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Papst Franziskus wird für den Frieden in der Welt beten.

© IMAGO/ABACAPRESS/Vandeville Eric/Bearbeitung Tagesspiegel

Urbi et Orbi: Wie politisch wird der Papst in seiner Ostermesse?

Experten sind überzeugt, dass der Frieden und die Überwindung von menschlichem Leid Franziskus ein Herzensanliegen sind. Seine Rolle ist die eines Mahners.

Von
  • Severina Elisabeth Bartonitschek
  • Iacopo Scaramuzzi
  • Ralph Rotte

Mit seinen letzten Äußerungen zu Russlands Angriffskrieg in der Ukraine und seine Aufforderung an die Ukraine, die weiße Fahne zu hissen und über einen Waffenstillstand zu verhandeln, bekam Papst Franziskus viel Kritik und Unverständnis zu spüren.

Drei Fachleute geben Antworten. Alle Folgen unserer Reihe „3 auf 1“ finden Sie hier.


Abrüstung, Friedenspolitik: Der Papst wird stur bleiben

Es mag banal klingen wie die Wünsche, die die Kandidatinnen bei Miss-Wahlen aufsagen: Frieden in der Welt. Doch für Papst Franziskus ist der Weltfrieden ein Hauptanliegen – nicht nur als Chef von 1,4 Milliarden Katholiken oder Oberhaupt des Vatikanstaats.

Das bewaffnete Austragen von Konflikten und das damit verbundene Leid der Menschen zehren an ihm. Immer wieder sind es die gleichen Appelle und Verurteilungen, mit denen er auf schreckliche Zustände weltweit aufmerksam machen will.

Ratlos und müde wirkt er mitunter, und ihm bleibt nur das Wort. Sein diplomatischer Apparat hat Grenzen. Hinzu kommt öffentliche Kritik an seinen mitunter unklaren Äußerungen, seinem Fokus auf die humanitäre Lage aller Beteiligten, ohne zwischen Tätern und Opfern zu differenzieren. Stichwort: „Weiße Fahne“.

Doch so lange Franziskus kann, wird er stur und eben auf seine Weise Abrüstung und mehr Einsatz für Frieden fordern – auch an Ostern. Dann richtet er sich mit dem „Urbi et orbi“ schon dem Namen nach an den gesamten Weltkreis. Und der hat die Worte seines Mr. Universum bitter nötig. 


Franziskus ist kein Putin-Fan

Krieg und Frieden werden im Mittelpunkt der Osterbotschaft von Papst Franziskus stehen. Nicht ausgeschlossen, dass das Kontroversen auslöst. Vor zwei Jahren wollte Jorge Mario Bergoglio für den Kreuzweg im Kolosseum in Rom, dass eine Russin und eine Ukrainerin teilnahmen.

Dieses Gebet um Frieden jenseits der Nationalitäten wurde von Kiew allerdings als unpassende Gleichsetzung interpretiert. Die Geopolitik des Papstes ist umstritten, man sollte allerdings mit ein paar Gemeinplätzen aufräumen: Franziskus ist kein Putin-Anhänger.

Er meint, dass man mit einem Aggressor reden muss, um Frieden zu erreichen. Der Dialog „stinke“ gelegentlich, aber er sei nötig. Das heißt nicht, dass er Angreifer und Angegriffene verwechselt, das ist auch keine freundliche Putinnähe. Franziskus ist nicht naiv.

Er meint ganz pragmatisch, dass die Alternative zu Verhandlungen ein längerer und härterer Krieg ist. Zudem ist Franziskus Argentinier und damit in der Tat sensibel für Bedürfnisse des Globalen Südens. Aber er macht traditionelle vatikanische Ostpolitik.

Er schaut Richtung Russland, nach China, und es geht ihm um die Zukunft des Christentums. Er fürchtet, dass der Krieg zwischen zwei christlichen Ländern die Ökumene zerstört hat und hofft, dass dies nicht irreversibel ist. 


Missglückte Metapher der „weißen Fahne“

Der Papst wird wohl einen neuen Friedensappell an die kriegführenden Parteien sowohl in der Ukraine als auch im Gaza-Streifen richten. Nach dem missglückten Bild der weißen Fahne, die vielfach als Aufruf zur Kapitulation an die Ukraine anstatt zu Verhandlungen im Sinne einer Parlamentärsflagge interpretiert wurde, glaube ich aber, dass Franziskus diesmal zwar wieder eindringliche, aber letztlich diplomatischere Worte finden wird.

Denkbar wäre etwa die Anmahnung der Verpflichtung von Regierungen, Leid von den Völkern abzuwenden, oder der Unmöglichkeit von Konfliktlösungen und der Herstellung von Gerechtigkeit mithilfe von Waffengewalt, nicht zuletzt auch im Heiligen Land. Dabei könnte auch die Aufgabe von Vermittlungsbemühungen angesprochen werden, ebenso wie die konfliktbedingt drohenden Hungersnöte in Haiti oder im Sudan.

Ich denke, der Papst wird vor allem die humanitären Aspekte jenseits politischer Konflikte betonen, auch im Hinblick auf die Verbundenheit aller Menschen und die aus seiner Sicht primär dienende und pastorale Aufgabe der Kirche. Dies würde ihm dann auch einen Verweis auf die Einheit der Kirche erlauben und damit vielleicht sogar eine indirekte Ermahnung etwa der deutschen Bischöfe.

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