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Frank Hanebuth steht in Spanien vor Gericht.

© dpa/Montserrat T Diez

Rockerchef Hanebuth auf Mallorca vor Gericht: Braver „Höllenengel“ oder böser Mafiachef?

Ein Urteil im Hells-Angels-Prozess gegen Frank Hanebuth wird in den kommenden Monaten erwartet. Kommt er wieder einmal mit einem blauen Auge davon?

Im spektakulären Prozess um Europas wohl berühmtesten Hells-Angels-Rocker Frank Hanebuth heißt es nun: warten auf das Urteil. An zehn Verhandlungstagen versuchte ein spanisches Gericht aufzuklären, was der frühere deutsche Rockerboss Hanebuth in der Vergangenheit auf Mallorca getrieben hat.

War er dort Chef einer mafiaähnlichen Organisation? Oder war er ein ganz braver „Höllenengel“, der sich nichts zuschulden kommen ließ? Glaubt man Hanebuth, dann hat er auf Mallorca nur ein paarmal Urlaub gemacht.

In einem kleinen, abgelegenen Ferienappartement im Landesinneren. Ganz friedlich und ohne mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen. Mit einer Hells-Angels-Rockergruppe, die auf Mallorca kriminelle Geschäfte betrieben haben soll, habe er nichts zu tun gehabt. So lässt sich seine Aussage im „Höllenengel“-Prozess in Madrid zusammenfassen.

Wir sind keine kriminelle Vereinigung.

Frank Hanebuth, Hells-Angels-Rocker

Staatsanwalt José Grinda sieht dies anders. Nach der Verhandlung vor dem Nationalen Gerichtshof hält er es für bewiesen, dass Hanebuth zwischen 2009 und 2013 die Fäden einer mafiaähnlichen Hells-Angels-Gruppe gezogen hat, die an Mallorcas „Ballermann“-Partymeile Playa de Palma das Drogen- und Prostitutionsgeschäft kontrollieren wollte.

Staatsanwalt Grinda fordert zwölf Jahre Haft

Zusammen mit Hanebuth sitzen deswegen seit dem 23. Januar insgesamt 49 mutmaßliche Hells-Angels-Mitglieder und Helfer auf der Anklagebank – viele Deutsche, aber auch einige Spanier und Türken.

Ankläger Grinda forderte in seinem Schlussplädoyer vor ein paar Tagen allein für den 58 Jahre alten Hanebuth 12 Jahre Haft wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche, Drohungen und illegalem Waffenbesitz.

49
mutmaßliche Hells-Angels-Mitglieder und Helfer sitzen seit Januar neben Hanebuth auf der Anklagebank.

Hanebuths Verteidigerin Ana Madera plädierte hingegen auf Freispruch. „Es gibt keine ernsthaften Beweise“, sagte sie. Zwei Jahre saß Hanebuth bereits nach seiner Festnahme auf Mallorca im Juli 2013 in U-Haft, dann kam er gegen 60.000 Euro Kaution frei.

Nach Meinung der Ermittler hatte Hanebuth, der bis 2012 Boss der Hells Angels in Hannover war, seine Geschäfte aus seiner deutschen Heimatstadt nach Mallorca verlagert, weil ihm damals der Boden in Deutschland zu heiß geworden sei.

Es gibt keine ernsthaften Beweise.

Ana Madera, Hanebuths Strafverteidigerin

Diese Vermutung teilte man auch im Landeskriminalamt Niedersachsen, das mit Spaniens Polizei kooperierte. Hanebuth hatte im Juni 2012, als der Druck auf seine „Höllenengel“ immer größer wurde, die Auflösung des Hells-Angels-Vereins in Hannover verkündet.

Der Prozess gegen den Rocker-Boss Frank Hanebuth findet im Nationalen Staatsgerichtshof in Madrid statt.
Der Prozess gegen den Rocker-Boss Frank Hanebuth findet im Nationalen Staatsgerichtshof in Madrid statt.

