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In Neukölln werden auf Spielplätzen und in Grünanlagen immer wieder benutzte Spritzen gefunden.

© imago images/Stefan Zeitz

Exklusiv

Sozialarbeit statt Wachschutz: Neukölln plant Pilotprojekt für Schulen in drogenbelasteten Kiezen

Das Neuköllner Bezirksamt sorgte kürzlich mit der Ankündigung, den Wachschutz an zwölf Schulen zu streichen, für Aufregung. Jetzt sollen Sozialarbeiter:innen präventiv tätig werden. Aber auch hier fehlt: das Geld.

Spritzen auf Spielplätzen, Junkies in Schultoiletten, Dealer an Bahnhöfen. Vor allem im Norden Neuköllns sorgen die Auswirkungen des Drogenkonsums im öffentlichen Raum immer wieder für Schlagzeilen – und bei Anwohnenden für einen erhöhten Puls. Entsprechend viel Wirbel verursachte die Ankündigung des Bezirksamtes, den Wachschutz an zwölf Neuköllner Schulen zum aktuellen Schuljahresbeginn abzuschaffen.

Dem Bezirk fehle schlicht das Geld, begründete das Bezirksamt. „Die Entscheidung ist uns alles andere als leicht gefallen“, sagte Bildungsstadträtin Karin Korte (SPD) den aufgebrachten Schüler:innen und Lehrkräften bei der Bezirksverordnetenversammlung vergangene Woche.

Viele Lehrkräfte und Mitarbeiter:innen haben noch lebhafte Erinnerungen an die Zustände vor rund 15 Jahren, die zur Einführung des Wachschutzes führten, als berlinweit einzigartiges Pilotprojekt. Damals drangen regelmäßig Obdachlose, Dealer und Drogensüchtige in die Schulen ein. An den Zuständen hat sich wenig geändert, entsprechend hoch ist die Empörung.

Wir wollen sicherstellen, dass Schulen dem Konsum illegaler Drogen und den Folgen nicht einfach hilflos gegenüberstehen.

Jochen Biedermann, grüner Stadtrat für Stadtentwicklung in Neukölln

Nun will das Bezirksamt mit einem neuen Pilotprojekt gegensteuern: Im Umfeld von Schulen, Kitas und Spielplätzen soll es künftig Straßensozialarbeiter:innen geben, die vor allem präventiv tätig sind. Ein entsprechendes Konzept für „Schulen im Brennpunkt des Drogenkonsums“ werde aktuell im Bezirksamt entwickelt, sagte der zuständige Stadtrat für Stadtentwicklung und Grünflächen, Jochen Biedermann (Grüne), bei der vergangenen Bezirksverordnetenversammlung.

Man wolle „sicherstellen, dass Schulen dem Konsum illegaler Drogen und den Folgen nicht einfach hilflos gegenüberstehen“, sagte Biedermann. Das Konzept soll auch Grünanlagen und Spielplätze einbeziehen, wo Spritzenfunde immer wieder für Schlagzeilen sorgen. „Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die dafür notwendigen Mittel bisher nicht im Haushaltsplan abgebildet sind“, sagte der Stadtrat.

Straßensozialarbeit soll im Umfeld von Schulen und Kitas verstärkt werden

Auf Nachfrage erklärt Christian Berg, Sprecher des Bezirksamtes, dass es sich vielmehr um „erste konkrete Überlegungen“ handele. Man wolle die Straßensozialarbeit besonders im Umfeld von Schulen und Kitas sowie auf Spielplätzen oder anderen Orten mit sozialer Infrastruktur verstärken. An diesen Orten komme es in Zusammenhang mit dem Drogenkonsum „besonders häufig zu Konflikten im öffentlichen Raum“.

Die Straßensozialarbeiter:innen sollen demnach suchtkranke Menschen ansprechen und unterstützen, aber auch direkt mit den Schulen und deren Personal zusammenarbeiten. „Durch den Einsatz im direkten Umfeld von Schulen kann stärker präventiv gearbeitet werden“, sagt Berg. Eventuelle Vorfälle sollen unmittelbar aufgearbeitet werden, Schüler:innen und Lehrkräfte direkte Ansprechpersonen erhalten.

Die aufsuchende Straßensozialarbeit solle, gemeinsam mit baulichen Maßnahmen an den Schulen, „das Auslaufen des Wachschutzes kompensieren“, sagte Berg. Ersetzen könne sie den Wachschutz aber nicht: Es fänden weder Einlasskontrollen noch unmittelbare Zwangsmaßnahmen statt. Vielmehr sollen die Straßensozialarbeiter:innen bereits im Vorfeld verhindern, dass diese Zwangsmaßnahmen überhaupt nötig werden. Allerdings sei die Finanzierung noch nicht geklärt, bestätigte Berg.

Daher setze sich das Bezirksamt im Senat für eine Unterstützung konkreter Maßnahmen ein. „Die Auswirkungen von Drogenkonsum im öffentlichen Raum sind kein bezirkliches Phänomen, sondern ein gesamtstädtisches – und können auch nur gesamtstädtisch gelöst werden. Die Neuköllner Überlegungen und Erfahrungswerte könnten Modellcharakter für ganz Berlin entwickeln“, sagt Berg.

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