zum Hauptinhalt
Ukrainische Soldaten zielen auf russische Flugzeuge bei Bachmut in der Ostukraine.

© Reuters/Radio Free Europe/Radio Liberty/Serhii Nuzhnenko

Ukraine-Invasion Tag 743: Wie sich die Bewohner der Ostukraine für russische Vorstöße wappnen

Die Lage im Donbass wird immer schwieriger, Russland betreibt angeblich einen „Schwarzmarkt“ für ukrainische Gefangene und die Union will eine erneute Taurus-Abstimmung. Der Überblick am Abend.

Seit die russische Armee Awdijiwka in der ostukrainischen Region Donezk erobert hat, wächst die Sorge vor einem weiteren Vorrücken. So hatten wir erst vor Kurzem in diesem Newsletter berichtet, wie sich die Menschen in den Dörfern rund um die Kleinstadt darauf vorbereiten, ihre Höfe zurückzulassen. Aber auch in den Städten der Region befürchten immer mehr Menschen, ihre Heimat verlassen zu müssen, wie nun ein Bericht der BBC zeigt.

„Wir wissen, was auf uns zukommt“, sagt etwa Mariya dem Sender, während sie den Fernseher in ihrer Wohnung in Kostyantynivka verpackt. Er soll in die Hauptstadt Kiew geliefert werden, wohin sie selbst mit ihrem Sohn gehen möchte. „Wir sind den ganzen Tag müde und leiden unter Stimmungsschwankungen und Panikattacken.“ Mariyas Mutter allerdings will bleiben. „Ich bin schon zweimal gegangen, was soll das bringen?“, sagt Tetyana. „Es ist überall beängstigend. Das ganze Land steht in Flammen.“

Valeriy dagegen verlässt sein Haus in der Stadt Toretsk, nachdem es zweimal fast getroffen wurde. Er will gemeinsam mit seinem Enkel Denys gehen, weil die russischen Truppen nur noch fünf Kilometer entfernt sind. „Ich habe mein Leben schon gelebt“, sagt der 67-Jährige. „Aber ich muss den Kleinen retten.“ Er habe 20 Jahre in einem Bergwerk gearbeitet und daher vor nichts Angst, um den Jungen aber mache er sich Sorgen. Denys ist 14 Jahre alt. „Mein letzter Freund ist vor drei Wochen gegangen“, sagt er der BBC.

Wie dringend notwendig die Evakuierung der Menschen ist, schätzt Anton Pron von der Evakuierungseinheit der Polizei ein. Fast täglich verschlechtere sich die Lage, es gebe ständig Beschuss, die Luftwaffe der Russen sei ständig im Einsatz. „Die Russen werfen Bomben auf Wohnhäuser“, fügt er hinzu.

Und so werde der Bahnhof von Kramatorsk im Donbass, so schreibt die BBC, nicht nur die letzte Station der Soldaten vor dem Fronteinsatz, sondern zunehmend auch zum Ziel der Zivilisten, die aus ihren Städten fliehen. Dort treffen die Reporter auch Alla, die auf ihren Zug nach Kiew wartet. „Vor einem Jahr dachten wir, wir würden Hilfe aus dem Westen bekommen und unsere Gegenoffensive würde funktionieren“, sagt sie. Aber jetzt glaubten die Menschen nicht mehr daran.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Der Bund verzichtet vorerst auf eine Enteignung der Anteile des russischen Staatskonzerns Rosneft an drei deutschen Raffinerien und verlängert die Treuhand-Verwaltung um weitere sechs Monate. Dies teilte das Wirtschaftsministerium am Donnerstag mit. Mehr hier.
  • Die Union will den Bundestag in der nächsten Woche erneut über die Lieferung des Marschflugkörpers Taurus an die Ukraine abstimmen lassen. „Das Parlament muss das Heft des Handelns übernehmen“, sagte der parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) der „Rheinischen Post“. Mehr hier.
  • Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat bei seinem Besuch in den USA mehr Hilfe für die Ukraine gefordert. Unterstützung für das von Russland angegriffene Land „muss aus Europa kommen, sie muss aus den USA kommen“, sagte Habeck am Mittwochabend (Ortszeit). Mehr hier.
  • Einem Bericht der „Times“ zufolge behandelt Russland seine ukrainischen Gefangenen wie eine Ware. Sie sollen an die Tschetschenen-Miliz verkauft worden sein, die sie für einen eigenen Gefangenenaustausch nutzte. Mehr hier.
  • Eine im Zusammenhang mit dem Krieg beschlagnahmte Luxusjacht eines russischen Oligarchen erregt in den USA Unmut. Die „Amadea“ liegt seit Ende Juni 2022 im Hafen von San Diego und kostet die US-Steuerzahler jeden Monat umgerechnet knapp 850.000 Euro, wie CNN unter Berufung auf Gerichtsunterlagen berichtete. Mehr hier.
  • Die russische Armee hat am Mittwoch die ukrainische Schwarzmeerstadt Odessa angegriffen, als Präsident Wolodymyr Selenskyj und der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis die Stadt besuchten - beide Politiker blieben unverletzt. Mehr hier.
  • Russland weist Spekulationen zurück, der Raketenangriff auf Odessa habe dem ukrainischen Präsidenten gegolten. Der Vize-Chef des russischen Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew, sagt, es sei „für jeden“ klar ersichtlich, dass es keinen geplanten Angriff auf Selenskyjs Fahrzeugkolonne gegeben habe.
  • Russland kann nach Einschätzung der litauischen Geheimdienste seinen Angriffskrieg noch mindestens zwei Jahre fortsetzen und bereitet sich zugleich auf eine Konfrontation mit der Nato vor. Der Kreml habe eine umfassende Militärreform eingeleitet und baue seine Fähigkeiten schrittweise in Richtung Westen aus, heißt es in dem Jahresbericht des Militärgeheimdiensts. Mehr im Newsblog.
  • Der französische Präsident Emmanuel Macron verstärkt nach Ansicht des Kreml in Moskau die „Verwicklung“ Frankreichs in den Ukraine-Krieg, nachdem dieser eine Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine nicht ausschließen wollte. Das sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in einem im Onlinedienst Telegram verbreiteten Video. 
  • Im Stahlwerk Severstal in der nordrussischen Stadt Tscherepowez ist nach Behördenangaben am Donnerstag eine Drohne eingeschlagen. Der Flugapparat unbekannter Herkunft sei nahe an einem Hochofen niedergegangen, teilte der Gouverneur des Gebietes Wologda, Georgi Filimonow, auf seinem Telegram-Kanal mit. 
  • Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hat nach eigenen Angaben einen Belarussen erschossen, der im Auftrag Kiews einen Anschlag geplant haben soll. Der Mann soll angeblich einen Sprengsatz in einem Verwaltungsgebäude in der Stadt Olonez in der Teilrepublik Karelien im Nordwesten Russlands gezündet haben wollen.
  • Indiens Botschaft in Moskau hat den Tod eines indischen Staatsbürgers bestätigt, der von der russischen Armee rekrutiert worden war. Die Botschaft sei im Kontakt mit der Familie von Mohammed Asfan und den russischen Behörden, erklärte sie am Donnerstag im Onlinedienst X.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false