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Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Obwohl Lauterbach Hausärzten Entlastungen zusagt: „Die Wut steigt, die Proteste müssen weiter gehen“

Die niedergelassenen Mediziner wollen mehr Honorar. Gesundheitsminister Lauterbach kommt zumindest den Hausärzten entgegen. Doch den Konflikt entschärft er nicht.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat Hausarzt-Praxen nach einem Krisentreffen umfangreiche Hilfe zugesagt – die Mediziner aber bleiben skeptisch. Der SPD-Politiker sprach von einer „großen Reform“, die Hausärzte sollten besser vergütet werden und mehr Zeit für die Patienten haben. Die Praxen sollten von „übermäßiger Bürokratie“ befreit werden, wie es in einem Papier heißt. Zwei Gesetze sollen dazu vorbereitet werden.

An dem Treffen nahmen Vertreter der Ärzteschaft und der Krankenkassen teil. Zwar sollen, wie von den Medizinern gefordert, die Honorarobergrenzen für Hausärzte abgeschafft werden – für Fachärzte, etwa die oft nachgefragten Orthopäden, aber nicht.

Kassenärzte sind unzufrieden

Der Virchowbund, der niedergelassene Ärzte vertritt, sieht darin einen Versuch, die Ärzteschaft zu spalten. „Mit dem heutigen Gesprächsergebnis sind wir jedenfalls völlig unzufrieden“, teilte der Verband nach dem Treffen mit. „Wir beobachten, dass die Wut an der Basis weiter steigt. Daher ist für uns klar, dass die Proteste weitergehen müssen.“

Auch die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV), der alle Mediziner angehören müssen, die gesetzlich Versicherte versorgen, zeigten sich enttäuscht: Immer noch sei unklar, wann die Entbudgetierung für die Hausärzte starten solle, teilte die KV Berlin mit. Zudem sei Lauterbach auf dem „fachärztlichen Auge blind“.

Kliniken droht Überlastung

Peter Bobbert vom Vorstand der Bundesärztekammer mahnte zu raschem Handeln. „Jeder Stillstand – unabhängig davon, wer an etwaigen Konflikten nun schuld sein mag – wäre schlecht, geradezu gefährlich“, sagte er dem Tagesspiegel. „Denn wenn die Praxen weniger Patienten versorgen, steigt der Druck auf die Notaufnahmen der Kliniken. Und die sind ohnehin schon überlastet. Gerade in der Erkältungs- und Infektionssaison muss die ambulante Versorgung durch die Hausärzte funktionieren.“ Vergangenes Jahr mussten Kinder vielerorts in andere Bundesländer verlegt werden, weil bestimmte Kliniken überfüllt waren.

Tausende Ärzte hatten aus Protest gegen die Gesundheitspolitik der Ampelkoalition kürzlich ihre Praxen geschlossen. Der Virchowbund warnte zuvor, die Versorgung gesetzlich versicherter Patienten sei gefährdet: Ärzte dürften bestimmte Behandlungen nicht abrechnen, weil das Budget erschöpft sei. Dies, so der Tenor diverser Ärzteverbände, hemme die Arbeit und erschwere es, Nachfolger für die Praxen zu finden. Bundesweit stehen viele Ärzte vor der Rente.

Nachwuchssorgen haben auch die Kinderärzte, die für diesen Winter zudem vor Medikamentenmangel warnen. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte sieht Engpässe bei Penicillin. Zudem gebe es derzeit weniger Mittel mit Salbutamol, das gegen Asthma und chronische Lungenleiden eingesetzt wird.

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