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21.01.2023, Berlin: Bettina Jarasch (Bündnis90/Die Grünen), Verkehrssenatorin und Spitzenkandidatin für die Abgeordnetenhauswahl, spricht bei der Landesdelegiertenkonferenz ihrer Partei im Estrel-Hotel zu den Delegierten. Foto: Joerg Carstensen/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Jörg Carstensen

Jarasch zu Enteignungs-Volksentscheid: „Bin die einzige, die das Gesetz ernsthaft umsetzen will“

Bei einer Podiumsdiskussion am Mittwochabend hat Bettina Jarasch sich so deutlich wie noch nie zuvor für die Umsetzung des Volksentscheids ausgesprochen.

Bei einer Wahlkampf-Spitzenrunde zu Mietenthemen hat sich Bettina Jarasch, Kandidatin von Bündnis 90/Die Grünen für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin, dazu bekannt, das Votum des Volksentscheids „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ für die Vergesellschaftung der Bestände großer Wohnungskonzerne umsetzen zu wollen.

„Unter den Spitzenkandidatinnen, die eine reelle Chance haben, die nächste Regierende Bürgermeisterin zu werden, bin ich die einzige, die gesagt hat, dass ich dieses Gesetz ernsthaft umsetzen will“, sagte Jarasch bei der Veranstaltung. Sie habe bei dem Volksentscheid auch mit Ja gestimmt.

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Sie wolle aber vermeiden, „nur um jetzt Vollzug melden zu können, etwas vorzulegen, dass dann scheitert. Denn dann ist Vergesellschaftung für alle Zeiten tot.“ Allen sei schließlich klar, dass das Gesetz vor dem Verfassungsgericht landen würde. „Ein solches Gesetz will ich dann erst vorlegen, wenn ich mir relativ sicher sein kann, dass wir alles getan haben, um es zu einem rechtssicheren Gesetz zu machen, das auch vor Gericht Bestand hätte.“ Darauf könne man sie verpflichten.

Wir erwarten, dass sie die Vergesellschaftung jetzt vorbereiten!

Sprecher der Initiative „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ als Reaktion auf Jaraschs Statement.

Dabei werde auch eine angemessene Entschädigungshöhe eine Rolle spielen, sagte Jarasch. Das Land werde keine Spekulationspreise zahlen. „Das darf aber auch nicht zu niedrig ausfallen, denn sonst wird es vor Gericht keinen Bestand haben.“ Die schwierigste Frage sei, belegen zu können, dass es keine milderen Mittel gebe. 

Mietkataster als Voraussetzung

Außerdem sieht Jarasch noch nicht alle Voraussetzungen für ein Vergesellschaftungsgesetz gegeben: „Wir brauchen ein Mietkataster. Man muss diese Wohnungen und diese Gebäude einzeln bestimmen und clustern können als Voraussetzung für ein solches Gesetz.“

Podiumsdiskussion von Deutsche Wohnen und Co. Enteignen am Mittwochabend in Berlin: Die Spitzenkandidat:innen halten Schilder mit Daumensymbol als Ausdruck für Zustimmung beziehungsweise Ablehnung.  

© Deutsche Wohnen und Co. Enteignen

Die Frage, ob sie das Vergesellschaftungsgesetz noch in dieser Legislaturperiode umsetzen wolle, beantwortete Jarasch nicht. Die Podiumsteilnehmer aller Parteien wurden jedoch gebeten, mit „Daumen hoch“ oder „Daumen runter“ auf die Frage mit folgendem Wortlaut zu antworten: „Wenn die Kommission in ihrem Endbericht erneut bestätigt, dass die Vergesellschaftung möglich ist, werden Sie sich persönlich dafür einsetzen, dass der Gesetzgebungsprozess noch in diesem Jahr beginnt?“ Diese Frage beantworteten sowohl Bettina Jarasch als auch Klaus Lederer (Die Linke) und Christian Gaebler (SPD) mit Ja. Stefan Evers (CDU) und Stefan Förster (FDP) antworteten erwartungsgemäß mit Nein.

Initiative fordert noch mehr Klarheit

Der Pressesprecher der Initiative „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ reagierte in unmittelbarem Anschluss an die Veranstaltung: „Bettina Jarasch hat heute angekündigt, ein Vergesellschaftungsgesetz erarbeiten zu wollen. Trotzdem versteckt sie sich weiter hinter der Kommission und Voraussetzungen, wie einem bestehenden Mietenkataster. Wenn Frau Jarasch den Volksentscheid wirklich konsequent umsetzen will, liegt es an ihr, hier vorzulegen: Fangen Sie morgen an, Frau Jarasch! Wir erwarten, dass Sie Vergesellschaftung jetzt vorbereiten!“

Während die Spitzenkandidatin der SPD, Franziska Giffey, ihre bereits bekannte Ablehnung eines Vergesellschaftungsgesetzes vor wenigen Tagen unter Verweis auf ihren Amtseid bekräftigte, hatte Jarasch sich in der Vergangenheit weniger eindeutig positioniert. Erst am Wochenende hatte sie auf dem Landesparteitag der Grünen gesagt, ob es in fünf oder zehn Jahren ein Vergesellschaftungsgesetz gebe, „kann heute niemand seriös sagen.“ Bis dahin sei es „noch ein langer Weg.“

Welche Position gilt in der SPD?

Christian Gaebler (SPD), Staatssekretär für Bauen und Wohnen, wurde auf den Widerspruch in seiner eigenen Partei angesprochen. Die Initiative „Deutsche Wohnen und Co. Enteignen“ sieht zwischen den Äußerungen von Spitzenkandidatin Franziska Giffey und Bausenator Andreas Geisel, mit ihnen werde es keine Enteignungen geben, und einem Parteitagsbeschluss der SPD, laut dem der Volksentscheid umgesetzt werden soll, sofern die Expertenkommission einen rechtssicheren Weg aufzeigt, eine Diskrepanz: „Welches Wort gilt in Ihrer Partei, der Parteitagsbeschluss oder die Äußerungen von Franziska Giffey und Andreas Geisel?“

Grundsätzlich gelte beides, antwortete Gaebler: „Wenn jemand persönlich seine Meinung sagt, ist das erstmal seine Sache oder ihre Sache.“ Es gelte das, „was wir immer gesagt haben“: Es gebe einen Volksentscheid, den man ernst nehmen müsse. „Warten wir doch mal ab, was die Expertenkommission jetzt vorlegt. Und dann wird die Partei sich nochmal damit befassen und sehen, ob das eine Grundlage ist oder nicht.“

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