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Armenier protestieren auch in Berlin gegen die Politik Aserbaidschans.

© imago/Metodi Popow

Update

„Unsere schlimmsten Befürchtungen wurden wahr“: Berliner Armenier protestieren gegen Angriff Aserbaidschans

Zehntausende Armenier sind nach der Offensive aserbaidschanischer Truppen auf der Flucht. Diverse Gruppen protestierten deshalb am Freitag in Berlin.

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Aus Solidarität mit den Armeniern zog am Freitagabend ab 18.30 Uhr eine Demonstration durch Kreuzberg. Neben armenischen Gruppen wollten sich auch kurdische Linke am Hermannplatz treffen, der Umzug sollte am Oranienplatz enden. Laut Angaben der Polizei von kurz vor 20 Uhr waren 300 Leute zunächst friedlich unterwegs. 

Anlass ist Aserbaidschans Offensive im Südkaukasus: Zehntausende Armenier flohen vor aserbaidschanischen Truppen aus der De-facto-Republik Arzach, wie Berg-Karabach von Armeniern genannt wird.

„Am 19.09.2023 sind unsere schlimmsten Befürchtungen wahr geworden“, heißt es im Aufruf der Demo-Organisatoren. „Nach einer 280 Tage langen Blockade“ der Berg-Karabach-Armenier durch „die aserbaidschanische Diktatur“ drohten nun Auslöschung und Kriegsverbrechen: „Die Welt sieht nun zu, wie armenisches Leben und Kulturgut in der Region ausgelöscht werden.“ Man fordere den Einsatz internationaler Beobachter vor Ort.

Auswärtiges Amt erwartet „fast menschenleeres Berg-Karabach“

Das Auswärtige Amt fürchtet dramatische Folgen des aserbaidschanischen Militäreinsatzes: „Seit Tagen füllen Autokonvois mit Zehntausenden die Straße von Berg-Karabach nach Armenien. Wir müssen befürchten, dass sich die allermeisten Bewohner in den kommenden Tagen anschließen, was auf ein fast menschenleeres Berg-Karabach hinauslaufen könnte“, sagte Robin Wagener, Koordinator für die Zusammenarbeit mit dem Südkaukasus, dem Portal „Table Media“ am Freitag.

Aserbaidschan habe „trotz laufender Friedensverhandlungen mit Armenien“ auf Angriff gesetzt, sagte der Grünen-Politiker. Immerhin habe die Regierung in Baku signalisiert, dass bald UN-Mitarbeiter vor Ort die Lage beobachten könnten.

Aserbaidschan sei zwar ein wichtiger Energiekorridor nach Europa, sagte Wagener: „Gleichzeitig müssen wir Baku aber klarmachen, dass eine weitere militärische Eskalation nicht folgenlos bleiben würde.“ Deutschland unterstütze die demokratisch gewählte Regierung Armeniens.

Türkische Rechte in Deutschland unterstützt Aserbaidschan

Am Montag empfing Aserbaidschans autoritärer Präsident Ilham Alijew seinen türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdogan im aserbaidschanischen Nachitschewan. Die Exklave grenzt anders als das aserbaidschanische Kernland neben Armenien auch an die Türkei.

Internationale Beobachter berichten, dass beide Staatschefs der Regierung Armeniens in Jerewan ein Ultimatum stellen, den Sangesur-Korridor zu öffnen. Damit ist eine Straße durch die völkerrechtlich unumstritten zu Armenien gehörende Sjunik-Provinz gemeint. Mithilfe der in Syrien und Irak kriegserprobten türkischen Armee könnte Aserbaidschan, so die Befürchtung, den regulären armenischen Staat angreifen.

Auch in Deutschland unterstützt die türkische Rechte die aserbaidschanische Regierung. Neben der islamistischen AKP von Staatschef Erdogan begrüßen insbesondere die faschistischen Grauen Wölfe die Offensive Bakus. So demonstrierten Graue Wölfe gegen die Armenien-Resolution des Bundestag 2016 in Berlin.

Unter den Grauen Wölfen ist die Idee eines großtürkischen Reichs – „Turan“ genannt – verbreitet: Turksprachige Völker sollten sich vom Balkan bis nach Westchina vereinen. Als Feinde gelten Griechen, Kurden, Armenier, als eng verbündet dagegen das „Brudervolk“ der Aserbaidschaner.

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