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Der ehemalige Vorsitzende der Chefredaktion der „Bild“-Zeitung Julian Reichelt (Archivbild).

© imago images/Jörg Schüler

„Vorwurf Machtmissbrauch“: ARD-Sendung über Ex-„Bild“-Chef Reichelt ist wieder online – aber mit Pieptönen

Nach einem Gerichtsurteil hatte der NDR eine Sendung über Reichelts angeblichen Machtmissbrauch aus der Mediathek entfernt. Nun ist sie in einer bearbeiteten Fassung wieder abrufbar.

Am 16. Februar veröffentlichte der NDR eine Ausgabe von „Reschke Fernsehen“, sie trägt den Titel „Vorwurf Machtmissbrauch: Die Akte Julian Reichelt“. Anfang Mai aber war sie aus der Mediathek der ARD verschwunden. Der Grund: Reichelt ging juristisch gegen den NDR vor und das Landgericht Hamburg untersagte per Beschluss Äußerungen in mehreren Passagen der Sendung.

„Vorwurf Machtmissbrauch“: Die Sendung ist wieder online

Die Ausgabe von „Reschke Fernsehen“ beschäftigte sich mit den Vorwürfen von Machtmissbrauch gegen den ehemaligen, im Oktober 2021 entlassenen „Bild“-Chef Julian Reichelt – und ist nun wieder in der Mediathek abrufbar. Warum das? Der Beschreibungstext der Folge erklärt es so:

Was war da los bei der BILD-Zeitung unter Julian Reichelt? Eine Belastungszeugin fasst es so zusammen: ,Er hat mir sehr anzügliche und übergriffige Nachrichten geschrieben’. Gegen diese und viele andere Äußerungen ist Julian Reichelt gerichtlich vorgegangen. In diesem Fall erfolglos, andere Passagen dürfen wir momentan nicht mehr zeigen. Der Kern unserer Berichterstattung ist nicht betroffen. Seht selbst – voilà!

Julian Reichelt wird in mehreren Medien-Recherchen vorgeworfen, seine Macht als Chefredakteur der „Bild“-Zeitung missbraucht zu haben. Er soll sexuelle Beziehungen zu Mitarbeiterinnen gehabt haben, die beruflich von ihm abhängig gewesen seien.

In der wieder verfügbaren Sendung wird der Anwalt Christian-Oliver Moser mit den Worten zitiert, dass eine „zweistellige Zahl von Frauen“ Vorwürfe gegen Reichelt erhebe. „Meines Erachtens war das schon ein Fall des systematischen Machtmissbrauchs.“

Sendung über Julian Reichelt – jetzt mit Pieptönen

„Reschke Fernsehen“ zitiert zwölf Männer und Frauen, die Reichelt belasten, aber in der gegenwärtigen Fassung der Sendung sind an mehreren Stellen lange Pieptöne zu hören, außerdem wurde Text in den Aussagen entfernt.

Screenshot aus der bearbeiteten Sendung „Vorwurf Machtmissbrauch: Die Akte Julian Reichelt“
Screenshot aus der bearbeiteten Sendung „Vorwurf Machtmissbrauch: Die Akte Julian Reichelt“

© NDR / Screenshot Tagesspiegel

Die Entscheidung des NDR wirkt wie ein Kompromiss. Die Sendung ist wieder verfügbar, aber nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form. Das könnte einen Effekt haben, der ganz und gar nicht im Sinne Reichelts ist: Gerade weil nun Aussagen von mutmaßlichen Opfern gekürzt wurden, könnten Zuschauer:innen neugierig werden und tiefer in das Thema einsteigen.

„Einige Passagen sind derzeit Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzung“

Wird irgendwann wieder die ursprüngliche Sendung in der ARD-Mediathek veröffentlicht? Das bleibt abzuwarten. Der bearbeiteten Sendung ist eine Texttafel vorangestellt, sie lautet: „Diese Version ist eine bearbeitete Fassung. Einige Passagen sind derzeit Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzung. Sie sind vorläufig unkenntlich gemacht.“

Der Springer-Konzern und die „Bild“-Zeitung stehen momentan medial unter Druck. Im April veröffentlichte die „Zeit“ eine Recherche über den Verleger Mathias Döpfner, in der ihm unter anderem eine versuchte inhaltliche Einflussnahme auf die „Bild“ vorgeworfen wird.

Kurz darauf erschien der Roman „Noch wach?“ von Benjamin von Stuckrad-Barre, es geht um Machtmissbrauch in einem Boulevardsender und zwei der Hauptfiguren sollen offensichtlich Döpfner und Reichelt sein, obwohl sie nie so genannt werden. Kürzlich erschien bei Spotify außerdem der Podcast „Boys Club – Macht & Missbrauch bei Axel Springer”.

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