zum Hauptinhalt

© Getty Images/EyeEm

In Neukölln und Wilmersdorf: Priester und Ordensschwestern sollen Berliner Kinder zu sexuellen Handlungen gezwungen haben

Im Erzbistum Berlin sollen sich in den 1960er Jahren Priester und Ordensschwestern zum Kindesmissbrauch verabredet haben. Betroffene kritisieren die Kirche für den Umgang damit.

Die Vorwürfe sind ungeheuerlich: Im katholischen Erzbistum Berlin kam es in den 1960er Jahren offenbar zu „planvollem und gemeinsamem Missbrauch“ von Kindern durch Priester und Ordensschwestern. In Charlottenburg-Wilmersdorf sowie in Neukölln sollen demnach Priester zusammen mit Schwestern aus dem Orden der „Schwestern von der Heiligen Elisabeth“ und Schwestern aus dem Orden der „Schulschwestern von unserer Lieben Frau“ Kinder geschlagen und zu sexuellen Handlungen gezwungen haben.

Schläge, bis das Trommelfell platzte

Betroffen war nach Informationen des Tagesspiegel etwa die Gemeinde St. Ludwig am Ludwigkirchplatz. Der dortige, 2011 verstorbene Pfarrer Benno F. war in den 1960er Jahren zugleich als Religionslehrer an der benachbarten katholischen Grundschule St. Ludwig tätig. Das katholische Erzbistum Berlin wollte auf Nachfrage den Namen des Pfarrers und der Gemeinde allerdings weder bestätigen noch dementieren.

Auch im 2021 vorgestellten Missbrauchsgutachten des Erzbistums Berlin sind alle konkreten Namen und Ortsangaben geschwärzt. Dort werden die Fälle, die den Verdacht des „planvollen und gemeinsamen Missbrauchs“ hervorrufen, allerdings geschildert: So habe ein Betroffener beschrieben, während seiner Schulzeit nicht nur durch den Pfarrer und Religionslehrer, sondern auch durch einen Musiklehrer sexuell misshandelt worden zu sein. Zudem sei er von zwei Ordensschwestern, die an der Schule tätig gewesen seien, geschlagen worden. Teils habe er so heftige Schläge gegen den Kopf erhalten, dass ihm das Trommelfell geplatzt sei. Beim Nachsitzen habe er den Pfarrer oral befriedigen müssen.

Nur zwei Beschuldigte leben noch

Ein weiterer Fall, von dem im Bericht des Erzbistums die Rede ist, betraf die katholische Marienschule in der Neuköllner Donaustraße: Hier soll ein Pfarrer und Religionslehrer Mädchen sexuell missbraucht haben. Bisher wurden nach Angaben des Erzbistums sechs beschuldigte Priester und sechs Ordensschwestern identifiziert, sie sind überwiegend verstorben. Nur zwei von ihnen leben noch: Sie wurden mit den Vorwürfen konfrontiert.

Wie das Erzbistum Berlin am Freitag mitteilte, würdige man „den Mut der Betroffenen, sich ihren schmerzlichen Erinnerungen zu öffnen und sie zu bezeugen, und dankt für den Beitrag zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch im Erzbistum Berlin“. Ihnen seien zudem Zahlungen zur Anerkennung des erlittenen Leids geleistet worden. Man suche nun weitere Betroffene und Zeugen der Missbrauchsfälle: Sie sollten sich bei den Ansprechpersonen für sexuellen Missbrauch oder bei der Interventionsbeauftragten des Erzbistums melden.

Die Sprecherin der Betroffeneninitiative Ost, Sabine Otto, kritisierte am Freitag indes, dass das Erzbistum nicht mit Betroffenen rede. „Man ist dort nicht in guten Händen.“ Der Sprecher des Erzbistums Berlin, Stefan Förner, wies diese Kritik am Sonnabend indes zurück. Erzbischof Heiner Koch würde mit allen Betroffenen reden, die daran Interesse hätten. Auch in den Fällen, in denen nun weitere Zeugen gesucht würde, habe er mit dem wichtigsten Zeugen ein Gespräch geführt und um Entschuldigung gebeten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false