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Besucher der Frankfurter Buchmesse blättern an einem Verlagsstand in Büchern.

© picture alliance/dpa

2800 Euro für Buch über völkischen Esoteriker: Wie die Bundesregierung mit Coronahilfen rechtsextreme Literaturprojekte unterstützte

Medienberichten zufolge soll der umstrittene „Forsite-Verlag“ gefördert worden sein. Die Gelder wurden vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels im Auftrag von der damaligen Kulturstaatsministerin Monika Grütters verteilt.

Die Bundesregierung hat einem Medienbericht zufolge im Rahmen des Corona-Hilfsprogramms „Neustart Kultur“ auch rechtsextreme Buchprojekte gefördert.

Wie der „Deutschlandfunk Kultur“ am Mittwoch berichtete, erhielten einzelne rechtsextreme Buchprojekte, darunter ein vom Bundesamt für Verfassungsschutz im Nachgang als „in Teilen extremistisch“ eingestuftes Buch, vierstellige Fördersummen.

So habe etwa der „Forsite-Verlag“ für ein Buch über den völkischen Esoteriker Herman Wirth aus der NS-Zeit mehr als 2800 Euro erhalten.

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Verantwortlich beim Verlag ist demnach der Herausgeber einer Zeitschrift, die vom nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz seit Jahren als rechtsextrem eingestuft werde. Zudem habe er für das ebenfalls als rechtsextrem bewertete Magazin „N. S. Heute“ geschrieben. 

Die Coronahilfen für Verlage wurden vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels im Auftrag der damaligen Kulturstaatsministerin Monika Grütters verteilt. Den Berichten zufolge konnte der Börsenverein die Gelder ohne inhaltliche Prüfung zuteilen.

Keine qualitative Prüfung: Wie kam es zu der Förderung?

Während der Coronapandemie wurden die Fördermittel dem „Deutschlandfunk“ zufolge von der Bundesregierung nicht direkt an die Empfänger gesandt, sondern an zwischengeschaltete Branchenverbände, Stiftungen und Vereine. Das habe zwar die Prozesse und somit die Abhilfe beschleunigt, andererseits bedeutete es für den Staat demnach einen Kontrollverlust.

Denn laut der Recherche des „Deutschlandfunks“ führte der für die Verlagswirtschaft zuständige Börsenverein des Deutschen Buchhandels keine qualitative Prüfung der Förderanträge durch.

Bei den Online-Anträge hätten Antragsstellende lediglich versichern müssen, mit dem staatlichen Geld „keine jugendgefährdenden, gewaltverherrlichenden, verfassungsfeindlichen oder strafbaren Inhalte“ zu produzieren. Nach Ansicht des Börsenvereins seien damit aber die von der damaligen Kulturstaatsministerin Grütters gestellten Vorgaben eingehalten worden.

Selbstverständlich werden wir die Mittel zurückfordern, wenn sich nachweislich nicht an die Regularien gehalten wurde.

Peter Kraus vom Cleff, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins

Der Börsenverein bestätigte dem Evangelische Pressedienst (EPD), dass die in der Recherche genannten Buchprojekte aus dem „Forsite-Verlag“ auf Basis der gestellten Anträge Fördergelder erhielten.

Da die Projekte noch nicht existierten, als die Gelder vergeben wurden, sei eine inhaltliche Prüfung nicht möglich gewesen. Deshalb hätten die Verlage bei Antragstellung selbst angeben müssen, dass ihr Buchprojekt keine jugendgefährdenden, gewaltverherrlichenden, verfassungsfeindlichen oder strafbaren Inhalte enthielt.

„Selbstverständlich werden wir die Mittel zurückfordern, wenn sich nachweislich nicht an die Regularien gehalten wurde“, sagte Peter Kraus vom Cleff, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins. Dies werde derzeit geprüft. 

Büro von Claudia Roth: Förderprogramm sollte „in der Breite“ wirken

Das Büro von Claudia Roth berichtete auf Anfrage des „Deutschlandfunk“, es sei darum gegangen, möglichst schnell und unbürokratisch zu helfen. Es sei „eine bewusste Entscheidung“ gewesen, mit dem „Programm in die Breite zu wirken“.

Claudia Roth, Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien.

© Thilo Rückeis TSP

Das Programm „Neustart Kultur“ sei „ein einzigartiges Projekt in einer Ausnahmesituation“ gewesen, erklärte eine Sprecherin dem EPD in Berlin. Mit dem Programm sei es gelungen, den Zusammenbruch der Buchbranche und aller anderen Kulturbranchen zu verhindern.

Man sei dabei, die Programme ausführlich zu evaluieren und zu prüfen, was man daraus allgemein für die Zukunft lernen könne.

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Auch das Kulturstaatsministerium bestätigte, dass eine Voraussetzung für eine Förderung eine Versicherung der entsprechenden Verlage war. „Wenn mit der Förderung Buchprojekte realisiert worden sein sollten, die gegen diese Grundsätze verstoßen, dann müssten die entsprechenden Fördergelder zurückgefordert werden.“ 

Verlage konnten Zuschüsse bis zu 10.000 Euro beantragen

Während der Corona-Pandemie konnten Verlage im Rahmen des milliardenschweren Programms „Neustart Kultur“ Druck- und Produktionskostenzuschüsse für eine Neuerscheinung in Höhe von bis zu 10.000 Euro beantragen.

Für Buchhandlungen standen zur Digitalisierung ihrer Vertriebswege Fördermittel von bis zu 7500 Euro pro Geschäft zur Verfügung.

Der datenjournalistischen Recherche des „Deutschlandfunks“ zufolge flossen insgesamt mindestens 93,7 Millionen Euro in den Bereich Literatur. (AFP, epd, Tsp)

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