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Streitkräfte der Mullahs bei einem Militärmanöver im zentraliranischen Nasrabad im September 2022.

© IMAGO/ZUMA Wire

Update

Mullah-Regime attackiert Kurdistan: Iran bombardiert kurdische Exilanten in Irak

Unter den Zielen der iranischen Revolutionsgarden im Nachbarland befinden sich kurdische Verbände, die die das Regime einst bis nach Berlin verfolgte.

| Update:

Irans Truppen haben im Irak kurdische Verbände angegriffen. Am Samstag wurden Stützpunkte kurdisch-iranischer Parteien beschossen, deren Aktivisten einst vor dem Mullah-Regime ins Nachbarland geflohen waren. Betroffen waren Orte nahe der nordirakischen Kurdenmetropole Erbil.

Der Raketenbeschuss durch Irans Revolutionsgarden wurde in Teherans Staatsmedien als „legitime Reaktion“ auf Angriffe kurdischer Milizen auf Militärcamps im bergigen, kurdisch geprägten Westiran gerechtfertigt. Die kurdischen Exilorganisationen hätten zudem Waffen für die aktuellen Proteste in den Iran schmuggeln wollen.

Unter den Zielen des Mullah-Regimes befanden sich offenbar Ableger der linken Komala und der Kurdischen Demokratischen Partei des Iran (KDPI). Zur letzeren Organisation gehörten auch die vier Männer, die Hisbollah-Attentäter im Auftrag des iranischen Geheimdienstes 1992 im Berliner Restaurant „Mykonos“ erschossen.

Autonomieregion im Irak

Seit Samstag um 15 Uhr hätten Irans Truppen verschiedene Waffen eingesetzt, um Sidakan nördlich von Erbil anzugreifen, wird ein Kommandeur der KDPI-nahen Peschmerga im kurdischen Rudaw-Sender zitiert. Der Beschuss habe landwirtschaftliche Nutzflächen zerstört, die Streikräfte der Partei aber seien unverletzt geblieben.

Als Peschmerga werden in der Region die den kurdischen Parteien nahestehenen Milizen bezeichnet, die als De-facto-Armeen fungieren. Millionen Kurden leben in der Türkei, Irak, Syrien und Iran – in all diesen Staaten gibt verschieden starke Autonomiebewegungen.

Im Irak ist es den Kurden gelungen, nach dem Sturz des arabisch-nationalistischen Diktators Saddam Hussein 2003 eine Autonomieregion aufzubauen, die über diplomatische Beziehungen in diverse Länder verfügt. In die meist KRG abgekürzte Autonomieregion flüchteten sich immer wieder kurdische Aktivisten aus den angrenzenden Staaten.

Auslöser der regierungskritischen Proteste im Nachbarland Iran ist der Tod einer 22-Jährigen in Polizeigewahrsam: Vergangene Woche starb Mahsa Amini aus der iranischen Kurdenregion. Schon seit Jahrzehnten gibt es im Iran heftige Auseinandersetzungen zwischen Regimekräften und kurdischen Aufständischen.

Und auch Irans Angriff auf kurdische Verbände in Irak hat Tradition. Erst im März bekannte sich das Mullah-Regime zu einem Raketenbeschuss auf Gebäude in Erbil. Die iranischen Revolutionsgarden behaupteten damals, der Angriff habe einem Stützpunkt des israelischen Geheimdienstes gegolten: Man habe den Mossad als Vergeltung dafür angegriffen, dass im syrischen Damaskus zwei Iraner getötet wurden.

Irankritische Proteste in Erbil, der Hauptstadt der kurdischen Autonomieregion in Nordirak.
Irankritische Proteste in Erbil, der Hauptstadt der kurdischen Autonomieregion in Nordirak.

© REUTERS / AZAD LASHKARI

Das Mullah-Regime stützt Syriens Zentralregierung und kontrolliert mit seinen Revolutionsgarden sowie der ebenfalls schiitischen Islamistenmiliz Hisbollah aus dem angrenzenden Libanon viele Orte in Syrien. Irans Machthaber und die Hisbollah betrachten Israel als Erzfeind.

Im Kampf gegen die kurdische, säkulare Autonomiebewegung arbeitet der Iran wiederum mit der Türkei zusammen. Dabei geht es Teheran und Ankara, dessen Armee im kurdischen Norden Syriens mit sunnitischen Islamisten eigene Besatzungszonen unterhält, um die sozialistische PJAK.

Die PJAK abgekürzte "Partei des freien Lebens Kurdistans" gilt als iranische Schwesterorganisation der Arbeiterpartei Kurdistans, der PKK. Diese ist auch in Deutschland verboten und kämpft seit den Achtzigern erst um Unabhängigkeit, nun um Autonomie der Kurdenregion im Südosten der Türkei.

Erst vor einem Monat tötete der türkische Geheimdienst mit Irans Hilfe einen PJAK-Funktionär im nordsyrischen Kamischli per Drohne. In Nordsyrien verteidigt eine Koalition unter Führung der säkularen Kurdenpartei PYD ebenfalls eine Autonomieregion. Insbesondere die kurdische YPG-Miliz innerhalb der multinationalen, überkonfessionellen Allianz SDF hatte in Syrien den „Islamischen Staat“ (IS) besiegt.

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