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Polen veregt Truppen an die Grenze zu Belarus. Sie ist auch die Ostgrenze der Nato.

© REUTERS/12 BRYGADA ZMECHANIZOWANA

Feindliche Militärhelikopter in Polens Luftraum: Eine Prise Angst, eine Prise Spott über die PiS-Regierung

Polens Wahlkampf bekommt zehn Wochen vor der Wahl ein neues Thema: Wer kann die Sicherheit des Landes vor Angriffen aus dem Osten garantieren?

| Update:

Droht eine militärische Konfrontation an der Ostgrenze der Nato? Polen beschuldigt Belarus, es sei am Dienstag mit zwei Hubschraubern in den polnischen Luftraum eingedrungen. Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak hat am Dienstagabend die Nato alarmiert und zusätzliche Streitkräfte an den Grenzabschnitt östlich der Stadt Bialystok geschickt, darunter Kampfhubschrauber.

Widersprüchliche Angaben der nationalpopulistischen Regierung zu dem Zwischenfall haben jedoch auch Polens Opposition alarmiert. Zehn Wochen vor der Wahl Mitte Oktober warnt sie, die Regierungspartei PiS übertreibe die Gefahr und spiele mit dem Gedanken, den Ausnahmezustand zu verhängen, um eine Niederlage zu verhindern.

Wenn das Land sich im Verteidigungszustand befindet, kann die Wahl verschoben werden. Die Opposition betont zudem, sie könne die Sicherheit des Landes besser garantieren als die PiS.

Furcht vor Wagner-Söldnern in Belarus

Polens Militär hatte zunächst bestritten, dass es zu einer Grenzverletzung im Rahmen der belarussischen Militärmanöver gekommen sei. Später hieß es dann, zwei Militärhubschrauber des Typs Mi-8 and Mi-24 seien in den polnischen Luftraum eingedrungen, jedoch in sehr niedriger Flughöhe, sodass die Radarüberwachung sie nicht erfasst habe. Einwohner grenznaher Dörfer alarmierten Polizei und Grenzschutz, doch die reagierten lange nicht.

Belarus bestreitet den Vorfall und behauptet seinerseits, Polen habe erst nach Konsultationen mit den USA seine Haltung verändert. Polen und Litauen sind direkte Nachbarn von Belarus und seit dem Putschversuch der Wagner-Söldner gegen Präsident Putin in erhöhter Alarmbereitschaft.

Auf Vermittlung des belarussischen Diktators Alexander Lukaschenko waren in der Folge Wagner-Einheiten nach Belarus verlegt worden. Litauen und Polen hatten mehrfach gewarnt, sie könnten Provokationen an der Ostgrenze des Bündnisses auslösen. Litauen hat eine rund 680 Kilometer lange Grenze zu Belarus. Dort stehen auch Bundeswehr-Einheiten zum Schutz des Nato-Partners.

Schwachstelle der Nato: der Suwalki-Korridor

Polens Grenze mit Belarus ist rund 400 Kilometer lang, hat aber einen besonderen strategischen Gefahrenpunkt am so genannten Suwalki-Korridor. In dieser Landenge, die die Nato-Staaten Polen und Litauen verbindet, liegen nur 65 Kilometer Luftlinie zwischen Belarus und der russischen Exklave Königsberg. Auf beiden Seiten stehen russische Militäreinheiten.

In Polens Innenpolitik ist der Vorfall zu einem Streitpunkt zehn Wochen vor der Wahl geworden. Die Opposition beschuldigt die PiS, fahrlässig mit der Sicherheit des Landes umzugehen.

Umgekehrt warnt Premier Mateusz Morawiecki immer wieder, Wagner-Söldner könnten sich als Migranten tarnen oder als belarussische Grenzer.

Bürger alarmieren Grenzschutz – keine Reaktion

Mit unverkennbarem Spott schildert Polens größte Oppositionszeitung „Gazeta Wyborcza“ den Gleichmut, mit dem die PiS-Regierung zunächst die Präsenz feindlicher Militärhubschrauber ignorierte. Einwohner von Dörfer drei Kilometer landeinwärts hatte erst die Polizei und dann den Grenzschutz informiert, dass fremde Militärhubschrauber über ihren Köpfen fliegen. Doch darauf geschah lange Zeit – nichts.

Wenn auf einen solchen Hinweis keine rasche militärische Schutzmaßnahme folge, würde selbst die spätere Entsendung einer ganzen Division wenig nützen, kritisiert der pensionierte General Boguslaw Pacek im Oppositionssender tvn. Er leitet die Denkfabrik Instytut Bezpieczeństwa i Rozwoju Międzynarodowego (Institut für Sicherheit und internationale Entwicklung) in Warschau.

„Dies ist ein erneuter Fehler, der verwundert“, erinnert Pacek an einen anderen Zwischenfall, bei dem eine russische Rakete unentdeckt blieb, die polnischen Luftraum durchquerte. Es sei bekannt gewesen, dass Belarus Manöver in Grenznähe abhält und dass von den Wagner-Söldnern zusätzliche Gefahr ausgehen kann.

Schon vor Monaten sei zudem empfohlen worden, Polens Truppen in Grenznähe zu verstärken – damals wegen der Versuche des belarussischen Diktators Alexander Lukaschenko, eingeflogene Migranten aus dem Mittleren Osten in Massen an die Grenze zu Polen zu schicken, um das Nachbarland zu destabilisieren.

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