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Menschen mit Behinderung brauchen im Alltag oft Hilfe, mitunter auch eine persönliche Assistenz.

© dpa/Jessica Lichetzki

„Wir verstehen die Betroffenen“: Berlins Senat sagt Unterstützung für persönliche Assistenten zu

Viele Berliner mit Behinderungen stellten ihre Assistenten direkt an – und wollen ihnen Tariflohn zahlen. Nun will der Senat die Mittel dafür ausschütten.

Einer der sozialpolitischen Kämpfe in Berlin könnte demnächst beigelegt werden – zumindest signalisiert das der Senat. Es geht um jene Berliner mit schweren Beeinträchtigungen, die im Alltag auf persönliche Assistenz angewiesen sind. Einige der Betroffenen beschäftigten die bei ihnen tätigen Assistenten direkt, also ohne einen ambulanten Dienst, der üblicherweise dazwischengeschaltet ist.

Diese Betroffenen, die ihren Assistenten gegenüber also als Solo-Arbeitgeber auftreten, wollen den Beschäftigten jenen Lohn zahlen können, den die branchenführenden Dienste, also große Sozialunternehmen, mit der Gewerkschaft Verdi abgeschlossen haben. Dafür müsste der Senat den Betroffenen, die Anspruch auf staatliche Hilfe haben, die nötigen Mittel genehmigen. Mit diesem Geld wolle man die Lücke zwischen den aktuell bezahlten Entgelten und den genannten Tariflöhnen schließen.

Vor zwei Jahren schlossen sich die Betroffenen in einer Initiative zusammen, sie gründeten auch einen formalen Arbeitgeberverband. Derzeit unterstützen 155 Betroffene die Initiative, im Schnitt beschäftigten sie je sechs Assistenten. Es geht also um fast 1000 Arbeitnehmer insgesamt.

1000
persönliche Assistenten könnten bald Tariflohn erhalten

Man beharre, so die Solo-Arbeitgeber, nur auf dem alten Grundsatz von gleichem Lohn für gleiche Arbeit: Die Bezahlung der direkt bei den behinderten Menschen beschäftigten Assistenten solle genauso hoch sein wie die Löhne der Angestellten, die gleiche Arbeit für die ambulanten Dienste leisten.

Zuständig für die Entgelte an die Betroffenen ist das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso), dort werden die Mittel für die auf persönliche Assistenz angewiesenen Berliner ausgeschüttet. Derzeit fehlen circa 200 Euro im Monat pro Assistent. Dieses Plus erhielten die Beschäftigten nach dem eingangs erwähnten Tarif, den die ambulanten Dienste mit Verdi vereinbart haben. Für eine Vollzeitstelle erhielten die beschäftigten Assistenten samt Schichtzulagen dann circa 2875 Euro.

Die persönlichen Assistenten erbringen eine besondere Leistung – das muss uns viel wert sein.

Sozialstaatssekretär Aziz Bozkurt (SPD)

Im Senat ist dafür Sozialstaatssekretär Aziz Bozkurt (SPD) zuständig, dessen Verwaltung das Lageso untersteht. „Wir verstehen die Betroffenen und setzen uns dafür ein, dass die Nachteile ausgeglichen und angemessen vergütet werden“, sagte Bozkurt auf Anfrage. „Die persönlichen Assistentinnen und Assistenten erbringen eine besondere Leistung und unterstützen Menschen in besonderen Herausforderungen im Alltag. Dies muss uns als Gesellschaft viel wert sein.“

Im schwarz-roten Koalitionsvertrag heißt es, die Refinanzierung des Tarifvertrages für Assistenten in dem genannten Arbeitgebermodell werde „sichergestellt“. Die Zusicherung aber, die Mittel für die betroffenen Solo-Arbeitgeber entsprechend zu erhöhen, war bereits von der rot-grün-roten Vorgängerkoalition gemacht worden, die dafür notwendigen Gelder wurden mit dem Doppelhaushalt 2022/23 vom Abgeordnetenhaus bewilligt. Schon im November 2022 hatte die damals amtierende Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) angekündigt, das Lageso anzuweisen, die am Verdi-Tarif orientierte Erhöhung zu refinanzieren.

Doch die Umsetzung dauerte offenbar. Die Betroffenen-Initiative schreibt zudem, dass das von ihr favorisierte Arbeitgebermodell dem Land Berlin sogar erhebliche Vorteile brächte: Durch die Tarifvereinbarung spare der Senat bis zu 13 Millionen Euro pro Jahr, weil die Betroffenen ihre persönliche Assistenz eben selbst und nicht über kostenpflichtige Dienste organisieren. Letztlich fiele also die De-facto-Vermittlungsgebühr weg, die üblicherweise an die Firmen geht.

In diesem Punkt widerspricht Bozkurts Verwaltung allerdings: „Generell führt eine Erhöhung der Vergütung nicht zu Spareffekten.“

Wie berichtet verhandeln die einzelnen Senatoren derzeit über den kommenden Doppelhaushalt, angesichts knapper Einnahmen signalisierten CDU und SPD schon, dass gespart werden müsse. Der Entwurf für den Doppelhaushalt 2024/25 ist fertig, der Senat wird das Papier in diesen Tagen beschließen und vorstellen.

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