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Erdogan und Putin erneuern in Sotschi ihr enges Verhältnis.

© AFP/MURAT CETIN MUHURDAR

Update

Getreide-Deal ohne Ukraine: Erdogan und Putin erneuern ihr Bündnis

Der neue Getreide-Deal soll die enge Partnerschaft besiegeln: In Sotschi traf der türkische Präsident Erdogan auf Kreml-Chef Putin – und belebt vor allem die alte Freundschaft wieder.

Ein herzlicher Händedruck, ein freundliches Lächeln, ein kurzer Plausch über das wunderbare Grün der Schwarzmeer-Region im Sommer: Gleich zu Beginn ihres Treffens im russischen Badeort Sotschi demonstrierten der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und der russische Staatschef Wladimir Putin am Montag vor den Kameras, dass ihr enges persönliches Verhältnis trotz der Differenzen der vergangenen Monate intakt ist.

In Sotschi konnten sich die Präsidenten zwar nicht auf eine Wiederbelebung des Istanbuler Getreideabkommens einigen, das von Russland aufgekündigt worden war. Sie verkündeten aber eine gemeinsame Initiative zur Versorgung afrikanischer Staaten mit Mehl aus russischem Getreide – unter Umgehung der Ukraine. 

Putin signalisierte damit, dass er trotz anderthalb Jahren Krieg in der Ukraine keineswegs isoliert ist, sondern sogar den Chef eines Nato-Staats zu seinen Verbündeten zählt – und Erdogan zeigte dem Westen, dass seine Annäherung an die USA oder Europa in den vergangenen Monaten nicht als Abwendung von Putin zu verstehen ist.

Erdogan stellt sich auf Putins Seite

Im Streit um das Getreideabkommen stellte sich Erdogan auf die Seite Russlands und sagte, Moskauer Forderungen seien bisher nicht erfüllt worden. Die Ukraine müsse kompromissbereiter sein, sagte der türkische Staatschef.

Das jüngste persönliche Gespräch der beiden Präsidenten liegt fast elf Monate zurück. Seitdem hat Erdogan den Nato-Beitritt des russischen Nachbarn Finnland abgesegnet und ukrainische Soldaten nach Hause geschickt, die nach einer Abmachung mit Moskau eigentlich in der Türkei bleiben sollten.

Putin brüskierte Erdogan im Juli mit dem Ausstieg Russlands aus dem Istanbuler Getreideabkommen. Doch als Erdogan am Montag vor Putins Residenz in Sotschi aus dem Wagen stieg und vom wartenden Kremlchef begrüßt wurde, war von diesen Differenzen nichts mehr zu sehen. Im Gegenteil.

Erdogan lobte die enge wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern und sagte, der bilaterale Handel solle künftig in Lira und Rubel abgewickelt werden. Die Abkehr vom US-Dollar im türkisch-russischen Handel würde beide Länder enger zusammenschweißen.

Moskau will in der Türkei auch ein Verteilzentrum für den Weiterverkauf von Erdgas einrichten, das der Westen nicht mehr kaufen will.

Putin fordert „Ende westlicher Sanktionen“

Anders als Europa bezieht die Türkei weiter viel russisches Gas und lässt sich zudem von russischen Firmen ihr erstes Atomkraftwerk bauen. Putin sagte, Erdogan und er hätten die Beziehungen zwischen beiden Ländern auf ein „sehr gutes, hohes Niveau“ gebracht.

Zum Istanbuler Getreideabkommen sagte Putin in Sotschi, der Westen habe Russland betrogen. Moskau hatte seinen Ausstieg aus dem Vertrag mit einer angeblichen Behinderung russischer Exporte durch den Westen begründet.

Zu den russischen Bedingungen für eine Wiederbelebung des Istanbuler Abkommens gehören die Wiederzulassung der russischen Landwirtschaftsbank zum internationalen Zahlungssystem Swift und Erleichterungen für russische Getreide- und Düngerausfuhren.

45
Millionen Tonnen Getreide exportierte Moskau in der Erntesaison 2022/23 – weltweiter Rekord.

Sobald die russischen Forderungen erfüllt seien, könne sein Land zum Istanbuler Vertrag zurückkehren, sagte Putin in Sotschi. Erdogan sagte, er sei zuversichtlich, dass bald eine Lösung gefunden werde.

Ukraine wird von Exporten ausgeschlossen

Bis dahin wollen Russland und die Türkei ohne die Ukraine handeln. Erdogan nahm in Sotschi den russischen Vorschlag an, eine Million Tonnen Getreide aus Russland in die Türkei zu transportieren, dort zu Mehl zu verarbeiten und anschließend gratis an bedürftige afrikanische Länder zu exportieren; das reiche Emirat Katar sei zur Finanzierung der Initiative bereit, sagte Erdogan.

Putin sagte, das russisch-türkische Modell sei keine Alternative zum Istanbuler Getreideabkommen, sondern eine Initiative zur Lösung der Nahrungsmittelkrise in Afrika. Praktisch wird die Ukraine damit jedoch von Exporten ausgeschlossen.

Seit Putins Rückzug aus dem Istanbuler Abkommen greift Russland regelmäßig ukrainische Getreide-Häfen an – die neue türkisch-russische Abmachung verpflichtet den Kreml nicht, die Angriffe zu stoppen.

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