zum Hauptinhalt
Franziska Giffey (SPD), und Raed Saleh.

© IMAGO/Funke Foto Services

Update

„Kein Koalitionsvertrag ohne den Mietendeckel“: Berliner SPD-Chef zieht rote Linie für kommende Koalition

Beim Landesparteitag schlägt die SPD einstimmig einen sozial-ökologischen Kurs ein. Zu Beginn aber wird eine Bedingung für künftige Bündnisse formuliert.

| Update:

Der Landesvorsitzende der SPD Berlin, Raed Saleh, hat auf dem Parteitag am Sonnabend eine rote Linie für künftige Koalitionen gezogen. „Mit meiner Berliner SPD wird es keinen neuen Koalitionsvertrag geben ohne den Mietendeckel“, sagte er im Hotel Andel’s Berlin, wo der Landesparteitag am Nachmittag stattfindet. Das garantiere er.

„Was muss denn noch passieren“

Saleh forderte vom Bund, endlich die Öffnungsklausel durchzusetzen, die den Bundesländern Instrumente zur Mietenbegrenzung ermöglicht. „Was muss denn noch passieren, wir brauchen die Öffnungsklausel jetzt“, forderte er.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Wohnen und Mieten seien die zentralen Themen in Berlin. Wenn über Nacht mehrere Milliarden für die Industrie auf den Weg gebracht werden könnten, dann erwarte er, dass die FDP im Bund auch im gleichen Zug der Öffnungsklausel für die Länder beim Thema Mieten zustimme, sagte der SPD-Politiker.

Berlin hatte im Jahr 2020 einen Mietendeckel eingeführt, der eine Erhöhung von Mieten in Bestandsgebäuden für zunächst fünf Jahre verbot. Das Gesetz wurde 2021 vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt, weil die Gesetzgebungskompetenz hierfür beim Bund liege.

Im aktuellen Berliner Koalitionsvertrag mit der CDU hat sich das Bündnis dafür ausgesprochen, sich im Bundesrat für verbesserten Mieterschutz einzusetzen. Wenn der Bund den Ländern keine Begrenzungsmöglichkeit gibt, bleibt die Forderung nach einem Mietendeckel rhetorischer Natur.

SPD debattiert über sozialverträglichen Klimaschutz

Zuvor hatte Saleh seine Partei auf den Leitantrag „Berlin: Sozial, klimaneutral und für alle bezahlbar“ eingestimmt. Die SPD beschloss den Antrag am Nachmittag einstimmig und bekannte sich damit unter anderem zu dem Ziel, „Berlin möglichst vor 2040 klimaneutral zu machen“. Bislang heißt es im gemeinsamen Koalitionsvertrag mit der CDU, man wolle die Stadt „deutlich vor dem Jahr 2045“ klimaneutral machen. Mit dem Antrag fordert der Landesverband vom Bund eine dritte „Finanzierungssäule“ für den Klimaschutz, bei der auch Unternehmen stärker zur Kasse gebeten werden.

Außerdem wollen die Berliner Genossinnen und Genossen ein Förderprogramm „Klima- und Mieterschutz“ für Wohnungssanierungen einrichten.

Saleh stimmte zuvor seine Partei auf einen linken Kurs ein und forderte unter Applaus der Delegierten eine Umverteilung: „Was wir erleben, ist eine Umverteilung von unten nach oben, was wir aber brauchen, ist eine Umverteilung von oben nach unten.“

Klimaschutz setze die Akzeptanz der Menschen voraus, sagte er weiter. Die Energiewende dürfe nicht an der sozialen Frage scheitern.

Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist klar, dass Berlin nicht nur klimaneutral werden, sondern auch bezahlbar bleiben muss.

Franziska Giffey, SPD-Landesvorsitzende

Giffey will positive Erzählung zum Klimaschutz

Die Co-Vorsitzende Franziska Giffey sprach in ihrer Rede davon, mit dem Leitantrag ein Versprechen einzulösen. Man nehme damit eine programmatische Neuausrichtung vor und gebe Antworten auf die drängendsten Fragen der Zeit. „Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist klar, dass Berlin nicht nur klimaneutral werden, sondern auch bezahlbar bleiben muss“, sagte Giffey.

Ihre Kernaussage: Die Erzählung zum Klimawandel sei derzeit von vielen Sorgen und Ängsten geprägt – das müsse sich ändern. Die Geschichte des Klimawandels müsse so gewandelt werden, dass es eine positive sei und klar werde, dass es sich um „eine Jahrhundertchance“ für Berlin handele.

Franziska Giffey (SPD), Wirtschaftssenatorin und Landesvorsitzende, spricht beim Landesparteitag der SPD Berlin.

© dpa/Jörg Carstensen

„Deshalb investieren wir, damit Berlin in Europa zum Innovationsstandort Nummer eins wird“, sagte Giffey, deren Funktion als Wirtschaftssenatorin deutlich durchschien. Die Voraussetzungen dafür seien gegeben. Allein im ersten Halbjahr 2023 habe es 200 neue Unternehmensansiedlungen in der Stadt gegeben. „Das macht uns widerstandsfähig.“ Sie verwies auch auf die Anstrengungen in der Solarenergie und bei der Wasserstoffstrategie.

Wärmenetz und 29-Euro-Ticket

Giffey erinnerte auch an zwei zentrale Versprechen ihrer Partei. Mit Blick auf das Berliner Wärmenetz sagte sie: „Wir wollen die Wärme nach Hause holen.“ Zu einem vergünstigten ÖPNV-Ticket sagte sie, man arbeite daran, dass das 9-Euro-Ticket weiter gelte und auch daran, dass das „29-Euro-Ticket im AB-Bereich wieder eingeführt wird“.

Vor dem Hintergrund der Herausforderungen sprach sie von drei notwendigen Zutaten: „Soziale Gerechtigkeit, Wirtschaftswachstum und Klimaschutz“.

Der Antrag erhielt in der Debatte, die vor allem von harmonischen Tönen geprägt war, viel Zuspruch. Juso-Vorsitzender Peter Maaß sprach von einem „Meilenstein“. In manchen Redebeiträgen gab es aber durchaus auch Selbstkritik: Es müsse auch darüber geredet werden, wie man den guten Leitantrag an die Menschen bringe, hieß es. Die Partei dringe derzeit mit ihren Inhalten nicht genug durch. Mit dem Leitantrag zum Klimaschutz will die SPD ihr sozial-ökologisches Profil schärfen.

Saleh und Giffey gingen in ihren Beiträgen auch auf den erstarkten Rechtsextremismus ein. Die AfD bringe „nichts als Verderben“ über das Land, sagte Saleh. Giffey erklärte mit Blick auf die hohen Zustimmungswerte für die AfD, sie sei „geschockt“. Keine Partei dürfe sich wegducken. Man müsse die Sorgen und Ängste der Menschen, die sich der AfD zuwenden, ernst nehmen, ohne dies zu entschuldigen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false