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In Lugo in der Romagna bringen Helfer Menschen und Tiere mit Schlauchbooten auf den überfluteten Straßen in Sicherheit.

© action press/LPS via ZUMA Press Wire / Zuma P

Flutkatastrophe in Italien: Die Italiener sind Klimaflüchtlinge im eigenen Land geworden

Es regnet weiter aufs überflutete Katastrophengebiet in Mittelitalien. Nach einer kurzen Pause am Sonntag gilt ab Montag wieder Alarmstufe Rot.

Die Fluten steigen weiter und mit ihnen steigt die Zahl derer, die ihre Häuser verlassen mussten. Mehr als 36.000 Menschen in der italienischen Region Emilia-Romagna sind inzwischen bei Freund:innen, Familienangehörigen, in Hotels untergekommen oder harren in Turnhallen aus, weil ihre Wohnungen überflutet und unbewohnbar sind.

Die Zahl der Toten lag am Sonntag bei 14. Das vorerst letzte Opfer, ein 79-jähriger Mann aus der Umgebung von Ravenna, wurde in seinem völlig überschwemmten Garten gefunden. Neben der Provinz Ravenna sind die von Cesena, Forlì, Bologna, in Teilen auch Rimini betroffen. Fast zwei Dutzend Flüsse dort sind über die Ufer getreten.

Nach einer Pause begann es am Sonntagfrüh in der Katastrophenregion erneut zu regnen, in vielen Gegenden sind Erdrutsche zu befürchten. „Die Erde auf den Bergen nahe Bologna rutscht weiter“, warnte Matteo Lepore, der Bürgermeister der Regionalhauptstadt, am Wochenende.

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Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat wegen des Notstands in Mittelitalien den Gipfel der G7 in Hiroshima vorzeitig verlassen. Bei einem Besuch im Katastrophengebiet versprach sie, ohne Details zu nennen, dass man die Chance nützen werden, die Region „gestärkt aus dem Wiederaufbau“ hevorgehen zu lassen.

Erst Dürre, dann Dauerregen

Seit Wochen regnet es in Italien, das noch wenige Wochen zuvor unter einer für die Jahreszeit ungewöhnlichen Dürre gelitten hatte. Flüsse und Seen führten bereits im Februar so wenig Wasser wie sonst in den - zunehmend extremen - Sommern. Im Mai öffnete sich dann der Himmel, und es goss nun ebenso extrem.

In den am schlimmsten betroffenen Gebieten der mittelitalienischen Emilia-Romagna begann der Notstand mit 200 Millimetern Regen, die zwischen dem 16. und 17. Mai in nur 24 Stunden auf Städte und Äcker niedergingen. In Wasser und Schlamm sind auch eine bisher unbekannte Zahl von Tieren auf Bauernhöfen umgekommen.

Während Zivilschutz, Armee und eine beeindruckende Zahl Freiwilliger aus ganz Italien im Katastrophengebiet Schlamm schaufeln, Menschen befreien und sie in Notunterkünften versorgen, wird immer heftiger über die Klimakatastrophe diskutiert und ihre bereits jetzt spürbare Folge: Extremwetter.

Vor dem Regen eine Flut von Zement

„Klimaflüchtlinge“ titelte die linke Tageszeitung „il manifesto“ am Sonntag zu einem Foto, das auf ihrer ersten Seite eine zum Bettenlager umfunktionierte Sporthalle zeigte.

Mit der linken Hand wird ein Gesetz gemacht und mit der rechten die Ausnahmen, damit die Wirtschaft ihre Projekte umsetzen kann.

Gabriele Bonelli, Stadtplaner an der Universität Modena

Die malerische Emilia-Romagna mit ihren vor allem bei Deutschen seit den 1950er Jahren beliebten Adriastränden ist, wie jetzt diskutiert wird, eine der am meisten zementierten Gegenden Italiens, übertroffen nur von der Lombardei, dem industriellen Herzen Italiens. Das Zuviel an Wasser hat kaum Möglichkeiten abzufließen.

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Der Ruf nach mehr als nur Nothilfe wird lauter. Fachleute der italienischen Wasserwirtschaft haben bereits in den vergangenen Tagen gewarnt. dass das Land zu wenige Rückhaltebecken habe. Das Wasser, das jetzt nur zerstört, könnte schon in wenigen Wochen dringend gegen die Dürre gebraucht werden.

Für Montag wieder Alarmstufe Rot

Die Region habe sich eigentlich ausgezeichnete Regeln gegeben, sagt Gabriele Bollini, Stadtplaner, Universitätsdozent für nachhaltiges Bauen in Modena und einer der Initiatoren eines Referendums gegen den Bodenverbrauch. Ein Gesetz von 2017 verbietet weitere Bodenversiegelung ab 2015 und beschränkt ihn seit 2018 schon.

Aber es nutze nichts, klagte Bollini jetzt in „il manifesto“: „Man kann es so sagen: Mit der linken Hand wird ein Gesetz gemacht und mit der rechten die Ausnahmen, damit die Wirtschaft ihre Projekte umsetzen kann.“ Sogar Logistikzentren gälten dabei als Bauten im öffentlichen Interesse und damit als erlaubt.

Nachdem der Regen in der Emilia-Romagna am Sonntag zeitweise nachließ, hat der Zivilschutz für den morgigen Montag erneut die höchste Alarmstufe ausgegeben. Es werden neue schwere Regenfälle erwartet. Alarmstufe Rot gilt jetzt sogar für den äußersten Süden, für Sizilien.

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