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Ein Rettungswagen der Berliner Feuerwehr während einer Einsatzfahrt in der Silvesternacht.

© imago/Marius Schwarz/imago/Marius Schwarz

„Kluge Idee“ oder reines „Herumdoktern“?: Debatte um SPD-Vorstoß für Böllerverbot im Berliner S-Bahn-Ring

Der SPD-Innenexperte Martin Matz will eine Böllerverbotszone mit dem Schutz von Einsatzkräften begründen. Die Gewerkschaften von Polizei und Feuerwehr bewerten das unterschiedlich.

Mehr als zwei Wochen nach dem Jahreswechsel war die Silvester-Debatte Thema im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses: Die Grüne-Fraktion pochte erneut auf ein Verkaufsverbot und ein Ende der Tradition des privaten Feuerwerks – nicht nur wegen Angriffen auf Beamte, sondern auch wegen zahlreicher Brände.

Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hingegen wiederholte: „Wir werden höchstwahrscheinlich kein generelles Verbot von Böllern bekommen.“ Wenn es nötig sei, müsste erneut ein großes Polizeiaufgebot bereitstehen, um Krawalle zu verhindern.

Der SPD-Innenexperte Martin Matz mahnte, man müsse klären, wie weniger Polizisten eingesetzt werden könnten. Ein Dauerzustand dürfe solch ein massiver Einsatz nicht sein. Matz erinnerte an seinen Vorschlag für eine Bundesratsinitiative, um ein Verbot privater Feuerwerkskörper innerhalb des Berliner S-Bahn-Rings zu ermöglichen.

Martin Matz, Staatssekretär für Gesundheit, bei der Eröffnung des Impfzentrums Messe im Januar 2021.
Der SPD-Politiker Martin Matz sucht neue Wege für Böllerverbotszonen.

© imago images/Stefan Zeitz

Demnach soll die bundesweit geltende Sprengstoffverordnung geändert werden, um mit großflächigen Verbotszonen Böllerattacken auf Polizei und Retter sowie Gefahren für Einsatzkräfte in dichtbesiedelten Gebieten zu vermeiden. Matz glaubt, damit andere Bundesländer leichter überzeugen zu können, die bislang jegliche Vorstöße in Berlin haben abblitzen lassen. Es gehe nicht um generelle Böllerverbote, sondern um „mildere Eingriffe, um Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten zu schützen“.

Derzeit wird der Vorschlag in der SPD-Fraktion abgestimmt, danach mit der CDU-Fraktion verhandelt, die den Silvestereinsatz als Erfolg bezeichnete: Der Kontrollverlust des demokratischen Rechtsstaats sei beendet worden, sagte CDU-Innenexperte Burkard Dregger.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßte den Vorschlag aus der SPD als „durchaus kluge Idee“. Es sei „ein stückweit realitätsfern, dass sich Berlins Politik in vielen Teilen trotz 54 verletzten Kollegen zufrieden zeigt, nur weil es nicht die Bilder aus dem Vorjahr gab“, sagte GdP-Sprecher Benjamin Jendro. Es sei deshalb kaum über die Angriffe und das enorme Gewaltpotenzial gesprochen worden, „das unseren Einsatzkräften entgegengebracht wurde“. Das alles ändere sich aber nicht. „Deshalb benötigen wir ein Pyrotechnikverbot für den Privatgebrauch, was natürlich auch an Einschränkungen beim Verkauf gebunden ist.“

Was soll als Nächstes kommen? Ein Latten-, Flaschen-, Steine- und fliegende Fäuste-Verbot?

Manuel Barth, Sprecher und Landesvize der Deutschen Feuerwehr-Gewerkschaft.

Die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft (DFeuG) reagierte skeptisch. „Es gibt gute Gründe, über Feuerwerk in Innenstädten nachzudenken“, sagte DFeuG-Sprecher Manuel Barth. „Bedauerlich ist, dass wir das wieder im Zuge von Übergriffen auf Einsatzkräfte im ersten Quartal des Jahres machen und im letzten Quartal alles zu vergessen scheinen“, erklärt er. „Man doktert an den Ursachen geschickt vorbei, um unangenehm scheinende Probleme bloß nicht anzusprechen.“ Eine schnelle Lösung gebe es nicht.

Barth fragte spöttisch: „Was soll als Nächstes kommen? Ein Latten-, Flaschen-, Steine- und fliegende Fäuste-Verbot?“ Derlei hätte vielleicht bei der Attacke auf der Rettungsstelle der Sana-Klinik in Lichtenberg geholfen. Drei Brüder hatten an Silvester einem Arzt ins Gesicht geboxt und einen Pfleger bewusstlos geprügelt. „Ein Böllerverbot hat das nicht verhindert“, sagte Barth.

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