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Vorsicht am Gleis: Manja Schreiner im Straßenbahn-Simulator der BVG

© IMAGO/Funke Foto Services/IMAGO/

Hochbord-Radwege und Grüne Wellen: So will die Verkehrssenatorin Berlins Straßen versöhnen

Auf dem „Abend der Mobilität“ im Hauptbahnhof stellte Manja Schreiner am Montag ihre Pläne für den Berliner Verkehr vor. Die CDU-Politikerin will dabei alles für alle, doch vor allem: keine Verbote.

Verkehrssenatorin Manja Schreiner will beim Ausbau des Radverkehrsnetzes vor allem auf die Sanierung alter Hochbord-Radwege setzen, damit der Autoverkehr nicht unnötig behindert wird. „Wenn man einen abgetrennten Radweg hat, der ertüchtigt werden muss, ist es immer meine allererste Option, den zu sanieren, statt auch die Fahrradfahrer noch auf die Straße zu holen“, sagte die CDU-Politikerin am Montag beim „Abend der Berliner Mobilität“ im Hauptbahnhof.

Als prominentes Negativbeispiel nannte sie die Straße Unter den Eichen, wo eine Autospur für wenig Radverkehr geopfert worden sei. Ihre Amtsvorgängerinnen hätten den Streifen bewusst auf die Fahrbahn verlegt, damit die Autofahrer sehen sollten, wie die Radfahrer am Stau vorbeiziehen.

„Wir brauchen auch gute Fahrradwege in den Außenbereichen“, sagte Schreiner weiter. Wie sie mögliche Flächenkonflikte auflösen will, ließ sie dabei jedoch offen. Denn die meisten der alten Berliner Hochbord-Radwege sind viel zu schmal für die aktuellen Verkehrsmengen, befördern Konflikte mit Fußgängern und verstoßen gegen heutige Standards.

Mir steht es als Politikerin nicht zu, zu urteilen: Diese Autos stehen hier zu viel im Straßenraum herum.

Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU)

Schreiner sprach von „brachialen Aktionen“, wenn für einen Radweg „130 Parkplätze verloren gehen“. Das löse natürlich Emotionen aus, so die Verkehrssenatorin. Selbst wenn die Hälfte der Autos gar nicht gebraucht würden und Einzelne ihr Auto daraufhin abschaffen würden, blieben 125 Parkplatzsucher, die „mit übelster Laune und Politikverdrossenheit“ durch den Kiez kurvten, um eine freie Lücke zu finden. „Mir steht es als Politikerin nicht zu, zu urteilen: Diese Autos stehen hier zu viel im Straßenraum herum“, so Schreiner. Statt einsamer Entscheidungen brauche es mehr Beteiligung.

Der Straßenverkehr ist der einzige Bereich, in dem Berlins CO₂-Emissionen steigen.
Der Straßenverkehr ist der einzige Bereich, in dem Berlins CO₂-Emissionen steigen.

© imago/Sabine Gudath/imago/Sabine Gudath

Zugleich bekannte sich Schreiner dazu, dass Berlin „deutlich vor 2045“ klimaneutral werden soll. Während die CO₂-Emissionen des Landes seit 1990 insgesamt um 40 Prozent gesunken seien, haben die Ausstöße im Verkehr um zwölf Prozent zugenommen. „Wir werden das Ziel einer klimaneutralen Metropole noch mal ganz, ganz verstärkt angehen müssen“, sagte Schreiner.

Verbote lehne sie ab. Stattdessen „müssen wir den Menschen in Sachen Klimaneutralität ein hervorragendes Angebot machen“. Es gehe darum, die gewohnte Bequemlichkeit des Autos zu durchbrechen – etwa durch dichtere Takte und Lückenschlüsse im ÖPNV-Netz und mehr Abstellanlagen an Bahnhöfen am Stadtrand.

