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Klimaaktivistinnen demonstrieren vor dem Klimagipfel.

© dpa/Hannes P Albert

Update

COP28-Abschlussentwurf ist „eine Enttäuschung“: Deutschland und EU lehnen Beschlussentwurf ab

Ein wenige Stunden vor Abschluss der UN-Klimakonferenz veröffentlichter Beschlussentwurf rückt von einem Ausstieg aus fossilen Brennstoffen ab. Umweltschützer warnen vor den Folgen.

| Update:

Ein neuer Entwurf für den Abschlusstext der Weltklimakonferenz in Dubai sieht keinen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas mehr vor. In dem 21-Seiten-Papier, das am Montagabend veröffentlicht wurde, ist nur noch von einer Reduzierung beim Verbrauch und der Produktion fossiler Brennstoffe die Rede. In einer vorherigen Version war der Ausstieg noch als eine von mehreren Optionen erwähnt worden. Umweltorganisationen reagierten enttäuscht.

Jan Kowalzig, Experte der Organisation Oxfam, sprach von einer „sehr schwachen Formulierung“ zur Abkehr von fossilen Energien. Und sogar die anderen angestrebten Ziele - eine Verdreifachung der erneuerbaren Energien und die Verdoppelung der Energieeffizienz - fänden sich nicht als Ziel wieder, sondern nur als eine mögliche Maßnahme. „So darf die COP28 nicht enden“, warnte er.

Das 2015 in Paris vereinbarte 1,5-Grad-Ziel werde mit diesem Entwurf „trotz gegenteiliger Beteuerungen an anderer Stelle im Text wohl aus dem Fenster geworfen“. Kowalzig forderte, die Europäische Union dürfe der Erklärung in keinem Fall zustimmen und müsse diesen Text mit ihren Verbündeten unter den Entwicklungsländern lautstark ablehnen und erhebliche Nachbesserungen einfordern.

Deutschland und die EU weisen den Entwurf zurück

Deutschland und die EU haben den neuen Entwurf zurückgewiesen. Der von der emiratischen COP-Präsidentschaft vorgelegte Text sei „eine Enttäuschung“ und „nicht akzeptabel“, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Montag. Baerbock führt für die EU die Verhandlungen in dem wichtigen Bereich Emissionsminderung.

Außer Baerbock äußerte sich auch EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra enttäuscht über den neuen Beschlussentwurf. „Es sind ein paar gute Dinge darin, aber insgesamt ist es eindeutig unzureichend und nicht angemessen zur Bekämpfung des Problems, das wir hier bekämpfen müssen“, sagte er in Dubai vor Journalisten. Das Dokument enthalte Formulierungen, die er „einfach nicht akzeptieren“ könne.

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Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer hatte Deutschland vor dem Endspurt bei der UN-Klimakonferenz in Dubai zu einem entschlossenen Einsatz für eine Abkehr von den fossilen Energieträgern aufgerufen. „Deutschland ist hier ein politisch mächtiges Land, jetzt erwarten wir, dass die Bundesregierung liefert“, sagte die Aktivistin der Klimaschutzbewegung Fridays for Future dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Montagsausgabe). 

Die Bundesregierung habe zu Beginn der Verhandlungen „große Ankündigungen gemacht, eine Einigung finden zu wollen, die dem Pariser Abkommen gerecht wird und keine neuen Schlupflöcher für die Öl-Konzerne schafft“. Nun gebe es für Deutschland in Dubai keine Ausreden: „Für den Ausstieg aus Kohle Öl und Gas muss alles gegeben werden“, sagte Neubauer.

Auch andere Naturschützer und Klimaaktivisten warnten vor einem abgeschwächten Ergebnis. Die Klimachefin von WWF Deutschland, Viviane Raddatz, sagte am Montag in Dubai, es dürfe im Abschlusstext „keine Schlupflöcher“ geben - etwa mit Formulierungen, die die Tür für eine große Rolle von Technologien zur CO2-Speicherung und -Abscheidung öffneten. Stattdessen müsse ein Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas erreicht werden, gekoppelt mit einem rapiden Aufbau der Erneuerbaren.

