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Blick in die Sammlung des Düsseldorfer Kunstpalastes.

© Anne Orthen

Der neue Museumsmix im Düsseldorfer Kunstpalast: Madonna trifft Buddha

Drei Jahre war das Museum wegen Sanierung geschlossen, jetzt präsentiert es sich mit einer spannenden Mischung aus High und Low.

Erstaunlich einvernehmlich stehen sie nebeneinander auf ihren Sockeln: eine mittelalterliche Madonna und diverse Buddha-Figuren aus der gleichen Zeit. Obwohl die Regionen, aus denen sie stammen, himmelweit auseinanderliegen, passen sie überraschend gut zusammen. So hat man das noch nicht gesehen. Götter und Heilige der verschiedenen Sphären scheinen sich im Düsseldorfer Kunstpalast recht gut zu verstehen. Sie vermitteln eine ähnliche Gelassenheit und hoheitliche Stimmung.

Bereits der Auftakt des nach drei Jahren Sanierung wiedereröffneten Museums liefert den ersten Aha-Moment überraschender Gegenüberstellungen. Genauso soll es weitergehen, denn das sechs Sammlungen vereinigende Ausstellungshaus will das Zeigen von Kunst neu denken.

Dem chronologischen Gang durch die Jahrhunderte bleibt es treu. Dazu kombiniert es nicht nur Artefakte unterschiedlicher Kulturräume, sondern auch Gattungen: Malerei trifft auf Kunstgewerbe, High auf Low, gestrenge Düsseldorfer Malerschule auf Digitales für Kinder.

Ansicht der Via di Ripetta in Rom von Bernardo (Canaletto) Bellotto, 1742-44.

© Kunstpalast – Inken M. Holubec, Restaurierungszentrum Landeshauptstadt Düsseldorf – ARTOTHEK

Direktor Felix Krämer ist die Quadratur des Kreises gelungen: die anspruchsvolle Programmatik einer Museumspräsentation sowohl zugänglich als auch unterhaltsam zu vermitteln. Das Art-déco-Gebäudeensemble direkt am Rhein von Wilhelm Kreis – 1926 für die „Ausstellung für Gesundheitspflege, soziale Fürsorge und Leibesübungen“ errichtet– erwacht abermals zu neuem Leben.

In den letzten Jahren hatte sich alle Aufmerksamkeit auf die Wechselausstellungen in dem 2001 von Oswald Maria Ungers hinzugefügten Anbau auf der gegenüberliegenden Seite des Ehrenhofs gerichtet, die Sammlungsbestände in den muffig gewordenen historischen Sälen fielen dagegen ab. Die nun vom Düsseldorfer Architekturbüro Sieber verpasste Frischekur für 50 Millionen Euro ändert dies radikal.

Von außen hat sich nicht viel verändert. Die augenfälligste Novität im Inneren neben dem kräftig farbigen Wandanstrich, der verborgenen Technik, dem einheitlichen Bodenbelag stellt die weit geschwungene Treppe dar, welche die beiden Ausstellungsgeschosse verbindet. Neu ist auch das im historischen Durchgang eingerichtete Café mit einem darüber- gelegenen Belvedere, das einen sensationellen Blick über den gesamten Ehrenhof bis zur Tonhalle freigibt.

Das Entree für beide Flügel wurde in den Quadratbau von Ungers verlegt. Von dort führt der Parcours über einen neu erschlossenen Übergang zum Komplex von Wilhelm Kreis. Den Besucher zieht es nach der Ouvertüre mit Muttergottes- und Buddha-Figuren weiter durch die insgesamt 49 Räume – gespannt auf nächste überraschende Konstellationen, die sich aus der 130.000 Objekten umfassenden Sammlung zusammengefunden haben.

Da fügt sich zum Barock-Drama „Samsons Gefangennahme“ eine Ritterrüstung, die auch auf dem Gemälde von Jodocus van Winghe vorkommt. Max Liebermanns „Kartoffelernte“ ergänzt ein aus blau gefärbten Stoffresten gefertigter Kimono, der den Kitteln der Erntehelferinnen stark ähnelt.

Altartafel mit Muttergottes und Heiligen von Giovanni Bellini (um 1432/33-1516) und der Werkstatt Pala Priuli (1505-1510).

© Kunstpalast – ARTOTHEK

Insgesamt 800 Exponate sind zu sehen, jedoch nicht unbedingt dauerhaft wie in anderen Museen. Vor allem die Grafik und Fotografie wird alle sechs Monate aus konservatorischen Gründen wechseln, um die Bestandsausstellung interessant zu halten. Die Neugier bleibt geweckt, denn Direktor Krämer hat mit den beiden Kuratorinnen Felicity Korn und Westrey Page beim Durchforsten des Depots zahlreiche Entdeckungen gemacht.

So stießen sie unerwartet auf eine Sammlung historischer Hauben und ein Rokoko-Kleid, das nicht einmal inventarisiert war. Die „Robe à la francaise“ bildet mit ihren reichen Vollants das Gegenstück zur Büste von Anna Maria de Medici, der Gattin von Kurfürst Jan Wellems, dessen Kollektion den Grundstock der Sammlung bildet.

Crocs mit Plateausohle von Balenciaga aus dem Jahr 2018.

© LVR-ZMB – Annette Hiller – ARTOTHEK

Als prominentestes Werk stammt daraus eine monumentale „Himmelfahrt Mariens“ von Peter Paul Rubens, der ein ähnlich großes „Erdtuch“ des ghanaischen Bildhauers El Anatsui aus Hunderten Kronkorken zugesellt ist.

Interessant wird es dort, wo sich das Museum offen Fragen stellt: Woher genau stammt das hölzerne Monumentaltor aus dem 15. Jahrhundert, das bisher in Kairo oder Damaskus verortet wurde? Wer baute es zusammen – und wofür? Untersuchungen brachten zutage, dass Teile aus amerikanischem Redwood bestehen, das erst ab 1920 nach Deutschland importiert wurde.

Mutig zeigt die Ausstellung Kunst der NS-Zeit, wie Fotografien von Leni Riefenstahl. Arno Brekers Skulptur „Aurora“ auf dem Dach des Gebäudes, die Vergangenheit des Ehrenhofs als Kulisse für Aufmärsche der SA zwingen zu einer Auseinandersetzung. Auch damit macht der Kunstpalast einen neuen Schritt, der vorbildlich für andere Häuser sein könnte.

Die Aufgeschlossenheit wird möglicherweise begünstigt durch die rheinische Mentalität, von der sich Besucher freitags und samstags ein lebhaftes Bild in der Creamcheese Bar machen können. Nach Ausstellungsende wird freitags und samstags in der rekonstruierten Kneipe, die bis 1976 nahe der Akademie als legendärer Künstlertreff existierte, Altbier zur Musik aus den 1960ern und 1970ern ausgeschenkt. Günther Uecker hatte sich durch Andy Warhols New Yorker Club „The Dom“ zu dem Gesamtkunstwerk inspirieren lassen.

Zusammen mit anderen Zero-Künstlern richtete er das Interieur mit Spiegelflächen und laufenden TV-Monitoren ein. Von Daniel Spoerri stammt ein „Fallenbild“ unter der Decke in Form kopfüber fixierter Reste eines Gelages, Gerhard Richter schuf ein Wandbild, Adolf Luther eine Lichtinstallation aus Neonröhren. Nur die Tanzfläche von damals fehlt. Aber das wäre vielleicht zu viel verlangt für ein Museum, das sich schon sehr stark bewegt hat.

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