zum Hauptinhalt
Papst Franziskus traf bei seinem Ungarn-Besuch Ministerpräsident Orbán.

© imago/Vatican Mediai/cpp/ipa-agency.

Papst Franziskus zu Besuch in Ungarn: Die katholische Kirche steht fest an Orbáns Seite

In der Flüchtlingsfrage liegen der Papst und Ungarns Ministerpräsident weit auseinander. Doch viel Kritik hat Orbán nicht zu befürchten – seine Regierung und die katholische Kirche sind Verbündete.

Von András Dési

Er kam und vermittelte vorübergehend Frieden. Als Leo IX. – der erste Papst auf Ungarnbesuch – im Jahr 1052 nach Preßburg, heute Hauptstadt der Slowakei, reiste, überzeugte er Kaiser Heinrich III. und Andreas I., den ungarischen König, ihren Krieg doch vorerst zu beenden.

Gut 1000 Jahre danach kommt ein Nachfolger von Leo IX., Papst Franziskus, nach Ungarn und wird ebenfalls als „Mann des Friedens“ gelobt, unter anderem von Staatspräsidentin Katalin Novák.

Novák, die erste Gastgeberin des Papstes an diesem Freitag, hatte ihn schon vor seiner Ankunft gerühmt als einen mit „weiser, christlicher Haltung, an der wir uns orientieren können. Er verurteilt die russische Aggression, steht zum angegriffenen ukrainischen Volk, ist bereit, eine vermittelnde Rolle zu übernehmen, aber vergisst dabei nicht das russische Volk“, sagte die frühere Ministerin vor dem dreitägigen Besuch des Heiligen Vaters in Budapest.

Novák begnadigte übrigens gleich am ersten Besuchstag einen verurteilten Terroristen und andere rechtsextreme Straftäter. Die Woche des Papstbesuchs sei „eine gute Gelegenheit“, von diesem Recht des Staatsoberhaupts Gebrauch zu machen, sagte sie.

„Nur Vatikan und Ungarn wollen wirklich Frieden“

In der Frage des Krieges in der Ukraine nutzt Ministerpräsident Viktor Orbán die Friedensappelle des Papsts, die eigene Haltung bestätigt zu sehen. Der Chef der Fidesz-Partei wiederholt bei jeder Gelegenheit, dass es in Europa nur zwei Staaten gebe, die wirklich Frieden wollen: Ungarn und der Vatikan.

Nach Ansicht des national-konservativen Regierungschefs ist das EU- und Nato-Mitglied Ungarn in diesem Konflikt weder pro-ukrainisch noch pro-russisch, sondern „pro-ungarisch“. Orbán neigt dazu, den Krieg als „post-sowjetische innere Angelegenheit“ zu betrachten, in die Ungarn sich, im eigenen Interesse, nicht einmischen sollte.

Die blutigen Kämpfe im Nachbarland kennen aber keine Neutralität und haben ernsthafte sicherheitspolitische und vor allem wirtschaftliche Auswirkungen auf Ungarn. „Die Reise nach Budapest wird von diesem Krieg geprägt“, erklärte der Apostolische Nuntius in Budapest, Erzbischof Michael Wallace Banach.

Die Reise nach Budapest wird von diesem Krieg geprägt.

Michael Wallace Banach, der Apostolische Nuntius in Budapest

Franziskus wird mit ukrainischen Schutzsuchenden sprechen, und eine gut sichtbare ukrainische Präsenz wird am Sonntag an der Heiligen Messe auf dem Kossuth-Platz vor dem Parlamentsggebäude erwartet. Seit Beginn des Krieges am 24. Februar 2022 besucht das Oberhaupt der katholischen Kirche die Länder Mittelosteuropas, wo nach seinen Worten „eisige Winde wüten“.

Papst Franziskus ist zu einer dreitägigen Ungarnreise aufgebrochen.

© Reuters/Vatican Media

Die ungarischen Behörden haben eine Million Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen, die allerdings mehrheitlich in andere Länder weiterreisten.

Es ist bereits die zweite Reise nach Ungarn, die Franziskus während seines Pontifikats unternimmt. Im September 2021 nahm er am Eucharistischen Weltkongress in Budapest teil. Er äußerte damals kein öffentliches Wort der Kritik an der Regierung Orbán, obwohl die Differenzen in bestimmten politischen Feldern kaum größer sein könnten.

1
Million Flüchtlinge aus der Ukraine hat Ungarn aufgenommen, die jedoch meist weiterreisen

Während der Migrationskrise von 2015 wurde der Papst argentinischer Herkunft aus Kreisen der Fidesz und in den Medien unter Regierungskontrolle als „seniler alter Mann“ geschmäht, weil er es für den moralischen Grundwert eines Christenmenschen hielt, den Flüchtlingen zu helfen.

Dagegen sieht sich Orbán, der evangelisch getauft wurde, aber seit Jahren katholische Gottesdienste besucht, gern in der Rolle eines Kreuzritters und Hüters des Abendlandes, der die „muslimischen Migrantenhorden“ an der Südostgrenze der EU aufhält.

Katholische Kirche verdankt Orbán viel Geld

Franziskus unterstützt eine etwaige Öffnung der römisch-katholischen Kirche für Mitglieder der LGBT-Gemeinschaft. In Ungarn werden dagegen unter dem Vorwand, Kinder und die Familie zu schützen, schwule Menschen öffentlich an den Pranger gestellt, weil sie laut der Regierungspropaganda Kinder zum Geschlechtswechsel treiben.

Gleichzeitig wird im Vatikan sehr positiv aufgenommen, dass die ungarische Regierung großzügig gegenüber den ungarischen Kirchen ist, immer mehr Schulen und soziale Einrichtungen werden von den Kirchen übernommen. Das hilft zu mehr Religionsunterricht, zudem bekommen die von Kirchen geführten Lehranstalten mehr staatliche finanzielle Förderung als die öffentlichen.

Die Regierung hat auf diese Weise und mit dem Geld der Steuerzahler die Kirchen zu Verbündeten der Orbán-Partei gemacht. Viele ungarische Gläubige fühlen sich jedoch abgeschreckt durch ihre stark und zudem einseitig politisierte Kirche. Die katholische Kirche ist weiterhin die stärkste im Land.

Außerdem engagiert sich die Regierung Orbán über die Regierungsagentur „Hungary Helps“ weltweit für verfolgte christliche Gemeinden, vor allem in muslimisch geprägten Ländern. Der Kreuzritter hat also doch Roms Segen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false