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United Nations Climate Chief Simon Stiell speaks during a news conference at the COP28 U.N. Climate Summit, Wednesday, Dec. 6, 2023, in Dubai, United Arab Emirates. (AP Photo/Kamran Jebreili)

© PICTURE ALLIANCE / ASSOCIATED PRESS/Kamran Jebreili

„Grabbeltüte von Wunschzetteln“: UN-Klimachef kritisiert vorliegenden Abschlussentwurf

Gute Absichten allein halbieren nicht die Emissionen in diesem Jahrzehnt, sagt UN-Klimachef Stiell. Er will zum Abschluss der COP28 ein klares Statement.

UN-Klimachef Simon Stiell hat die knapp 200 Staaten auf der UN-Klimakonferenz in Dubai mit deutlichen Worten zu mehr Ehrgeiz angespornt. „Lasst uns ehrlich sein: Gute Absichten allein halbieren nicht die Emissionen in diesem Jahrzehnt, und sie retten jetzt und hier auch keine Leben“, sagte er am Mittwoch. Der vorliegende Entwurf für das Abschlussdokument, im UN-Jargon globale Bestandsaufnahme genannt, sei eine „Grabbeltüte von Wunschzetteln“, rügte er. „Das müssen die Verhandlungsparteien jetzt sortieren - und dann mit einem klaren Statement das Ende des fossilen Zeitalters einläuten, so wie wir es kennen.“

Gemeint ist, den schrittweisen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas förmlich zu beschließen. Auf der Konferenz unterstützen das inzwischen gut 100 Staaten, doch gibt es Widerstand. Nach Informationen von Umweltverbänden stemmen sich unter anderem der Ölstaat Saudi-Arabien und Indien, das stark auf Kohle setzt, gegen eine Verpflichtung zum Ausstieg aus fossilen Energien.

Weiter sagte der Leiter des UN-Klimasekretariats (UNFCCC), die Teams bräuchten den klaren Marschbefehl: Es gehe um die höchsten Ambitionen, nicht um kleinste gemeinsame Nenner. „Ende nächster Woche muss die COP28 einen Hochgeschwindigkeitszug ausliefern, um den Klimaschutz zu beschleunigen. Bei uns tuckert aber derzeit ein alter Bummelzug über wacklige Gleise. Doch: Die Werkzeuge liegen alle auf dem Tisch, die Technologien und Lösungen sind vorhanden.“

Auch EU-Kommissar Hoekstra macht Druck

Auch der EU-Kommissar Wopke Hoekstra sagte, es sei noch viel zu tun auf dem UN-Treffen, das am Dienstag enden soll. Spätestens 2025 müsse die Welt den Höhepunkt bei den klimaschädlichen Emissionen erreichen, und bis 2030 den Ausstoß um 43 Prozent drücken. „Der Knackpunkt, worüber wir natürlich alle reden, ist der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen“, sagte er. Er wolle noch einmal klarstellen, wofür die Europäische Union stehe: „Ich möchte, dass diese COP den Anfang vom Ende für fossile Brennstoffe markiert.“

Nach der EU und Dutzenden anderen Staaten haben sich auch die USA auf der Weltklimakonferenz zu einem weitgehenden Auslaufen der fossilen Energieträger Kohle, Öl und Stahl bekannt. Es gebe keinen anderen Weg, um bis 2050 die klimaschädlichen Treibhausgase auf nahe null zu drücken, sagte der US-Klimabeauftragte John Kerry am Mittwoch auf dem UN-Treffen von knapp 200 Staaten in Dubai. In einigen Sektoren werde man aber auf absehbare Zeit weiter fossile Energieträger brauchen, etwa in der Zement- und Stahlerzeugung. Hier müsse das Kohlendioxid dann aber abgeschieden und gespeichert werden.

Kerry: Emissionen töten Menschen

Kerry betonte, die USA stünden zu den mit den G7-Staaten gefassten Beschlüssen, aus den fossilen Energien auszusteigen. „Wir haben immer wieder gesagt: Wir müssen tun, was wir tun müssen - nämlich auf die Wissenschaft hören.“ Und die sage, dass die globalen Emissionen bis 2030 um 43 Prozent sinken müssten, um das 2015 in Paris vereinbarte 1,5-Grad-Ziel in Reichweite zu halten. Gemeint ist das Ziel, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen im Vergleich zur vorindustriellen Zeit.

Kerry sagte: „Diese Emissionen töten Menschen - schon heute!“ Er verwies auf Klimaforscher, die ihr Leben lang an dem Thema arbeiteten und inzwischen alarmiert und verängstigt seien. Manche sprächen davon, man befinde sich nun auf „unbekanntem Terrain“. Kerry zählte fatale Folgen der Erderhitzung auf wie das rapide schmelzende Eis an den Polen, Hitzerekorde und verheerende Waldbrände auf verschiedenen Kontinenten und schloss mit den Worten: „Also Leute, was mehr müsst ihr wissen?“

Mit Blick auf die Verhandlungen, bei denen Staaten wie Saudi-Arabien Widerstand gegen einen Öl-, Gas- und Kohleausstieg leisten, sagte Kerry: „Es ist Zeit für Erwachsene, sich wie Erwachsene zu benehmen.“

Zum Verhältnis zu China, dem weltgrößten Emittenten von Treibhausgasen, sagte Kerry, man wolle auf der COP28 möglichst zusammenarbeiten. Die größte Differenz seien aber Pläne der Volksrepublik, trotz der Klimakrise viele neue Kohlekraftwerke zu bauen.

Erst am Dienstag hatte der Bericht zum globalen Kohlenstoffbudget gezeigt, dass die CO2-Emissionen weiter steigen. Sie erreichen demnach 2023 mit voraussichtlich 36,8 Milliarden Tonnen einen Rekordwert. Das sind 1,1 Prozent mehr als 2022 und 1,4 Prozent mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019. (dpa)

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