zum Hauptinhalt
Dirk Stettner, Fraktionsvorsitzender der CDU im Abgeordnetenhaus von Berlin

© Tagesspiegel/Lydia Hesse

Nach CDU-Äußerung zur Vergesellschaftung: Zustimmung bei den Grünen, Skepsis bei den Linken

CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hält Vergesellschaftungen, etwa im Energiesektor, für denkbar. In der Opposition traut man dem Bekenntnis nicht wirklich, die FDP ist „sprachlos“.

Die Berliner Grünen begrüßen die Äußerungen von CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hinsichtlich möglicher Vergesellschaftungen in Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge. „Dass die CDU nun erkannt hat, dass das Grundgesetz und damit auch der Paragraf 15 auch in Berlin gilt, erfreut uns sehr“, sagte der Grünen-Fraktionschef Werner Graf dem Tagesspiegel. „Es ist gut, dass sie nun zur Einsicht kommen, dass Vergesellschaftungen rechtlich möglich sind – lieber spät als nie.“

Stettner habe zudem recht, dass dies vor allem für Sektoren gilt, die für das Zusammenleben der Menschen sehr wichtig sind, wie bei der Energie. „Es wäre gut, wenn auch die CDU endlich anerkennen würde, dass der Wohnungsmarkt zentral für das Zusammenleben der Menschen ist. Wohnen gehört genauso wie die Energie zur Daseinsvorsorge.“

Berlins CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hatte zuvor erklärt, dass er Vergesellschaftungen, etwa im Energiebereich, für grundsätzlich denkbar hält. Dem Tagesspiegel sagte er am Dienstag: „Wir müssen klären, wann eine Gemeinschaft von vier Millionen Menschen sagen darf oder sogar muss: Ein bestimmter Sektor ist für das Zusammenleben so wichtig, dass man im Zweifel und gegen eine Entschädigung auch enteignen darf.“ Als Beispiel für solche „Monopolbereiche der Daseinsvorsorge“ nannte der CDU-Politiker den Energiesektor.

Er sei zwar kein Fan von Enteignungen, so Stettner weiter. „Wenn wir aber darüber nachdenken, wie wir deutlich vor 2045 klimaneutral werden wollen, müssen wir über die Bedeutung der Energienetze sprechen“, sagte er.

Linke zweifeln an Ernsthaftigkeit der Aussage

Die schwarz-rote Koalition hatte im Koalitionsvertrag angekündigt, ein Rahmengesetz für mögliche Vergesellschaftungen zu erarbeiten – eine Folge des Volksentscheids aus dem Jahr 2021, in dem sich rund 60 Prozent der Berliner:innen dafür aussprachen, große Wohnungskonzerne zu vergesellschaften.

Der wohnungspolitische Sprecher der Linken, Niklas Schenker, sagte dem Tagesspiegel: „Wenn die neue Koalition ernsthaft die Gesetzesgrundlage für die Vergesellschaftung der Daseinsvorsorge schaffen will, dann sind wir unbedingt dabei und unterstützen das.“

Schenker bezweifle aber, dass das Rahmengesetz tatsächlich in diese Richtung gehen solle. „Es soll vielmehr ein Ablenkungsmanöver sein, um sich nicht ernsthaft mit der Vergesellschaftung von Wohnraum zu beschäftigen.“

Auch die Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ kritisierte, dass Stettner sich explizit gegen eine Vergesellschaftung auf dem Wohnungsmarkt aussprach. „Selbst die CDU hat verstanden, dass Vergesellschaftung Krisen löst, aber ignoriert dennoch gezielt das demokratische Mandat des Volksentscheids zur Lösung der Wohnraumkrise“, sagte Isabella Rogner, Sprecherin der Initiative, dem Tagesspiegel. „Statt mit einem Rahmengesetz die Umsetzung zu verschleppen, sollte die Koalition vor allem eins tun: ein konkretes Enteignungsgesetz für Wohnraum vorlegen.“

Die Berliner FDP sieht in den Äußerungen von Stettner dagegen ein Einknicken vor dem Koalitionspartner SPD. „Die Äußerung von Dirk Stettner über mögliche Enteignungen im Energiesektor machen wirklich sprachlos“, sagte der Generalsekretär der Berliner FDP, Lars Lindemann. „Damit zeigt sich, dass die CDU ohne Rückgrat und ohne eigene Positionen in dieser Koalition agiert. Hier werden die Denkweise und die Politik der SPD vorbehaltlos einfach übernommen.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false