Detektoren an Hauptstraßen sollen helfen, Staus zu vermeiden

Einerseits will die Senatorin Autofahrern die Alternativen schmackhaft machen, andererseits will sie ihnen das Fortkommen erleichtern: Bei Grünen Wellen „muss einfach mehr drin sein“. Es gebe stadtweit 220 Detektoren, die Verkehrsmengen und Geschwindigkeiten erfassen.

Diese Technik werde sukzessive erneuert. Damit soll der Verkehrsfluss verbessert und Staus vermieden werden. Zugleich kündigte Schreiner an, gezielt unfallträchtige Kreuzungen in den Blick zu nehmen und „mit Vorrangschaltungen an den Ampeln zu arbeiten“. Die Trennung von Grünphasen gilt als beste Abhilfe gegen schwere Unfälle mit Abbiegern, aber läuft der Schaffung von Grünen Wellen zuwider.

Da müssen wir als Land in Vorleistung gehen.

Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) zum Ausbau der Lade-Infrastruktur

Wie weit der Straßenverkehr noch von der Klimaneutralität entfernt ist, zeigt die von Schreiner genannte Zahl von 60.000 angemeldeten Elektroautos. Mit anderen Worten: Noch sind 95 Prozent der Berliner Autos Verbrenner.

Trotz 2700 öffentlich zugänglicher Ladepunkte stadtweit höre sie höre immer wieder, dass fehlende Ladesäulen im nahen Umkreis Menschen vom Umstieg auf E-Autos abhalten. Deshalb würden gerade in der Anfangszeit viele Säulen gebracht, um das Gefühl eines ausreichenden Angebotes zu vermitteln„Da müssen wir als Land in Vorleistung gehen“, so Schreiner.

Zum Mobilitätsmix gehört für Schreiner „auch die Straßenbahn“, wobei sie auf deren Ausbau nicht einging. Perspektivisch wolle sie auch das Thema Lufttaxis in den Blick nehmen. „Es gilt, alles zu machen und dabei nichts zu vernachlässigen.“ Zugleich müsse ein riesiger Investitionsstau im Straßennetz beseitigt, aber auch die Koordination von Baustellen „viel, viel besser werden“.

Für den Gastgeber Deutsche Bahn verwies deren Konzernbevollmächtigter Alexander Kaczmarek darauf, dass „wir Verkehrsmittel brauchen, die möglichst wenig Fläche verbrauchen“. Die Kapazität einer S-Bahnstrecke mit 20 Zügen à 1000 Fahrgästen pro Stunde sei im Straßenverkehr unerreichbar. Und im Unterschied zum Straßenverkehr fahre die Berliner S-Bahn seit 100 Jahren elektrisch.

Es ist unfassbar, wie viel Planungsvorlauf wir brauchen.

Alexander Kaczmarek, Berliner Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn

Allerdings werde nicht nur der Ausbau der Infrastruktur immer schwieriger, sondern auch die Gewinnung von – fahrendem ebenso wie planendem – Personal. Zugleich sei es „unfassbar, wie viel Planungsvorlauf wir für einzelne Infrastrukturmaßnahmen brauchen“.

Mit Verweis auf Proteste gegen Lärm beim Wiederaufbau der Siemensbahn warnte er vor einer zunehmend wahrnehmbaren Einstellung gegen Progressivität. „Es geht hier um die Leistungsfähigkeit unseres Landes“, so der Berliner Bahnchef.

Um die Leistungsfähigkeit auf einer der meistbefahrenen ICE-Strecken langfristig zu sichern, will die Bahn die Trasse zwischen Berlin und Hamburg 2025 ein halbes Jahr lang sperren und komplett erneuern. Nach Auskunft von Kaczmarek ist Berlin trotz seiner im Bundesvergleich relativ kleinen Bevölkerung das Bundesland mit den meisten Bahnnutzern. Er selbst „habe gar kein Auto, ich fahre alles mit der Bahn“, sagte Kaczmarek. Oft nehme er auch das Fahrrad, „aber da muss man sich schon sehr konzentrieren, damit man lebend ankommt.“

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