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Derzeit arbeite die Bundesregierung „unter Hochdruck“ daran, die Lage zu klären, sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD).

© Imago/Metodi Popow

Nach Militärputsch in Niger: Pistorius hat kein klares Bild über Folgen für die Bundeswehr

Man werde den Akteuren im Niger verdeutlichen, dass sich Deutschland aus den Angelegenheiten des Landes heraushalten werden, so der Verteidigungsminister. Die Sicherheit der Truppe habe Priorität.

Die Lage im Niger ist nach dem Militärputsch unübersichtlich. Stationiert sind in dem Land in der Sahel-Zone aktuell rund 100 Frauen und Männer der Bundeswehr. Nach bisherigen Planungen sollte der Lufttransportstützpunkt in der Hauptstadt Niamey eine zentrale Rolle beim Abzug der Truppe aus Mali spielen. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat jetzt deutlich gemacht, dass die Bundesregierung noch kein klares Bild darüber habe, was der Putsch für die Bundeswehrsoldaten im Niger bedeutet.

„Die Lage ist dynamisch, so ist zum Beispiel noch nicht klar, wie sich die Führung in der Zukunft zum Engagement der westlichen Partner aufstellen wird“, sagte Pistorius dem „Spiegel“.

Militärs im Niger hatten am Mittwoch den seit 2021 amtierenden Präsidenten Mohamed Bazoum festgesetzt. Am Freitag präsentierte sich der Chef der Präsidentengarde, General Abdourahamane Tchiani, als „Präsident des Nationalrats zum Schutz des Vaterlands“ und damit als neuer De-facto-Machthaber. Er rechtfertigte den Staatsstreich mit der Verschlechterung der Sicherheitslage.

Derzeit arbeiten unsere Logistikspezialisten intensiv daran, die aktuellen Entwicklungen in ihre Abzugspläne mit einzubeziehen.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) über die Lage der Bundeswehr in Mali

Derzeit arbeite die Bundesregierung „unter Hochdruck“ daran, die Lage zu klären, sagte Pistorius. In Gesprächen mit der nigrischen Seite werde man verdeutlichen, „dass sich unsere Kräfte aus den innernigrischen Angelegenheiten heraushalten“.

„Oberste Priorität hat für mich, dass unsere Frauen und Männer vor Ort in Sicherheit sind“, betonte der Verteidigungsminister dem Bericht zufolge. Derzeit aber bestehe offenbar keine akute Gefahr für die am Flughafen in Niamey stationierten Soldaten. Dies sei das Ergebnis eines Gesprächs mit dem Leiter des Lufttransportstützpunktes.

„Er hat mir bestätigt, dass es aktuell keine erhöhte Bedrohung durch die Putschisten gibt, weder für Zivilisten noch für Soldatinnen und Soldaten“, sagte Pistorius. Trotzdem sei die Sicherung des Stützpunktes „lagegerecht“ angepasst worden.

Aus Sicht des Ministers ist es dem Bericht zufolge zu früh, über ein Ende des Engagements der Bundeswehr in Niger zu debattieren. „Wir führen Gespräche und brauchen Geduld, um zu sehen, wie sich das Machtzentrum in Niger formiert“, sagte Pistorius. „Erst dann lassen sich Rückschlüsse über die künftige Zusammenarbeit mit der künftigen Führung in Niger ziehen.“

Klar aber sei, dass die Stabilität der Sahel-Regionen von zentraler Bedeutung für Deutschland und Europa sei, deswegen müsse man mit allen Regierungen der Region im Gespräch bleiben.

Flugplatz im Niger spielt für Mali-Rückzug wichtige Rolle

Der Minister betonte, die Auswirkungen des Putsches auf den Abzug der Bundeswehr aus Mali seien derzeit noch unklar. „Niamey spielt bei unseren Abzugsplanungen für Mali eine wichtige Rolle“, sagte Pistorius demnach. „Derzeit arbeiten unsere Logistikspezialisten intensiv daran, die aktuellen Entwicklungen in ihre Abzugspläne mit einzubeziehen“. In Mali sind derzeit noch rund 1100 Soldatinnen und Soldaten stationiert, die bis Endes des Jahres abgezogen werden sollen

Gleichsam sei es wichtig, „konzentriert zu arbeiten, aber keine übereilten Entscheidungen zu treffen“. Derzeit sei noch nicht abzusehen, ob alternative Pläne für den Abzug nötig würden.

Am Donnerstag hatte sich die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann besorgt über mögliche Folgen des Putsches im Niger für den Abzug der Bundeswehr aus Mali gezeigt.

„Die Lage in Niger ist sehr unübersichtlich“, sagte die Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses den Funke-Zeitungen. „Entscheidend für uns ist, dass der Abzug unserer Soldatinnen und Soldaten aus Mali, sofern über den Flughafen in Niger erforderlich, weiterhin geordnet stattfindet.“

Union spricht von „Totalversagen“ der Ampel

Unionsfraktionsvize Johann Wadephul (CDU) warf der Bundesregierung angesichts des Putschs im Niger außenpolitisches „Totalversagen“ vor. Der „letzte Pfeiler der deutschen und europäischen Sahel-Politik“ scheine mit dem Staatsstreich weggebrochen zu sein, sagte Wadephul der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“.

Es müsse daher „von einem Totalversagen der Sahel-Politik dieser Bundesregierung“ gesprochen werden, die Ampel-Koalition laufe den Entwicklungen in der Region konzeptlos hinter. Wadephul sprach sich für eine deutsche Präsenz in der Sahel-Zone auch nach dem Putsch aus.

Insbesondere mit Blick auf die im Niger und im Rahmen der Minusma-Mission im Nachbarland Mali stationierten Bundeswehrsoldaten sagte Wadephul, Deutschland müsse „so lange wie möglich den Flughafenbetrieb aufrechterhalten“. Dies sei „wichtig“, um den geplanten Rückzug der Bundeswehr aus Mali „geordnet durchzuführen“.

Eine Zusammenarbeit mit einer „etwaigen Putsch-Regierung“ im Niger könne „natürlich nicht in dem Maße fortgesetzt werden, wie wir es bisher mit den nigrischen Streitkräften getan haben“, sagte Wadephul. Deutschland habe aber „insgesamt ein strategisches Interesse, weiterhin sicherheitspolitisch in der Sahel-Region präsent zu sein“. Die Bundesregierung müsse hierzu robuste Vorschläge machen. (lem)

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