zum Hauptinhalt
Das Urban-Krankenhaus in Berlin-Kreuzberg.

© IMAGO/Schoening

Streit um Vivantes-Aufsichtsratschef: Berliner Krankenhäusern steht eine turbulente Zeit bevor

Der landeseigene Vivantes-Konzern steht vor einer bedeutenden Personalentscheidung. Und in den DRK-Kliniken treten Pflegekräfte kommende Woche in den Warnstreik.

Im Berliner Senat wird heftig über die landeseigenen Vivantes-Kliniken diskutiert. CDU- und SPD-Fachpolitiker sprachen sich wiederholt gegen den aktuellen Aufsichtsratsvorsitzenden aus. Unabhängig davon wird demnächst ein Compliance-Bericht zu umstrittenen Vivantes-Aufträgen ausgewertet, der auch der Staatsanwaltschaft vorgelegt werden soll.

Nach Tagesspiegel-Informationen signalisierte der Senat dem erst seit April 2022 amtierenden Aufsichtsratsvorsitzenden, dem Bayreuther Mediziner Eckhard Nagel, man wünsche sich eine neue Lösung. Eine Sprecherin von Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD) teilte mit, man könne sich zu derlei „Interna“ nicht äußern. Für den Vivantes-Posten war Nagel der Favorit der Grünen im Vorgänger-Senat.

Eckhard Nagel sitzt dem Vivantes-Aufsichtsrat vor.
Eckhard Nagel sitzt dem Vivantes-Aufsichtsrat vor.

© dpa/Jörg Carstensen

Innerhalb des Klinikkonzerns ist bekannt, dass sich Aufsichtsratschef Nagel und Mitglieder der Vivantes-Geschäftsführung entzweit hatten. Auch einige der 16 Aufsichtsratsmitglieder störten sich in internen Runden an Nagels als „harsch“ empfundenem Stil. Über den Konzern an den Aufsichtsratsvorsitzenden gerichtete Tagesspiegel-Fragen blieben unbeantwortet.

Vivantes stehen turbulente Monate bevor. Der Chef der Vivantes-Geschäftsführung, Johannes Danckert, muss die Klinikkette durch die anstehende Krankenhausreform des Bundes führen. Zudem ist der Landeskonzern klamm, die steigenden Preise und zugesagte Tariferhöhungen verstärken den finanziellen Druck.

Und dann wird sich der Aufsichtsrat in den nächsten Wochen noch mit einem seit Monaten erwarteten Compliance-Bericht befassen: Nach vertraulichen Hinweisen im August 2022 wurden in den Jahren zuvor verabschiedete Bauaufträge überprüft. Bei den Vergaben in Millionenhöhe besteht der Verdacht, einzelne Vivantes-Entscheider stünden den ausgewählten externen Firmen ungewöhnlich nahe.

Vivantes-Chef Johannes Danckert steuert die kommunale Klinikkette.
Vivantes-Chef Johannes Danckert steuert die kommunale Klinikkette.

© picture alliance/dpa / dpa/Christophe Gateau

In einigen Vivantes-Stationen fehlt derzeit 25 Prozent des nichtmedizinischen Personals, im Krankenhaus Friedrichshain mussten OP-Termine um Wochen verschoben werden.

Zu Ausfällen kommt es nächsten Mittwoch auch in den DRK-Kliniken. In deren Krankenhäusern ruft die Gewerkschaft Verdi zu einem eintägigen Streik auf. Die in Verdi organisierten Pflegekräfte, Physiotherapeuten und Verwaltungsmitarbeiter fordern von der DRK-Spitze 15 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 500 Euro Plus. Parallel verhandeln die im Marburger Bund organisierten Ärzte um höhere Löhne und Dienstpläne. Ein Facharzt steigt derzeit samt Zulagen mit knapp 6500 Euro brutto im Monat ein. Eine Intensiv-Pflegekraft kann mit Wochenend- und Nachtschichten mehr als 4000 Euro brutto im Monat erhalten.

Vivantes ist mit 18.000 Beschäftigten und bald 6000 Betten der größte kommunale Krankenhausträger Deutschlands. Die frei-gemeinnützigen DRK-Kliniken betreiben mit fast 4000 Beschäftigten drei bekannte Häuser in Westend, Wedding und Köpenick mit insgesamt 1500 Betten.

Stellvertretend für 29 nicht-kommunale Krankenhäuser hatte die DRK-Klinik Köpenick kürzlich Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht. Die Betreiber der 29 Häuser monieren, der Senat unterstütze die landeseigenen Vivantes-Kliniken unverhältnismäßig hoch mit Millionensummen, was unter anderem gegen Beihilferecht und das Krankenhausfinanzierungsgesetz verstoße.

In der stationären Versorgung gilt „Trägervielfalt“, was bedeutet, dass die Bundesländer alle für die Versorgung als nötig anerkannten Krankenhäuser fördern müssen – neben den landeseigenen also konfessionelle, frei-gemeinnützige und priva­te Kliniken. 

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false