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Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) warnt vor einem vorzeitigen Nein bei der Erhöhung des Rundfunkbeitrags.

© dpa/Hannes Albert

Update

Erhöhung des Rundfunkbeitrags: Roth warnt Länderchefs vor Populismus

Bayerns Medienminister will die Zahl der Sender verringern. Ein CDU-Papier fordert weitreichende Reformen.

Politikerinnen und Politiker verschiedener Parteien haben sich zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks positioniert. Überraschend sind dabei die Einlassungen von Kulturstaatsministerin Claudia Roth, in deren Kompetenzbereich nur die Deutsche Welle fällt, nicht aber die öffentlich-rechtlichen Anstalten ARD, ZDF und Deutschlandradio.

Warnung vor Populismus

Jedenfalls hat Roth am Montag das vorzeitige Nein mehrerer Ministerpräsidenten von Union und SPD gegen eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags für ARD, ZDF und Deutschlandradio kritisiert. Die Grünen-Politikerin sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Ich warne davor, einer populistischen Haltung gegenüber den Öffentlich-Rechtlichen Nahrung zu geben. Das wäre nur Wasser auf die Mühlen der AfD, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk permanent attackiert und infrage stellt.“ Gerade in diesen Zeiten bräuchte es eine Stärkung und keine Schwächung der Medien, und dazu gehöre Vertrauen in die Medienlandschaft und in die Öffentlich-Rechtlichen.

Vor kurzem war bekanntgeworden, dass der Rundfunkbeitrag ab 2025 vorläufigen Berechnungen von unabhängigen Finanzexperten zufolge von monatlich 18,36 Euro auf 18,94 Euro steigen sollte. Die zuständige Kommission KEF will Anfang 2024 eine Empfehlung an die Bundesländer abgeben, die endgültig entscheiden. Sie müssen sich allerdings eng an der KEF orientieren.

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Wenn sich die Länder gegen ein Plus stemmen sollten, ist damit zu rechnen, dass der Streit vor dem Bundesverfassungsgericht landet. Mehrere Länderchefs haben schon vor Ablauf der Berechnungszeit klargemacht, dass sie gegen eine Erhöhung sein werden. Darunter sind zum Beispiel die Länder Bayern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt.

Die KEF sei eine wichtige unabhängige Institution und das Verfahren zur Beitragsermittlung sei verfassungskonform. In Richtung Union-Länderchefs sagte die Grünen-Politikerin: „Ich wundere mich ein bisschen, dass - wenn ich mir mal die Union angucke - man sich einerseits und völlig zu Recht sehr auf das Bundesverfassungsgericht bezieht, wenn es um das Urteil zum Haushalt geht.“ Sie frage sich aber, warum dann in einer anderen Frage, schon bevor die KEF ihre Vorschläge gemacht habe, erklärt werde: „Wir machen da sowieso nicht mit.“

Weniger ARD-Anstalten

Der bayerische Medienminister und Staatskanzleichef Florian Herrmann hat sich dafür ausgesprochen, die Zahl der ARD-Länderanstalten zu verringern. „Ich stelle mir durchaus die Frage, ob man wirklich alle aktuellen Rundfunkanstalten braucht“, sagte der CSU-Politiker in einem Interview der „Mediengruppe Bayern“. Bislang umfasst der Senderverbund neun Landesrundfunkanstalten.

Ich stelle mir durchaus die Frage, ob man wirklich alle aktuellen Rundfunkanstalten braucht

Bayerns Medienminister Florian Herrmann

„Es gibt ja zwei sehr kleine Sender, Radio Bremen und den Saarländischen Rundfunk.“ Herrmann sagte: „Ich fordere eine strukturelle Reform der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, die wirklich einschneidend ist und die auch weh tut.“ Es gehe um eine grundsätzliche Veränderung: „Ich weiß, dass es Widerstände geben wird. Aber es hilft nichts.“

Herrmann betonte: „Ich erwarte deshalb, dass die Sender stärker darüber nachdenken, wo und wie sie Kosten senken können - und zwar nicht, indem sie weniger Leistung bei Vielfalt und Qualität erbringen, sondern wirklich in Form struktureller Reformen.“

CDU will weitreichend Reformen

Die CDU will sich ebenso für weitreichende Reformen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk einsetzen. Aufgaben, Strukturen und Kosten müssten auf den Prüfstand gestellt, Defizite bei Qualität, Ausgewogenheit und Meinungsvielfalt behoben werden, heißt es in einem Papier einer CDU-Kommission.

Gebraucht werde nach der Leitlinie „weniger vom Gleichen“ eine Pflicht zur Zusammenarbeit, heißt es in der Vorlage, die in der CDU-Klausur Anfang Januar diskutiert werden soll. Doppelübertragungen durch ARD und ZDF müssten ausgeschlossen werden. Außer bei bestimmten Veranstaltungen wie Olympischen Spielen oder Fußball-WM-Spielen der deutschen Elf sollten Übertragungen in voller Länge dem freien Markt überlassen werden. Gesellschaftliche Ereignisse wie Königshochzeiten sollten nur dann von öffentlich-rechtlichen Sendern live übertragen werden, wenn private es nicht frei empfangbar in ausreichendem Umfang tun.

Weiters heißt im Entwurfspapier, Defizite bei Qualität, Ausgewogenheit und Meinungsvielfalt müssten behoben werden. Arte und 3sat sollten einen neuen europäischen Kultur- und Wissenskanal bilden, ZDFneo und ARD One sich zu einem fiktionalen Newcomer-Programm weiterentwickeln.

Die Kommission unter Leitung von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) kommt natürlich auch nicht an der Finanzierungsfrage vorbei. „Eine Anhebung der Beiträge kommt nur in Betracht, wenn und soweit es nach den Feststellungen der KEF und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Austauschentwicklung zur Erfüllung seines gesetzlichen Auftrags erforderlich ist.“ Die Auswirkungen auf die Akzeptanz des beitragsfinanzierten Rundfunks insgesamt müssten von allen Beteiligten im Blick der Anstalten behalten werden. Haseloff hat sich bislang mit einem strikten Nein zur Beitragserhöhung hervorgetan. Das Entwurfspapier spricht mehr von einem Ja, aber.

Sender wollen selbst die Reform

Reiner Haseloff sagte beim Pressegespräch, „der Ruf nach Reformen kommt aus dem System selbst“. Nach aktueller Lage sind quer durch die parteipolitischen Lager sechs der 16 Ministerpräsidenten gegen eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags von 2025 an. Verlangt wird aber ein einheitliches Votum. Haseloff nannte keinen Weg, wie nach dem KEF-Vorschlag Einigkeit in der Ministerpräsidentenrunde hergestellt werden kann.

„Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist in einer Krise. Die Nutzer wenden sich ab“, sagte die Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann, die das Papier zusammen mit ihrer MdB-Kollegin Christiane Schenderlein das Papier verfasst hat. Und nur das Papier der CDU-Kommission kann ARD, ZDF und Deutschlandradio aus der Krise herausführen, so der vermittelte Eindruck am Montag in Berlin.

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