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Feuer und Löscharbeiten in Parnitha am 23. August 2023

© IMAGO/ANE Edition

Update

80 Prozent der Landesfläche unter Rauchwolken: Feuerhölle in Griechenland wütet weiter – Waldbrände auch in der Türkei

Es brennt derzeit in Griechenland und in der Türkei lichterloh. Der aktuelle Überblick zur Lage.

In Kanada und auf Teneriffa scheinen die vormals verheerenden Brände halbwegs im Griff zu sein. Anders sieht es in Griechenland aus.

In der Nacht zum Mittwoch haben hier viele Tausend Bürger an der Seite der Feuerwehrleute gegen die zahlreichen Waldbrände im Land gekämpft, Freiwillige genauso wie Hausbesitzer und Dorfbewohner. Mit Gartenschläuchen und Feuerlöschern, aber auch mit Decken, Besen und Sträuchern in den Händen versuchen sie, den Flammen beizukommen.

Den Flammen machte das wenig aus, auch wenn auf diese Weise immer wieder Häuser und ganze Dörfer gerettet werden können.


Die Brände in Griechenland

Weiterhin brannten riesige Wald- und Buschflächen im Nordosten des Landes im Nationalpark Dadia, außerdem rund um die Hafenstadt Alexandroupolis, aber auch auf der Insel Euböa sowie westlich und nördlich der Hauptstadt Athen.

Nicht mitgezählt sind dabei die zahllosen kleineren Brände, die am Dienstag ausbrachen, aber schnell unter Kontrolle gebracht oder gelöscht werden konnten. Viele Menschen waren in den Waldbrandgegenden ohne Strom und Wasser, weil Strommasten verbrannten.

Brände in Griechenland am 23. August (letzte 24 Stunden)

© NAsa Firms

„Ich habe nur meine Medikamente eingepackt, dann sind wir los“, berichtete eine ältere Frau, die mit anderen aus dem Dorf Dikella westlich von Alexandroupolis fliehen musste.

Der Fernsehsender Skai zeigte die verzweifelten Menschen: Zu Dutzenden wurden sie am Strand von Booten der Küstenwache und der Feuerwehr gerettet und über das Meer in Sicherheit gebracht. Ein großer Teil der Ortschaft fiel später den Flammen zum Opfer, wie der Sender berichtete. Auf dem dahinterliegenden Berg loderte die Feuerwand bis zu 20 Meter hoch.

Hohe Feinstaubwerte: Fast ganz Griechenland leidet unter Rauchwolken

Wegen der zahlreichen großen Wald- und Buschbrände in Griechenland hat sich die Luftqualität in den vergangenen Tagen in weiten Teilen des Landes massiv verschlechtert.

Einem Bericht der Tageszeitung „Kathimerini“ zufolge sollen zwischenzeitlich bis zu 80 Prozent der Landesfläche von Rauchwolken bedeckt gewesen sein. Das Problem betreffe fast das ganze Land, sagte Nikos Michalopoulos, Wissenschaftler am Nationalen Observatorium von Athen, der Zeitung.

Laut griechischem Wetterdienst zog der Rauch der gewaltigen Brände im Nationalpark Dadia im Nordosten des Landes am Dienstag mehr als 950 Kilometer weit bis zu den Inseln im Ionischen Meer.

Er bedeckte demnach eine Fläche von rund 110.000 Quadratkilometern, was rund 80 Prozent des griechischen Territoriums entspräche. „Es ist einer der beeindruckendsten Rauchtransporte, die wir in den letzten Jahren gesehen haben“, sagte der Direktor des Nationalen Observatoriums von Athen, Kostas Lagouvardos.

Bürger sollen nicht nach draußen gehen

Der griechische Verband der Pneumologen empfehle den Bürgern, sich so weit wie möglich in Innenräumen aufzuhalten und Fenster und Türen geschlossen zu lassen.

Konkret wurden am Dienstag etwa in der von Bränden fast umzingelten Stadt Alexandroupolis zwischenzeitlich Werte von 106 Mikrogramm Feinstaub der Größenkategorie PM2.5 (Durchmesser kleiner als 2,5 Mikrometer) pro Kubikmeter Luft gemessen.

Gerade solche kleinen Partikel gelten als schädlich und als Verursacher von Schlaganfällen, Krebs und Atemwegserkrankungen. Sie können teils bis in die Lungenbläschen und in die Blutbahn vordringen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt einen Grenzwert für PM2,5-Feinstaub von 5 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft – allerdings für die mittlere jährliche Belastung. Tageswerte können dabei deutlich höher liegen.

19 tote Migranten

Die Bilder waren nur ein kleiner Ausschnitt des Infernos, welches das ganze Land in Atem hält. Große Bestürzung löste der Tod von 18 Migranten aus, die sich in der Gegend des Nationalparks in einer Hütte versteckt hatten, vermutlich nachdem sie illegal aus der Türkei eingereist waren.

Zuvor war in der Gegend bereits die Leiche eins anderen Migranten entdeckt worden, der an Rauchvergiftung gestorben sein soll.

