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Kurdische Demonstranten am 18. November 2023 in Berlin.

© AFP/Christian Mang

Nach Erdogans Berlin-Besuch: Unterstützer fordern Legalisierung der kurdischen PKK

Vor 30 Jahren verbot die Bundesregierung die PKK. Die Lage im Nahen Osten änderte sich seitdem, das Verbot blieb – und der türkische Staatschef fordert härteres Vorgehen.

Vor 30 Jahren hat die Bundesregierung jedwede Aktivität der Arbeiterpartei Kurdistans, die PKK, in Deutschland verboten. An diesem Sonnabend treffen sich deshalb Vertreter kurdischer Vereine, namhafte Juristen und Sympathisanten der Organisation in Berlin – sie fordern ein Ende des Verbots.

Nicht nur der Charakter der militanten Partei habe sich geändert, argumentieren Befürworter eines neuen Umgangs mit der PKK, sondern auch deren Ziele: Die PKK kämpfe in der Türkei für kurdische Autonomie statt für eine Sezession, sie verübe keine Angriffe in Deutschland und sei im Nahen Osten ein Partner im Kampf gegen die Dschihadisten des „Islamischen Staates“ (IS).

Staatschef Erdogan lobt islamistische Hamas

In der Türkei greift der militärische Flügel der PKK nach wie vor staatliche Einrichtungen an, zuletzt das Innenministerium in Ankara. Belgiens oberstes Gericht entschied im Jahr 2020 dennoch, die PKK sei keine Terrororganisation, sondern eine Konfliktpartei im Sinne des Völkerrechts. In Deutschland liegt ein Antrag, das PKK-Verbot aufzuheben, Innenministerin Nancy Faeser (SPD) vor.

30
Millionen Kurden gibt es schätzungsweise im Nahen Osten.

In der Türkei befindet sich die PKK seit den Achtzigern mit Armee, Polizei und militanten Rechten in einem – von Waffenstillständen unterbrochenen – De-facto-Krieg. In dem von Kurden bewohnten Norden Iraks, in West-Iran und vor allem in Syrien sind Schwesterverbände der einst streng sozialistischen PKK aktiv: So regiert in Nordsyrien die säkulare PYD zum Ärger der türkischen Staatsführung eine Rojava genannte, von den USA unterstützte Autonomieregion.

Hunderttausende Kurden in Deutschland

Die Infrastruktur der Region wird seit Jahren von türkischen Truppen bombardiert, die dort zudem viele Orte besetzt halten. Dabei stößt Ankaras Armee auf Widerstand der YPG-Milizen, die Hauptkraft der multiethnischen SDF-Allianz sind, die wiederum den IS als Territorialmacht besiegte. Das grenzübergreifende Selbstbewusstsein vieler Kurden wuchs mit dem Anti-IS-Kampf, wenngleich insbesondere die pro-westliche Kurden-Führung im Nordirak die PKK ablehnt.

Im Schatten des Massakers der islamistischen Hamas an 1200 israelischen Juden werden Angriffe auf kurdische Stellungen weniger Beachtung finden. Das Risiko eines Flächenbrandes aber ist auch in den Kurdenregionen enorm. Schätzungsweise 30 Millionen Kurden leben in den vier Nachbarstaaten insgesamt.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan fiel unmittelbar vor seinem kürzlich absolvierten Deutschland-Besuch nicht nur mit Lob für die Hamas auf. Er unterstützt im Kampf gegen Syriens Kurden auch andere Islamisten. Zuletzt erhöhte er in Europa den Druck auf kurdische Exilanten, was angesichts des von Stockholm gewünschten Nato-Beitritts in Schweden erfolgreich war.

Hierzulande erschien zum 30. Jahrestag des PKK-Verbots unter anderem das Buch „Geflohen. Verboten. Ausgeschlossen – wie die kurdische Diaspora in Deutschland mundtot gemacht wird“. Hunderttausende Kurden lebten in der Bundesrepublik, so die Autoren, das staatliche Vorgehen gegen die Aktivisten unter ihnen erhalte aber nur wenig Aufmerksamkeit.

Im Vorfeld der Tagung am Samstag wiesen Interessierte darauf hin, dass die schiitisch-islamistische Hisbollah, die weltweit durch antiwestliche Terrorakte auffällt, erst 2020 in Deutschland verboten wurde, die sunnitische Hamas sogar erst nach dem Massaker in Israel vor wenigen Wochen. Die Vereine türkischer Rechtsradikaler, der sogenannten Grauen Wölfe, sind in Deutschland legal.

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