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In Pankow hat Bürgermeister Sören Benn (Die Linke) keine Mehrheit mehr in der BVV, dennoch könnte er laut aktueller Rechtslage im Amt bleiben.

© imago images/Andreas Gora

Update

Fraktionen wollen gesetzliche Lösung: Wahlergebnisse sollen auf Besetzung der Berliner Bezirksämter durchschlagen

Nach derzeitiger Rechtslage können Mitglieder der Bezirksämter trotz Mehrheitsverlust weiter im Amt bleiben. Die Fraktionen im Abgeordnetenhaus wollen dies mit einem Gesetz ändern.

| Update:

Die Fraktionen im Abgeordnetenhaus arbeiten an einer gesetzlichen Lösung, damit sich das Wahlergebnis der Bezirkswahlen am 12. Februar auch in der Besetzung der Bezirksämter niederschlägt. Das bestätigten mehrere Fraktionen dem Tagesspiegel. Zuerst hatte die „Berliner Morgenpost“ berichtet.

Die parlamentarischen Geschäftsführer der Koalition haben sich am Mittwoch darauf verständig, eine zeitnahe politische Lösung zu erarbeiten. Zuvor hatte die CDU schon einen Antrag für eine mögliche Lösung in das Parlament eingebracht. Auch im Rat der Bürgermeister  – einem regelmäßigen Treffen zwischen Bezirksbürgermeistern und der Regierenden Bürgermeisterin von Berlin  –hat sich am Donnerstag nach Tagesspiegel-Informationen eine große Mehrheit für eine berlinweit einheitliche Lösung ausgesprochen.

Bezirksbürgermeister und -stadträte werden mit einfacher Mehrheit von Bezirksverordnetenversammlungen (BVVen) gewählt und daraufhin zu Beamten auf Zeit ernannt. Als sogenannte Wahlbeamte sind sie Teil der Berliner Verwaltung und können nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit abgewählt werden. Daran ändert auch die Wiederholungswahl nichts, wie ein aktuelles Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes im Abgeordnetenhaus noch einmal bestätigt.

„Es obliegt dem Gesetzgeber, gesetzliche Regelungen zu schaffen“

In dem Gutachten heißt es: Eine Abwahl durch Zweidrittelmehrheit sei auch dann notwendig, „wenn sich die politischen Mehrheitsverhältnisse in der Bezirksverordnetenversammlung durch die Wiederholungswahl geändert haben“. Bei Änderungsbedarf „obliegt es dem Gesetzgeber, entsprechende gesetzliche Regelungen zu schaffen“.

Die Wiederholungswahl hat in ausnahmslos jedem Bezirk zu neuen Sitzverteilungen in den BVVen geführt, die bei einer regulären Wahl auch zu Veränderungen in den Bezirksämtern führen würden. Insbesondere die CDU würde viele Posten hinzugewinnen. In sieben von zwölf Bezirken hat die aktuelle Zählgemeinschaft des jeweiligen Bürgermeisters keine Mehrheit mehr.

Betroffen sind zum Beispiel Martin Hikel (SPD) in Neukölln oder Kirstin Bauch (Grüne) in Charlottenburg-Wilmersdorf. In Lichtenberg kommt die bisherige Zählgemeinschaft Linke, SPD und CDU zwar immer noch auf eine Mehrheit, allerdings ist nun nicht mehr die Linke, sondern die CDU stärkste Fraktion. Der bisherige Bürgermeister Michael Grunst (Die Linke) könnte seinen Posten also auch verlieren.

Selbstverständlich müssen wir eine Lösung finden, die dem Wählerwillen entspricht. Weil es eine verfassungsrechtlich knifflige Frage ist, geht aber Gründlichkeit vor Schnelligkeit.

Sebastian Schlüsselburg, Linken-Rechtspolitiker

Der Linken-Rechtspolitiker Sebastian Schlüsselburg, der in seiner Fraktion auch für Wahlrechtsfragen zuständig ist, sagte dem Tagesspiegel: „Selbstverständlich müssen wir eine Lösung finden, die dem Wählerwillen entspricht. Weil es eine verfassungsrechtlich knifflige Frage ist, geht aber Gründlichkeit vor Schnelligkeit.“ Schlüsselburg geht davon aus, dass ein entsprechendes Gesetz, das einen Übergang in der Legislatur regelt, vor dem Verfassungsgericht überprüft werden würde.

In der Koalition ärgert man sich deshalb über die Berliner Verfassungsrichter: Diese hatten es weitgehend unterlassen, die Rechtsfolgen ihres Urteils zur vollständigen Wahlwiederholung zu definieren. Zur Wiederholung der Wahlen in den Bezirken findet sich nur ein einziger Satz in der Urteilsbegründung. Eine Festlegung der Richter auf einen Umgang mit dem Problem hätte dem Rang eines Gesetztes entsprochen und den Berliner Landespolitikern einige Schwierigkeiten erspart.

Wie diese Regelung am Ende konkret aussehen soll, dazu wollen sich die Fraktionen noch nicht äußern. Die CDU-Fraktion hatte einige Wochen vor der Wahl einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der sich an den Regelungen einer Neuwahl der BVVen orientiert.

In diesem Fall würden Bezirksbürgermeister und Stadträte, die keine Mehrheit mehr haben, von ihren Aufgaben freigestellt, um Platz für eine Neubesetzung zu machen. Freigestellte Mitglieder des Bezirksamts bleiben weiterhin Beamte, behalten ihre Pensionsansprüche und erhalten bis zum Ende ihrer fünfjährigen Amtszeit 71,5 Prozent ihrer Bezüge.

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