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Transparenz in Zoos: Nehmt die Besucher endlich ernst!

Raubtiere fressen Fleisch – aber viele Zoos denken, dass sie das verstecken müssen. Ein Irrtum. Das Publikum sollte selbst entscheiden können, ob es Blut sehen will oder nicht.

Ein Kommentar von Sebastian Leber

Im Leipziger Zoo verlief eine Raubtierfütterung nicht nach Plan, weil ein Löwe den Kopf eines Zebras vor den Augen der Besucher verspeiste – statt im Verborgenen. Irritierend daran ist nicht die Tatsache, dass Tiere Fleisch essen, sondern dass Zoos glauben, ihren Besuchern den Anblick nicht zumuten zu können. Wenn die Zuschauer schon das nicht sehen sollen, was wird dann noch alles vor ihnen verborgen?

Deutschen Zoos täte tatsächliche, nicht nur behauptete, Transparenz gut. Sie sollten die Öffentlichkeit darüber informieren, welche Verhaltensstörungen in ihren Gehegen vorkommen, welche davon sich behandeln lassen und welche nicht. Sie sollten kommunizieren, wie oft Psychopharmaka eingesetzt werden. Auch darüber aufklären, wie viele „Überschusstiere“ gezüchtet und dann verfüttert werden.

All diese Informationen braucht es, damit sich die Besucher ein eigenes Bild machen und das Für und Wider eines Zoobesuchs realistisch abwägen können. Denn von beidem gibt es reichlich. Als Bürger möchte ich entscheiden können: Unterstütze ich das System Zoo mit meinem Besuch und meinem Eintrittsgeld – oder kann ich dies nicht verantworten?

Wie wäre es mit unterschiedlichen Fütterungen: eine harmlose für kleine Kinder – und eine, die zeigt, was Raubtiere tatsächlich fressen?

Sebastian Leber, Tagesspiegel-Reporter

Transparenz ist auch notwendig für die politische Debatte. Zum Beispiel die Frage, ob Tierschutzgesetze nachgebessert werden müssen. Ob staatliche Gelder möglicherweise an schärfere Bedingungen geknüpft werden sollten. Die meisten Zoos erhalten schließlich massive Unterstützung vom Steuerzahler. Umso mehr sollte dieser Bescheid wissen, was dort wirklich passiert.

Wer aus dem, was in seinem Zoo hinter den Kulissen vor sich geht, ein Geheimnis macht oder nur den Anschein erweckt, er wolle etwas verbergen, darf sich nicht wundern, dass Zoohaltung grundsätzlich in Verruf gerät.

Die grassierende Heimlichtuerei zeigt sich leider auch in der miserablen Krisenkommunikation des Leipziger Zoos. Durch Abblocken und Herunterspielen bauschte der die Affäre um seinen versetzten Tierpfleger Jörg Gräser über Wochen überhaupt erst auf. Und säte so Misstrauen.

Das Vorgaukeln einer heilen Tierpark-Welt missachtet nicht nur den Bildungsauftrag der Institution Zoo, sondern ist auch Ausdruck einer systematischen Unterschätzung seiner Besucher. Warum gibt es keine Infotafeln, die auch über die gängigsten Verhaltensstörungen und Schwierigkeiten der Zoozucht aufklären?

Und wie wäre es mit unterschiedlichen Fütterungen: einer harmlosen für kleine Kinder – und einer, die zeigt, was Raubtiere tatsächlich fressen?

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