Caroline Brouillette vom Climate Action Network Kanada sagte, der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen könne nicht ohne eine deutliche Ausweitung der internationalen öffentlichen Unterstützung für eine schnelle und gerechte Energiewende geschafft werden, einschließlich einer Finanzierung zum Aufbau erneuerbarer Energien. „Für ärmere Länder, deren Volkswirtschaften stark von fossilen Brennstoffe abhängen, ist ein Ausstieg ohne diese Unterstützung undenkbar.“

Naturschützer kritisieren Industriestaaten als heuchlerisch

Weiter kritisierte sie westliche Industriestaaten als heuchlerisch, die ihre Öl- und Gasproduktion trotz Klimakrise ausweiten wollten. „Die USA, Kanada, Norwegen, Australien und das Vereinigte Königreich sind große Produzenten und Exporteure fossiler Brennstoffe, die für 50 Prozent der Ausbaupläne für die weltweite Öl- und Gasförderung verantwortlich sind. Diese großen fünf Länder müssen vorangehen.“

Die Konferenz in den Vereinigten Arabischen Emiraten mit 97.000 Teilnehmern soll planmäßig am Dienstagmorgen enden. In den vergangenen Jahren ist sie aber stets verlängert worden.

Die Verhandlungen waren am Wochenende ins Stocken geraten. Ein neuer Entwurf für das Abschlussdokument sollte mit Verzögerung am Mittag veröffentlicht werden. Der strittigste Punkt ist, ob sich die Staatengemeinschaft einstimmig auf einen Ausstieg aus den klimaschädlichen Energieträgern Kohle, Öl und Gas einigen kann. Etliche Staaten leisten Widerstand, darunter der Ölstaat Saudi-Arabien, aber auch China, der Irak und Russland.

Jetzt ist es an der Zeit für maximalen Ehrgeiz und maximale Flexibilität.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres

UN-Generalsekretär Antonio Guterres rief die Staaten dazu auf, sich zusammenzuraufen und den fossilen Ausstieg zu beschließen. „Jetzt ist es an der Zeit für maximalen Ehrgeiz und maximale Flexibilität“, sagte Guterres am Montag bei einem Auftritt vor der Weltpresse in Dubai. „Minister und Verhandlungsführer müssen willkürliche rote Linien, festgefahrene Positionen und Blockadehaltungen hinter sich lassen.“

Das heiße nicht, dass alle Staaten dabei gleich schnell vorgehen müssten, sagte der UN-Generalsekretär und sprach damit einen weiteren wichtigen Streitpunkt zwischen den Staaten an. Wichtig sei das Ziel, weltweit 2050 auf netto null bei den klimaschädlichen Treibhausgasemissionen zu kommen.

Zuvor hatte Guterres auf X, vormals Twitter, angekündigt, er sei in der Endphase der Konferenz nach Dubai zurückgekehrt, um den Verhandlern Druck zu machen. „Sorgt dafür, dass die #COP28 zählt.“

UN-Klimasekretär Simon Stiell rief die Verhandler aus fast 200 Ländern am Montag einen Tag vor dem geplanten Konferenzende auf, jede „unnötige taktische Blockade“ zu beenden.

UN-Klimasekretär Simon Stiell.

© dpa/Hannes P Albert

Die Absage mehrerer öffentlicher Veranstaltungen zeigt, dass hinter den Kulissen weiter eifrig an einem neuen Entwurf für den zentralen Beschlusstext gearbeitet wird. Das Taktieren in Dubai müsse ein Ende haben, forderte Stiell.

„Jeder Schritt weg von den höchsten Ambitionen kostet unzählige Millionen Menschenleben - und zwar nicht im nächsten politischen oder wirtschaftlichen Zyklus, mit dem künftige Staats- und Regierungschefs zu kämpfen haben, sondern bereits jetzt, in jedem Land.“ Weiter sagte er: „Die Welt schaut zu, so wie die 4000 Medienvertreter und tausende Beobachter hier in Dubai. Nirgendwo kann man sich verstecken.“

Die Absage mehrerer öffentlicher Veranstaltungen zeigt, dass hinter den Kulissen weiter eifrig an einem neuen Entwurf für den zentralen Beschlusstext gearbeitet wird. Das Taktieren in Dubai müsse ein Ende haben, forderte Stiell.

„Jeder Schritt weg von den höchsten Ambitionen kostet unzählige Millionen Menschenleben - und zwar nicht im nächsten politischen oder wirtschaftlichen Zyklus, mit dem künftige Staats- und Regierungschefs zu kämpfen haben, sondern bereits jetzt, in jedem Land.“ Weiter sagte er: „Die Welt schaut zu, so wie die 4000 Medienvertreter und tausende Beobachter hier in Dubai. Nirgendwo kann man sich verstecken.“ (AFP, dpa)

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