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Der schwedische Premierminister Ulf Kristersson (links) und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.

© AFP/Jonathan Nackstrand

Update

Geschenk an Erdoğan für Nato-Beitritt?: Schweden legt Entwurf von neuem Anti-Terrorgesetz vor

Seit zehn Monaten bemüht sich Stockholms Regierung um den Beitritt in die Nato. Insbesondere das Verhältnis zum türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan bleibt angespannt.

| Update:

Pünktlich zur Wiederaufnahme der Nato-Gespräche mit der Türkei hat Schweden einen Vorschlag für härtere Terrorgesetze vorgelegt. Nach Plänen der Regierung soll künftig strafbar sein, sich an einer Terrororganisation zu beteiligen oder eine solche Beteiligung zu finanzieren.

Bei Verstößen drohen mehrere Jahre Haft, wie aus dem am Donnerstag veröffentlichten Entwurf hervorgeht. Damit solle eine Gesetzeslücke geschlossen werden, hieß es. Nun ist das Parlament am Zug. In Kraft treten sollen die Änderungen am 1. Juni.

An einer Verschärfung wird bereits seit Jahren gearbeitet - dass der Entwurf jetzt kommt, wird jedoch als Zeichen im Nato-Streit mit der Türkei betrachtet.

Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine hatten beide nordische Länder im Mai die Mitgliedschaft in der Nato beantragt – von 30 Mitgliedsstaaten haben nur die Türkei und Ungarn die Beitrittsgesuche nicht ratifiziert. Insbesondere zwischen Stockholm und Ankara ist das Verhältnis angespannt.

Die Türkei blockiert die Nato-Norderweiterung seit Monaten. Präsident Recep Tayyip Erdoğan, der im Mai um seine Wiederwahl kämpft, wirft Schweden einen zu entspannten Umgang mit kurdischen Gruppen und angeblichen Terrorist:innen vor. Seit einer Koranverbrennung durch den rechtsextremen Halbschweden Rasmus Paludan Ende Januar stecken die Verhandlungen fest.

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.Bei einem Treffen in Brüssel sollte der Gesprächsfaden an diesem Donnerstag wieder aufgenommen werden. Es schien, als wollte Schwedens Ministerpräsident schon am vergangenen Dienstag sämtliche Erwartungen dämpfen. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, der für eine Stippvisite in Stockholm war, sprach Ulf Kristersson mit Blick auf das Nato-Treffen am Donnerstag nur von einem „Arbeitsbesuch“.

Es sei vor allem eine gute Gelegenheit, um zu zeigen, welche Forderungen des trilateralen Abkommens schon erfüllt seien. Nach Wochen des Stillstands treffen sich Delegationen aus Finnland, Schweden und der Türkei erstmals wieder in Brüssel.

Die größte sicherheitspolitische Veränderung seit 200 Jahren.

Schwedens Außenminister Tobias Billström über das Nato-Beitrittsgesetz

Es sei daher „gut, dass die Gespräche wieder aufgenommen werden“, sagte Kristersson am Dienstag. Es gebe viel, worüber man sich „gegenseitig informieren“ müsse. Unterstützung gab es am Dienstag auch von Nato-Chef Stoltenberg. Es sei keine Frage, ob Schweden Mitglied im Verteidigungsbündnis werde, sagte er. Sondern lediglich, wann.

In Stockholm bereitet man sich darauf bereits vor. Ein Gesetz über den Nato-Beitritt wird in diesen Tagen im Parlament diskutiert, es soll schon Mitte März innenpolitisch den Weg ins Bündnis freimachen. Finnland hatte über ein ähnliches Gesetz bereits am 1. März abgestimmt. Wird der Entwurf angenommen, wäre es Außenminister Tobias Billström zufolge die „größte sicherheitspolitische Veränderung seit 200 Jahren“.

Im schwedischen Parlament gibt es dafür eine breite Mehrheit, nur die Linkspartei und Teile der Grünen wollen es ablehnen. Schwedens Regierung spricht sich auch explizit gegen die Stationierung von Atomwaffen im Land aus.

Man wolle es wie die anderen nordischen Nato-Länder Norwegen und Dänemark handhaben, es gebe keine Gründe „in Friedenszeiten Atomwaffen oder dauerhafte Stützpunkte auf schwedischem Territorium zu haben“.

Neues Terrorgesetz soll Erdogan überzeugen

Erdoğans Bedenken soll dagegen nun das neue Terrorgesetz aus dem Weg räumen.

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Am Vorschlag äußerte Schwedens Gesetzgebungsrat erst vergangene Woche scharfe Kritik. Der Gesetzesentwurf könne „in seiner jetzigen Form nicht als Grundlage für Gesetze verwendet werden“.

Er beanstandete mehrere uneindeutige Passagen, die Interpretation sei in der Praxis zu schwierig. Auch glauben die Jurist:innen, dass das neue Gesetz nicht nötig sei. Vieles sei ohnehin bereits strafbar: Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, dessen Finanzierung oder die Anwerbung neuer Mitglieder.

Regierungschef Kristersson reagierte abweisend auf die Kritik. Sein Land habe viel zu lange eine „laxe Gesetzgebung“ gehabt. Auch die ehemalige sozialdemokratische Regierung in Stockholm ignorierte Einwände des Gesetzgebungsrates häufig – und wurde dafür immer wieder von der damaligen Opposition um den jetzigen Ministerpräsidenten kritisiert.

Dennoch will Kristerssons rechtskonservative Regierung das Gesetz möglichst schnell durchs Parlament bringen, schon am 1. Juni soll es in Kraft treten. Das wäre zwei Wochen nach der türkischen Präsidentschaftswahl – und gut einen Monat vor dem Nato-Gipfeltreffen in Vilnius. Dahin will die schwedische Delegation als eigenständiges Bündnismitglied reisen. (mit dpa)

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