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Kanzler Olaf Scholz, EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel am Montag auf dem Balkan-Gipfel in Tirana. Unterdessen streitet die Union über ihre Haltung im Nahost-Konflikt.

© dpa/Michael Kappeler

Kompetenz-Gerangel und keine gemeinsame Haltung: Das Dilemma der EU im Nahost-Konflikt

In Brüssel wird nach dem Terrorüberfall der Hamas auf Israel über eine gemeinsame Position gestritten. Im Mittelpunkt steht dabei die EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. 

Der Nahe Osten droht im Krieg zu versinken, doch Europa sucht noch immer nach einer gemeinsamen Haltung. Schließlich kündigte EU-Ratschef Charles Michel einen Sondergipfel an, um dem Chaos ein Ende zu bereiten. In einer gemeinsamen Video-Konferenz wollten die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union am späten Dienstagnachmittag über die Lage in Israel und im Gazastreifen beraten.

Wer ist zuständig?

Das Treffen scheint notwendig, denn über eine Woche nach dem Angriff der Hamas-Terroristen auf Israel herrscht in der EU ein heilloses Stimmengewirr und Gerangel um Kompetenzen.

Mit dem Gipfel versucht EU-Ratschef Michel offenbar, die Initiative über die Brüsseler Nahost-Politik zurückzuerlangen, die ihm am Wochenende von der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen überraschend entrissen worden war.

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Sie war zusammen mit EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola nach Israel gereist, um dem angegriffenen Staat die Solidarität Europas zu versichern.

Aufgeschreckt wurde auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Die gemeinsame Außenpolitik der Europäischen Union sei Sache der Staaten, nicht der Kommission, giftete er während seines China-Besuches sichtlich verärgert in Richtung Ursula von der Leyen.

Streit um Hilfsgelder

„Und die Position ist sehr klar, dass wir das Recht Israels auf Selbstverteidigung anerkennen, aber jedes Recht hat seine Grenzen. Und diese Grenzen sind das internationale Recht und die internationalen humanitären Rechte“, betonte Borrell und kritisierte damit, dass sich von der Leyen in den Augen vieler EU-Vertreter nach dem Blutbad der Hamas mit über 1300 Toten zu bedingungslos an die Seite Israels gestellt habe.

Dazu gehörte etwa auch die Ankündigung, die Hilfsgelder für die Palästinenser einzufrieren.

Damit hatte die EU-Kommissionschefin auch die Vereinten Nationen gegen sich aufgebracht, war das doch eine deutliche Kritik an der Arbeit des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNWRA).

75
Millionen Euro umfassen die erhöhten Hilfsgelder für das von der radikalislamischen Hamas kontrollierte Küstengebiet.

Nun ruderte Ursula von der Leyen wieder zurück. Nach einem Gespräch mit UN-Generalsekretär António Guterres verkündete sie am Wochenende eine Verdreifachung der humanitären Hilfen für den Gazastreifen.

Israel muss die internationalen Menschenrechte beachten.

Nathalie Loiseau, französisches Mitglied des Europäischen Parlaments

Die Hilfsgelder für das von der radikalislamischen Hamas kontrollierte Küstengebiet würden um 50 Millionen Euro auf insgesamt 75 Millionen Euro erhöht, sagte sie. Die EU arbeite weiter mit den Vereinten Nationen, um sicherzustellen, dass die Hilfe auch bei den Bedürftigen ankomme.

Auch das Parlament streitet

Doch nicht nur zwischen EU-Kommission und Rat wird gestritten. Auch im Europaparlament gehen die Meinungen weit auseinander. So geißelt Iratxe García, Fraktionschefin der europäischen Sozialdemokraten, in einem Interview mit „Politico“ in scharfen Worten die Politik Ursula von der Leyens. Sie wirft ihr eine „unakzeptable Voreingenommenheit“ für die Seite Israels vor.

Der deutsche FDP-Europaabgeordnete Moritz Körner empört sich deshalb im Kurnachrichtendienst X (vormals Twitter) über die Spanierin: „Der moralische Kompass scheint bei einigen endgültig kaputt zu sein.“

Allerdings kritisiert auch Körners Fraktionskollegin Nathalie Loiseau mit Blick auf den Besuch Ursula von der Leyens in einem Tweet auf „X“: „Israel muss die internationalen Menschenrechte beachten.“ Und damit nicht genug, auch die französische Europaabgeordnete rügt die Kommissionschefin, für europäische Außenpolitik sei sie nicht zuständig.

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