© action press/MC Boti

Kurz zuvor hatte die deutsche Polizei Hanebuths Anwesen in Hannover gestürmt und nach Beweisen wegen mutmaßlicher krimineller Machenschaften gesucht. Ausreichendes Material für eine Anklage gegen den Mann, der jahrelang als Deutschlands Rockerkönig galt, wurde damals nicht gefunden.

Vorwürfe krimineller Aktivitäten auf der Insel

Der kahlköpfige Zwei-Meter-Mann Hanebuth und die Hells Angels wurden auch in Deutschland mit organisierter Kriminalität, Prostitution, Erpressung, Gewalt und Rockerkriegen in Verbindung gebracht. Auf Mallorca soll der frühere Profi-Boxer, der wegen Körperverletzung vorbestraft ist, dann in ähnliche Geschäfte verwickelt gewesen sein.

Vor dem Strafgericht in Madrid äußerte sich Hanebuth nicht zu den Vorwürfen. „Ich antworte nur auf Fragen meiner Anwältin“, bekundete er. Seine Rechtsanwältin Ana Madera ersparte ihm ein unangenehmes Verhör.

Aber sie fragte ihn, wie oft er im fraglichen Zeitraum auf Mallorca gewesen sei: „Ich bin jedes Mal in den Sommerferien dagewesen“, antwortete Hanebuth. Wo er auf Mallorca gewohnt habe? „Ich hatte so ein kleines Appartement.“

10
Jahre dauerte die Anklageerhebung nach Hanebuths Festnahme 2013 – skandalös lang. 

Das „kleine“ Appartement befand sich innerhalb eines riesigen Anwesens im Mallorca-Ort Lloret de Vistalegre. Dort war Hanebuth im Sommer 2013 nach einem spektakulären Polizeieinsatz festgenommen worden. Laut Anklage hatten Hanebuth und ein Vertrauter über Strohmänner das Anwesen für 2,5 Millionen Euro erworben – Geld aus kriminellen Aktivitäten, vermutet der Staatsanwalt. Hanebuth bestritt dies: „Ich besitze kein Eigentum auf Mallorca.“

Die Strategie: alle Vorwürfe abweisen

Was er beruflich mache? „Ich berate mehrere Gesellschaften, hatte eine Security-Firma und habe viel Gastronomie.“ An seinem Wohnort Hannover betreibt er zum Beispiel heute den Disco-Klub „Sansibar“. Seine „Höllenengel“ kontrollierten viele Jahre lang mit harter Hand Hannovers Rotlichtviertel.

Doch von kriminellen Aktivitäten der Hells Angels könne keine Rede sein, sagte Hanebuth, als ihm Richterin Teresa Palacios vor der Urteilsberatung Gelegenheit zum „letzten Wort“ des Angeklagten gab: „Wir sind keine kriminelle Vereinigung“, sagte er.

Hanebuth hatte zu Prozessbeginn eine gütliche Einigung mit der Staatsanwaltschaft abgelehnt. Diese hatte alle Angeklagten einen dicken Strafrabatt angeboten, wenn sie sich schuldig bekennen. 35 Beschuldigte gingen auf den Deal ein und werden voraussichtlich nun nur zu Geldstrafen und nicht zu Gefängnis verurteilt.

Ob Hanebuths Strategie, alle Vorwürfe abzustreiten und jegliche Zusammenarbeit mit dem Staatsanwalt abzulehnen, aufgeht, wird man in einigen Wochen oder Monaten sehen, wenn das Urteil verkündet wird. Auf seiner Seite hat Hanebuth allerdings einen Faktor, der ihm helfen könnte, wieder einmal mit einem blauen Auge davonzukommen – die Zeit.

Die Anklageerhebung dauerte seit Hanebuths Festnahme 2013 nahezu zehn Jahre – auch für Spaniens chronisch überlastete Justiz ist dies skandalös lang. Manche Zeugen waren nicht mehr auffindbar oder konnten sich kaum noch erinnern. Keine gute Basis für einen soliden Schuldspruch. Und möglicherweise für Hanebuths Verteidigung ein weiterer Grund, eine Verurteilung anzufechten.

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