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Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki

© Reuters/Jonathan Ernst

Update

EU-Gipfel in Brüssel: Polen und Ungarn blockieren europäischen Asylkompromiss

Die polnische Regierung verlangt, dass eine Entscheidung der EU-Innenminister von Anfang Juni rückgängig gemacht wird. Jedes Land solle selbst entscheiden.

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Polen und Ungarn haben aus Protest gegen den Anfang Juni erreichten Asylkompromiss in der Nacht zu Freitag die Verhandlungen der EU-Staats- und Regierungschefs blockiert. Beide Länder hätten erneut die Tatsache kritisiert, dass der Asylkompromiss nicht einstimmig beschlossen worden sei, hieß es in Diplomatenkreisen in Brüssel.

Die Staats- und Regierungschefs verließen das Ratsgebäude gegen halb zwei Uhr morgens, ohne sich auf eine Abschlusserklärung geeinigt zu haben.

Am Freitag sollten erneut Migration sowie China und wirtschaftlichen Themen auf der Tagesordnung stehen. Polen und Ungarn hatten Anfang Juni als einzige Staaten gegen die geplante Verteilung von Flüchtlingen in der EU gestimmt. Die schwedische EU-Ratspräsidentschaft hatte entschieden, bei dieser Abstimmung eine qualifizierte Mehrheit gelten zu lassen. Der Asylkompromiss muss noch vom EU-Parlament abgestimmt werden.

Polen verlange am Donnerstag in Brüssel, eine Entscheidung der EU-Innenminister von Anfang Juni rückgängig zu machen. Das Land hat beim EU-Gipfel eine Überarbeitung der Pläne für eine Asylreform gefordert. Die Entscheidung der EU-Innenminister sieht vor, dass die Aufnahme von Flüchtlingen künftig nicht mehr freiwillig, sondern verpflichtend sein soll. Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, würden zu Ausgleichszahlungen gezwungen.

Polen forderte nun, dass jedes EU-Land selbst darüber entscheiden sollte, wie es Länder mit besonders hohen Migrationszahlen unterstützt. Die Aufnahme von Schutzsuchenden sollte freiwillig sein, heißt es in einem Textvorschlag für die Abschlusserklärung des EU-Gipfels, der der Deutschen Presse-Agentur vorlag.

Die polnische Regierung stellte sich zudem auf den Standpunkt, dass in der Migrationspolitik nur noch nach dem Konsensprinzip entschieden werden sollte. Dies würde bedeuten, dass Beschlüsse nicht mehr per Mehrheitsentscheidung getroffen werden könnten, sondern nur noch dann, wenn es keine Gegenstimmen gibt.

Polen verwies darauf, dass bereits bei Gipfeln in den Jahren 2016, 2018 und 2019 ein entsprechendes Vorgehen vereinbart worden sei. So heißt es in einer Erklärung der Staats- und Regierungschefs aus dem Juni 2019: „Es muss ein Konsens für eine Reform der Dublin-Verordnung auf der Grundlage eines ausgewogenen Verhältnisses von Verantwortung und Solidarität gefunden werden.“

Polen interpretiert dies offensichtlich so, dass in der gesamten Asylpolitik nur noch mit Konsens entschieden werden soll. Die Dublin-Verordnung regelt zum Beispiel, dass Asylbewerber da registriert werden sollen, wo sie die Europäische Union zuerst betreten haben. Dieses Land ist dann in der Regel auch für den Asylantrag zuständig.

Auch Ungarn hatte bereits vor dem Gipfel angekündigt, dass es sich an der geplanten Verteilung von Flüchtlingen in der EU nicht beteiligen und auch keine Ausgleichszahlungen leisten werde. (dpa, AFP)

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