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Sandra Hüller, Wim Wenders und Ilker Çatak sind für die Oscar-Gala am 10. März nominiert.

© imago/UPI Photo/IMAGO/JIM RUYMEN / Bearbeitung Tagesspiegel

Drei deutsche Oscar-Hoffnungen : Ist der deutsche Film wieder top?

Mit Sandra Hüller, Wim Wenders und Ilker Çatak sind drei Deutsche für die Oscar-Verleihung am 10. März nominiert. Was verrät das über das deutsche Kino? Das sagen unsere Experten.

Ein ungewohntes Gefühl im deutschen Film. Erst im vergangenen Jahr gewann „Im Westen nichts Neues“ vier Oscars. Mit Sandra Hüller, Wim Wenders und Ilker Çatak sind in diesem Jahr sogar gleich drei Deutsche in wichtigen Oscar-Kategorien nominiert.

Zwar konkurriert Sandra Hüller in einem französischen Film um den Darstellerinnen-Oscar, und Wim Wenders geht mit „Perfect Days“ für Japan ins Rennen. Aber der deutsche Film darf auf diese Nominierungen auch ein bisschen stolz sein. Nur was sagen sie über den Zustand des deutschen Kinos aus? Alle Folgen unserer Serie „3 auf 1“ finden Sie hier.

Gleich zwei deutsche Kandidaten für den Auslands-Oscar

„Der deutsche Film kann gar nicht besser sein“: Der berühmte doppeldeutige Buchtitel ist über 60 Jahre alt. Ein bisschen ist es immer noch so wie im Pamphlet von Joe Hembus, das dem Neuen Deutschen Film vorausging. Mit der Unabhängigkeit der Produzenten hapert es bis heute, und vor lauter Fördergestrüpp grenzt es an Wunder, wenn ein Film mal so richtig abhebt. Umso großartiger, wenn Wim Wenders (einer der damaligen Neu-Filmer) von einer Japanreise ein Meisterwerk mitbringt.

Wenders, Herzog, von Trotta, Schlöndorff – sie hatten den deutschen Film wieder auf die Weltkinokarte katapultiert. Noch toller, dass Wenders‘ „Perfect Days“ beim Auslands-Oscar mit dem Überraschungserfolg des gebürtigen Berliners Ilker Çatak konkurriert. „Das Lehrerzimmer“ zeigt den Mikrokosmos Schule als Psychogramm einer sich über Ausgrenzung definierenden Gesellschaft. Hochaktuell. Weltpremiere war 2023 auf der Berlinale, nein, nicht im Wettbewerb. Da waren bei den deutschen Filmen welche dabei, die hätten besser sein können.


Oscar-Anerkennung hilft dem deutschen Film

Wie der Erfolg von „Im Westen nichts Neues“ im letzten Jahr zeigen nun auch die drei Oscar-Nominierungen, dass deutsche Filme auf Weltniveau entwickelt und produziert werden. Das ist ein Hoffnungsschimmer für die durch Kürzungen der Filmförderung sowie finanzielle Zurückhaltung von Sendern und Streamern gebeutelte deutsche Filmbranche. Erzählungen und Stoffe aus Deutschland, einschließlich exzellenter schauspielerischer Leistungen, sind attraktiv. Kurz vor der Berlinale ist die deutsche Produktionswirtschaft motiviert wie nie, Geschichten aus und über Deutschland in die Welt zu tragen.

Dafür ist eine wettbewerbsfähige Filmförderung nötig, wie sie unsere europäischen Nachbarn bereits haben. Deutschland braucht das Steueranreizmodell. Die Verpflichtung für Streamer, in deutsche und europäische Stoffe zu investieren, schafft kulturelle Vielfalt auch jenseits der US-Stangenware. Die drei deutschen Nominierungen verleihen unserem Ziel Rückenwind, wieder mehr als 35 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer für deutsche Kinofilme begeistern zu können.


Sandra Hüller ist eine Ausnahmekünstlerin im deutschen Kino

Es ist noch ein weiter Weg bis zum Jubelschrei: „Wir sind Oscar!“ Doch auch wenn Wim Wenders mit „Perfect Days“ für Japan ins Rennen geht und Sandra Hüller für die französische Produktion „Anatomie eines Falls“ nominiert ist, bedeuten die drei Oscar-Nominierungen ein Ego-Boost für den deutschen Film. Sandra Hüller hatte schon in „Toni Erdmann“ bewiesen, dass sie einen Film ganz allein tragen kann – und das mit einer schonungslosen Offenheit, die sich nur wenige Kolleginnen (und Kollegen!) trauen. Sie ist eine Ausnahmekünstlerin über das deutsche Kino hinaus.

Dass sie jetzt mit Carey Mulligan und Emma Stone um den Oscar konkurriert, ist auch eine Auszeichnung für Hans-Christian Schmid, Jan Schomburg und natürlich Maren Ade, die Hüllers Qualitäten früh erkannten. Auch „Das Lehrerzimmer“ ist, in einer anderen Größenordnung als „Im Westen nichts Neues“ freilich, ein schönes Mittel gegen den Minderwertigkeitskomplex des deutschen Kinos. Nur wenige Verleiher hatten seiner Geschichte anfangs internationales Potenzial bescheinigt. Ilker Çatak zeigt nun, dass auch kleine Filme Großes leisten können.

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