist inzwischen so berühmt, dass sogar die Sprachlern-App Duolingo den Typus der Kunststudentin für ihre Werbekampagne nutzt: das Maskottchen, verkleidet als UdK-Studentin, sagt: „Wäre Duolingo nicht kostenlos, würde Papa das auch bezahlen.“

Andere Accounts werden offenbar selbstironisch von Kunststudis betrieben und ziehen die ganze Szene durch den Kakao, mit dafür umso präziseren Seitenhieben: klasse_nordbrand auf Instagram porträtiert einen verlegenen Kunststudenten, der ins Handy sagt: „ja sorry ich hab omas geburtstag vergessen ich ruf eig auch nur an um zu fragen ob ich papa und deine rimowakoffer für eine kunstinstallation benutzen darf“. Die peinliche Kunststudentin gibt’s selbstverständlich auch in männlich.

Paulus’ Alltagsinstallationen

Es gibt aber auch jene, die sich ganz offen unter Klarnamen im Netz als Kunststudent:innen darstellen. Paulus Goerden etwa wurde auf Instagram und Tiktok bekannt, indem er interessant angeordnete Alltagsobjekte als sogenannte „Alltagsinstallationen“ auf Social Media zeigt, und sich zu Anfang jedes TikToks oder Insta-Reels als „Paulus von der Kunstakademie Düsseldorf“ vorstellt.

Eine Alltagsinstallation kann beispielsweise aus im Wind flatterndem Absperrband, einem schwarzen Müllsack und Europaletten bestehen: „Stellvertretend für den Herbst und die dunklen Monate in der Großstadt legt sich die Plane wie eine dunkle Wolke auf die Alltagsinstallation.“

Zum Anblick eines Ensembles aus Plastikeimern, Schranktüren und Brettern hören wir Paulus’ Stimme aus dem Off: „Welches Kunstwerk kann ästhetischer und wahrer sein als die Komposition, die sich durch jemanden ergibt, der nicht an eine künstlerische Aktivität gedacht hat; was kann stärker sein in der Betrachtung, wenn das Werk nicht vorgeschrieben wurde, sondern in der Schönheit des Alltäglichen liegt?“

Mit seinen Videos memefizierte sich Paulus selbst und trug vielleicht sogar zum kommerziellen Erfolg seiner „richtigen“ Kunst bei: In der Galerie Alex Serra durfte er diesen Sommer bereits eine Soloschau zeigen.

Ob er als leicht phlegmatischer, träumerischer und sympathischer Kunststudent lediglich eine Rolle spielt, bleibt offen. Denn eines hat er verstanden: Der phlegmatische, träumerische und sympathische Kunststudent ist besser vermarktbar als der, der die Rimowakoffer der reichen Eltern für seine Installation verwendet.

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