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ARCHIV - 31.08.2010, Rheinland-Pfalz, Trier: Bei der Pressekonferenz der Deutschen Bischofskonferenz werfen die Protagonisten Schatten bei der Vorstellung der neuen Missbrauchsleitlinien der katholischen Kirche. (zu dpa "Mindestens 100 Missbrauchsopfer in katholischer Kirche" vom 23.09.2018) Foto: Harald Tittel/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Harald Tittel

Sexueller Missbrauch: Opfer fordert 500.000 Euro Entschädigung von Berliner Bildungsverwaltung

Das Opfer von pädokriminellen Berliner Priestern und Ordensschwestern verlangt Entschädigung. Doch die Schulaufsicht verweist auf Verjährung und fehlende Akten.

500.000 Euro fordert ein 69-Jähriger von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie – wegen mutmaßlicher Verletzung ihrer Aufsichts- und Fürsorgepflicht in den Sechzigerjahren. Das berichtet das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ in seiner aktuellen Ausgabe. Von 1960 bis 1965 soll der Mann, Schüler der katholischen Grundschule St. Ludwig, Dutzende Male misshandelt, sexuell missbraucht und vergewaltigt worden sein.

Die Vorwürfe sind seit einiger Zeit bekannt, der Tagesspiegel berichtete. Sechs Priester sowie sechs Schwestern aus den beiden Orden „Kongregation der Schwestern von der Heiligen Elisabeth“ und „Arme Schulschwestern von Unserer Lieben Frau“ sollen laut Erzbistum Berlin in den Sechzigern in Neukölln und Charlottenburg-Wilmersdorf gemeinsam sexuellen Missbrauch an Kindern geplant und durchgeführt haben.

Die Schilderungen des Mannes sind brutal

Eines dieser Kinder war nach Überzeugung des Erzbistums der heute 69 Jahre alte Mann. Seine Aussagen finden sich im 2021 veröffentlichten Missbrauchs-Gutachten des Erzbistums. Im „Spiegel“ spricht der Mann erstmals selbst über das, was ihm als Kind passiert ist. Die zumeist nicht nachprüfbaren Erinnerungen zeichnen ein brutales Bild: Gruppenvergewaltigungen in einem pornografischen Kino, Hetzjagden durchs Klassenzimmer auf der Flucht vor Missbrauch, von Schwestern erzwungene sexuelle Handlungen unter Kindern.

Die meisten Beschuldigten sind tot. Das Erzbistum Berlin hält den Mann und seine Schilderungen laut „Spiegel“ ausdrücklich für glaubwürdig. Von der unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen der katholischen Kirche soll er 100.000 Euro Entschädigungszahlung erhalten, weitere 10.000 Euro vom Erzbistum.

Bei der für die Schulaufsicht zuständigen Bildungsverwaltung hatte der Mann laut Spiegel mit seiner Forderung bisher keinen Erfolg: Die Vorfälle seien juristisch verjährt, Akten aus den Sechzigerjahren gebe es nicht mehr. Es sei „kein zurechnungsfähiges Handeln aus der Zeit mehr feststellbar“.

Dem Tagesspiegel sagte ein Sprecher am Sonntag: „Sollte es über die Zeugenaufrufe neue Erkenntnisse geben, werden wir dies umgehend bewerten.“ Zeugen und Betroffene der Missbrauchsfälle werden weiterhin gebeten, sich bei der Interventionsbeauftragten des Erzbistums, Birte Schneider, zu melden oder bei den unabhängigen Ansprechpersonen für Verdachtsfälle sexuellen Missbrauchs, Dina Gehr Martinez und Torsten Reinisch.

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