„Trotz der ständigen Bemühungen der Behörden, die Grenzen und das menschliche Leben zu schützen, bestätigt diese Tragödie einmal mehr die Gefahren der illegalen Einwanderung“, sagte Migrationsminister Dimitris Kairidis. Staatspräsidentin Ekaterini Sakellaropoulou sagte, man trauere um den Verlust der Menschen und sei bestürzt über die Unfähigkeit, diesen zu verhindern.

Unter den Toten sollen auch zwei Kinder gewesen sein, wie der Staatssender ERT unter Berufung auf Gerichtsmediziner berichtete, die an der Unglücksstelle die Arbeit aufgenommen haben. „Die Durchsuchungen im gesamten Gebiet gehen weiter“, versicherte Feuerwehrsprecher Giannis Artopoios.

Er wies darauf hin, dass für die gesamte Gegend schon früh Warn-SMS verschickt worden seien, die auch auf ausländischen Smartphones empfangen würden.

Regierungssprecher: Eine Brandsaison wie keine zuvor

„Trotz des Alarms und der Evakuierungsmitteilungen erwies sich der Aufenthalt (der Menschen) im Wald von Dadia leider als tödlich“, sagte Regierungssprecher Pavlos Marinakis. Es herrsche tiefe Trauer über den Tod der Mitmenschen am Evros. Das Land sei mit vielen gleichzeitigen Feuerfronten in verschiedenen Regionen konfrontiert.

Alle verfügbaren Kräfte kämpften gegen eine Brandsaison, die sämtliche Präzedenzfälle in den Schatten stelle, sagte Marinakis.

Die Gefahr für Waldbrände bleibt dem griechischen Zivilschutz zufolge auch am Mittwoch in weiten Teilen des Landes sehr hoch – besonders in jenen Regionen, in denen es ohnehin schon brennt.

Vor allem der für die Jahreszeit übliche Sommerwind „Meltemi“ macht der Feuerwehr das Leben schwer und treibt die Flammen voran. Er soll noch bis mindestens Samstag herrschen, hieß es.

Athener Staatsanwaltschaft ordnet Untersuchung wegen Brandstiftung an

Nach dem Tod von mindestens 19 Menschen bei schweren Waldbränden in der Region des griechisch-türkischen Grenzflusses Evros hat die Staatsanwaltschaft von Athen Ermittlungen wegen Brandstiftung eingeleitet. Dies berichtete am Mittwoch der griechische Rundfunk (ERT).

„Untersuchen Sie die Ursachen dieser Brände einschließlich jeglicher organisierter krimineller Aktivitäten“, zitierte der Sender den Auftrag der obersten Staatsanwältin Georgia Adeilini in einem Schreiben an die zuständigen Staatsanwälte von Evros.

Die Behörden vermuten Brandstiftung als Ursache der zahlreichen Großbrände mit katastrophalen Folgen am Fluss Evros.  

Ein Feuer am Rand von Athen am 22. August 2023.
Ein Feuer am Rand von Athen am 22. August 2023.

© AFP/ANGELOS TZORTZINIS

Deutsche Löschflugzeuge bei Bränden nahe Athen im Einsatz

Die zwei deutschen Löschflugzeuge, die am Dienstag im Rahmen des Katastrophenschutz-Mechanismus der EU nach Griechenland geschickt wurden, sind am Mittwoch bei den Bränden nordwestlich der Hauptstadt Athen zum Einsatz gekommen.

Sie kämpften gegen die Brände am Gebirge Parnitha, wo einem Polizeisprecher zufolge am Morgen insgesamt 65 Löschzüge sowie sieben Löschflieger und acht Hubschrauber im Einsatz waren. Die zwei Flugzeuge waren erst Ende Juni von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sowie der niedersächsischen Ministerin für Inneres und Sport, Daniela Behrens (SPD), gemeinsam vorgestellt worden.


Die Brände in der Türkei

Die anhaltenden Waldbrände in der Türkei haben am Dienstag zur Sperrung der Dardanellen für den Schiffsverkehr geführt. Der Wasserweg liegt zwischen dem Ägäischen Meer und dem Marmarameer und verbindet damit das Mittelmeer mit dem Schwarzen Meer.

Der Verkehr sei in beide Richtungen eingestellt worden, damit Löschflugzeuge zur Bekämpfung des Waldbrands sicher Wasser aus dem Meer entnehmen könnten, erklärte die Reederei Tribeca.

Betroffen seien 15 nordwärts und 19 südwärts fahrende Schiffe. Größere Schiffe müssten bis Mittwochmorgen auf die Durchfahrt warten, um die Meerenge bei Tageslicht passieren zu können.

Dem türkischen Verkehrsministerium zufolge standen Schlepper bereit, sollte sich das Feuer der Küste nähern. Die Brände lodern in der Provinz Canakkale. Landwirtschafts- und Forstminister Ibrahim Yumakli zufolge haben sie zur Evakuierung von sechs Dörfern geführt. (dpa/Reuters)

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